Ergebnisse der Missbrauchsstudie im Bistum Fulda
Machtgefälle als Missbrauchsgefahr
„Wir haben gelernt und müssen weiter lernen“, so nahm Gerhard Stanke als Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators Stellung zu den Ergebnissen im Bistum Fulda aus der Missbrauchsstudie der Bischofskonferenz. Von Evelyn Schwab.
Den Betroffenen zuhören, ihnen Glauben schenken und die Schuldigen zur Rechenschaft ziehen sei das Wichtigste. Als Versäumnis der Vergangenheit müsse benannt werden, entsprechende Hinweise nicht ernst genug genommen zu haben. Domkapitular Gerhard Stanke stand zahlreichen Medienvertretern gemeinsam mit der Missbrauchsbeauftragten des Bistums, Alexandra Kunkel, der Präventionsbeauftragten Birgit Schmidt-Hahnel und dem Personaldezernenten, Domkapitular Christof Steinert, nach der offiziellen Vorstellung der Studie im Gespräch zur Verfügung.
Insgesamt fanden sich unter 795 geprüften Personalakten aus dem Bereich des Bistums 29 Beschuldigte – davon 19 Diözesanpriester, ein Diakon und neun Ordensangehörige mit Gestellungsvertrag.
Von 75 betroffenen Opfern waren 49 männlich und 23 weiblich, bei drei Personen fehlte in den Aufzeichnungen die Angabe des Geschlechts. Altersmäßig seien 23 der von sexuellem Missbrauch durch Kleriker Betroffenen unter 13 Jahren gewesen, 28 darüber. Das Alter von 24 Personen konnte aus den Akten nicht ermittelt werden. Opfer waren meist Ministranten oder Menschen, die in einer seelsorglichen Beziehung zu den Tätern standen. Die Übergriffe fanden etwa bei privaten Begegnungen oder Ferienlagern statt. Geschenke oder Privilegien förderten eine enge Beziehung zu den Missbrauchten.
Benannt wurde in dem Pressegespräch auch ein Machtgefälle zwischen Tätern und Opfern, das verhindert habe, viele Dinge konkret auszusprechen. Auffällig sei, dass die meisten Täter nicht zu Anfang ihres Dienstes übergriffig wurden, sondern erst nach zehn bis fünfzehn Jahren im Amt. Viele Faktoren begünstigten die Gefahr eines Missbrauchs: Einsamkeit, Alkoholabhängigkeit, psychische Auffälligkeiten. Personalverantwortliche, die geglaubt hätten, nach einer Kurztherapie sei persönliches Fehlverhalten wieder geheilt, hätten ebenfalls dazugelernt. Inzwischen wolle man den Pfarrertyp des „Monarchen“ vermeiden, der allein das Sagen habe. Teams in den Gemeinden vereinten den Priester, einen weiteren Theologen und einen Verwaltungsleiter.
Bereits seit 2014 wurden bistumsweit innerhalb von Präventionsmaßnahmen 5107 Haupt- und Ehrenamtliche geschult, 2012 weitere Personen durch die Stabsstelle Prävention der Caritas. Ziel sei die Einrichtung einer Art „Beschwerdemanagement“, ein „Netz von Zuständigkeiten“, das Menschen für das Thema sensibilisiere und eine Kultur der Achtsamkeit schaffe. Verpflich-tende Schulungen stellten ihre Teilnehmer nicht unter Generalverdacht, sondern leiteten zum kritischen Hinsehen an.