Bistum Limburg will seine Organisation neu aufstellen

Mehr Zeit zur Transformation gefordert

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Mit einem „Transformationsprogramm“, kurz „Trafo“, will das Bistum Limburg seine Organisation neu aufstellen. Die mittlere Struktur mit den elf Bezirken soll in der heutigen Form aufgelöst werden. Jetzt wird Kritik daran lauter.



Die Struktur der Kirche im Bistum verändert sich. Welche Phase ist zur Zeit erreicht?

 

Nach der Bildung deutlich größerer Pfarreien – aus 365 werden 45 – sollen auch die mittlere Ebene der Bezirke und das Bischöfliche Ordinariat verändert werden. Die Leitfrage dafür lautet: „Für wen sind wir als Kirche da?“ Man könne nicht mit einer Verwaltungsstruktur aus den 1980er Jahren den Anforderungen der Kirchenentwicklung gerecht werden, sagt Bistumssprecher Stephan Schnelle.
Für den grundlegenden Veränderungsprozess ist schon viel Vorarbeit geleistet worden. Die Ergebnisse aus verschiedenen Arbeitsgruppen waren im Oktober vergangenen Jahres bei einem „Trafo-Kongress“ von 320 Ehren- und Hauptamtlichen diskutiert worden. Noch gibt es dazu keine Beschlüsse. Kritik haben vor kurzem aber in öffentlichen Stellungnahmen sowohl der Priesterrat wie die Vorsitzenden der elf Bezirks- und Stadtversammlungen geäußert.
Der Priesterrat vermisst die Einbeziehung der Bezirkssynodalräte und Pastoralkonferenzen in die Entscheidungsfindung. Dabei seien gerade die Bezirke durch den Transformationsprozess „in einschneidender Weise betroffen“. Denn das Programm sieht derzeit vor, Bezirke und Stadtversammlungen, wie sie heute bestehen, abzuschaffen. „Die synodale Ebene Bezirk wird es dann nicht mehr geben“, sagtBistumssprecher Schnelle.
Die Organisationsstruktur auf der Verwaltungsebene sieht allerdings weiter eine Zwischenebene zwischen Pfarreien und Ordinariat vor. Dafür wurden zwei verschiedene Modelle vorgelegt. Das eine schlägt die Einrichtung von Fach- und Regionalzentren vor, das andere Fachzentren und Kreisverantwortliche. Die Bistumsleitung hat auf die Kritik reagiert: Der Zeitrahmen bis zur Entscheidung wurde in den Sommer 2022 verlängert. Zudem soll es weitere Beratungen und Gespräche geben. (babs)
 

Der Regionalität Rechnung tragen
Dr. Rainer Kempf, Vorsitzender Bezirksversammlung Westerwald:
„Wir brauchen eine mittlere Ebene.“ Dr. Rainer Kempf ist sicher, dass es sowohl von der Organisation wie von der synodalen Struktur her noch etwas geben muss, das der Regionalität des Bistums Rechnung trage. Als Vertreter aus dem rheinland-pfälzischen Teil des Bistums könnte er sich diesen gut als eine solche künftige Einheit vorstellen. Den Vertretern der Stadt- und Bezirksversammlungen gehe es mit ihrer Kritik am bisherigen Vorgehen „nicht um den Erhalt unserer Pöstchen“, sondern darum, deutlich zu machen, dass die mittlere Ebene „zu etwas gut ist.“ Die beiden bisher vorgelegten Modelle, die die Bezirke als Struktureinheit ablösen sollen, sind für ihn noch mit vielen Fragezeichen zu versehen. Das reicht von den finanziellen Ressourcen, über die Abbildung von Synodalität auf der mittleren Ebene bis zur grundlegenden Frage: „Was ist der Nutzen?“  Kempf wünscht sich, mit Rücksicht auf die Ehrenamtlichen, mehr Zeit für die Beratung und mehr Transparenz.

Das Gesicht vor Ort erhalten
Marianne Brandt, Vorsitzende Stadtversammlung Frankfurt:
Für eine Veränderung der Strukturen im Bistum nennt Marianne Brandt „Machtbalance“ als wichtiges Kriterium. Gut sei daher, auch künftig eine regionale Ebene zu haben, die eine „Bündelungsfunktion“ wahrnehme für die Pfarreien und auf der nächsthöheren Ebene das „Gesicht vor Ort“ sei. Das betreffe Bereiche wie Ökumene, Caritas/Diakonie und den Dialog mit Vertretern der Politik. „Subsidiarität“, nennt Brandt als wichtiges Stichwort. Doch was das angehe, bleibe das Transformationsprogramm „noch vage“. Die Herausforderung sei nun, „eine sinnvolle Struktur zu finden, wo die Wege nicht zu weit sind und man als Kirche vor Ort sichtbar bleibt“. Dass das Bistum nun mehr Zeit bis zu Entscheidungen geben will, findet Brandt richtig: „Es ist einfach mehr Beratungszeit notwendig.“ Für mehr Transparenz wünsche sie sich zudem eine verständliche Zusammenfassung des Transformationsprogramms für die Gremien bis hin zu Pfarrgemeinderäten und Ortsausschüssen, um auch diese mitzunehmen.  

Derzeit ein zahnloser Tiger
Andreas Unfried, kommissarischer Bezirksdekan Hochtaunus:
Die Transformation der Bistumsstrukturen ist für Andreas Unfried „ein spannender, hochkomplexer Prozess“. Wie hochkomplex, „das hat sich am Anfang so sicher keiner vorstellen können“, ist der Pfarrer sicher, der mit der Pfarrei St. Ursula als einer der beiden ersten Pfarreien neuen Typs Pionierarbeit im Bistum geleistet hat.  „Aller Anstrengung wert“ ist es nun seiner Ansicht nach auch, die Ergebnisse der Missbrauchs-Studie (MHG)
„in Struktur zu gießen“. Dabei geht es um Fragen von Leitung und Macht in der Kirche, aber auch um Kontrolle und Qualitätssicherung. In Unfrieds Augen muss es jetzt zunächst darum gehen, sich über die Leitlinien zu einigen. Dann müsse man über Regionalisierungsstruktur, Synodalstruktur und Struktur des Bischöflichen Ordinariats reden. Die Synodalstruktur müsse dabei „ihre Plausibilität behalten oder erst richtig finden“. Derzeit sei sie auf der mittleren Ebene „eher ein zahnloser Tiger“.

Noch nichts wirklich gereift
Ingeborg Schillai, Präsidentin Diözesanversammlung:
„Das ‚Trafo‘ ist etwas, was das Unterste zu Oberst kehrt im Bistum“, sagt Ingeborg Schillai. Dass sich die Vorsitzenden der  Bezirks- und Stadtversammlungen dabei noch nicht genügend mitgenommen fühlten, „kann ich nachvollziehen“. Im Grunde sei aber noch gar nichts wirklich gereift. Schillai vergleicht den aktuellen Sachstand mit einem Gericht, das in der Küche zwar in Vorbereitung sei, aber noch lange nicht serviert werden könne. Ihre Beobachtung: „Der Bischof will, dass alle mitreden“, aber so einige hätten lieber, „wenn ihnen der Bischof sagt, was er will.“ Es gehe aber darum, etwas gemeinsam zu erarbeiten. Die Synodalordnung sieht Schillai jedenfalls nicht in Gefahr. „Da würde ich ganz laut schreien“, macht sie klar. Auch die Strukturveränderung hin zu den Pfarreien neuen Typs sei schwierig gewesen, gibt sie zudem zu bedenken. Und das gelte auch für den jetzt laufenden Prozess: „Der braucht ein Stück weit Geduld und Vertrauen, dass es was wird.“