Fastnachter im Bistum Limburg
Mission Katharina
Er war Schweizer Gardist, Funkenmariechen und Westerwälder Milchkönigin. Die aktuelle Rolle von Pfarrer Andreas Fuchs ist der Katharina-Fan. Die Geschichte der Heiligen erzählt der Limburger Bezirksdekan in der Bütt. Von Heike Kaiser und Alisa Weidenfeller.
„Katharina-Fan“, steht auf der weißen Stirnseite der Haube geschrieben, verziert mit einem roten Herz. Um den Hals von Pfarrer Andreas Fuchs baumelt eine Plastikbirne. Einen Korb hält er in der rechten, eine kleine Fahne mit dem Konterfei Katharina Kaspers in der linken Hand. Seine Hosenträger sind mit roten „Katharina“-Buttons gespickt, um das rechte Handgelenk ist das rote Pilgertuch geschlungen, das die Limburger Wallfahrer bei der Heiligsprechung von Katharina Kasper am 14. Oktober vergangenen Jahres in Rom getragen haben.
Derart ausgestattet, hat der 54-Jährige in der laufenden Karnervalskampagne bereits 30 Auftritte als Büttenredner absolviert. „Meinen letzten Auftritt habe ich am Faschingsdienstagabend beim Offheimer Kirchenchor“, verrät er schmunzelnd. „Und heute Abend bin ich auch dreimal ,katholisch unterwegs’“, erzählt er.
Der Limburger Bezirksdekan tritt an Orten auf, zu denen er als Pfarrer eine Beziehung hat: in Pfarreien im pastoralen Raum Hadamar, in Senioreneinrichtungen, „aber auch bei weltlichen Karnevalsvereinen, wenn sie das wollen und das bei mir zeitlich hinhaut“, sagt Fuchs.
Funkemariechen und Milchkönigin
Schon seit den 1980-er Jahren, lange vor seiner Priesterweihe 1997, war Andreas Fuchs als Fassenachter aktiv, seit Mitte der 1990-er Jahre als Büttenredner. „Jedes Jahr suche ich mir dafür eine Rolle aus“, berichtet er. Er war schon Schweizer Gardist, Malteser, Kammerdiener des Papstes, Pfarrhaushälterin, „aber auch Flugkapitän, Arzt, Funkenmariechen, Braut oder Westerwälder Milchkönigin“, erinnert er sich amüsiert.
Und nun also Katharina-Kasper-Fan. Zum ersten Mal ist es ihm in dieser Rolle passiert, dass seine Büttenrede „von höchster Stelle für lustig befunden“ wurde. „Bischof Georg Bätzing, die Generaloberin der Armen Dienstmägde Jesu Christi, Schwester Gonzalo Vakasseril, und deren Provinzoberin Schwester Theresia Winkelhöfer haben sich köstlich amüsiert, als ich den ,Katharina-Fan’ im Limburger Bischofshaus gegeben habe“, erzählt Andreas Fuchs.
Wie kommt er auf seine Ideen, wie entstehen seine Reden? „Das passiert in drei Phasen: Im Sommer überlege ich mir: Als wer oder was könntest du nächstes Jahr in die Bütt steigen? Was passt?“, erzählt der Seelsorger. „Phase zwei beginnt im Herbst. Bis dahin habe ich mich für eine Rolle entschieden und frage mich: Was ziehst du an? Die Optik muss ja schließlich passen – und sie muss lustig sein.“ In Phase drei, zwischen den Jahren, macht sich Fuchs Gedanken darüber, welche Geschichte er erzählen will. Diesmal ist es die Geschichte von Katharina Kasper, der Ordensgemeinschaft der Armen Dienstmägde Jesu Christi und deren Werken.
Katharina-Fan an Fastnacht und im echten Leben
Andreas Fuchs ist auch hinter der Bühne, im „wirklichen Leben“, ein begeisterter Katharina-Fan: „Da hat es ein armes Mädchen aus dem Westerwald geschafft, einen eigenen Orden mit seinem eigenen Namen zu gründen. Und das war zu ihrer Zeit weiß Gott schwierig!“ Als Büttenredner mit diesem Thema aufzutreten, habe auch etwas mit Mission zu tun. „So kann ich auf humorvolle Weise auf niedrigschwelligem Niveau die Botschaften, das Leben, die Einstellungen Katharina Kaspers und ihres Ordens auch Menschen rüberbringen, die noch nie oder nur sehr wenig von der Heiligen gehört haben“, so Fuchs.
Was im Westerwald allerdings selten sein dürfte. „Wer aus dieser Region kommt, weiß sofort etwas mit Katharina Kasper anzufangen“, ist Andreas Fuchs überzeugt. Er selbst stammt aus Ransbach-Baumbach und fühlt sich auch durch die räumliche Nähe zu Dernbach der Ordensgründerin besonders verbunden. „Viele ältere Menschen haben die ,Dernbacher Schwestern’ im Kindergarten erlebt, als Gemeindeschwestern oder können sich an Lehrerinnen in der Limburger Marienschule erinnern.“
Wie die Rede entsteht
Viele Anknüpfungspunkte also für ihn, um humorvoll über Katharina zu erzählen. „Aber nicht in gereimter Form“, räumt Fuchs ein, „das liegt mir einfach nicht.“ Er baut stattdessen eine Geschichte auf und garniert sie mit Witzen. Ungefähr 25 hat er im Repertoire. „Die Witze“, erläutert er, „baue ich erst ganz zum Schluss ein, erst dann, wenn der rote Faden feststeht.“ Das Problem: „Es gibt keine neuen Witze“, sagt Andreas Fuchs. „Deswegen wandle ich die Schemata von schon bekannten Witzen um und passe sie an meine Geschichte an.“
Ein Beispiel: Katharina war ein armes Kind, Süßigkeiten kannten weder sie noch ihre Altersgenossen. Statt Schokolade gab es vor 200 Jahren Äpfel und Birnen. Im Garten der Familie Kasper stand ein Birnbaum, und Katharina teilte die Früchte mit noch ärmeren Kindern. „Sie hat schon als kleines Kind festgestellt: Es gibt Armut und Ungerechtigkeiten in der Welt, und dem wollte sie auf ihre Weise begegnen“, erläutert Bezirksdekan Fuchs. Dazu hat er in seine Büttenrede diesen Witz eingebaut: „Auf einem Baum sitzen zwei Tafeln Schokolade. Plötzlich kommt eine Birne vorbeigeflogen. Sagt die eine Tafel Schokolade zur anderen: ,Birnen können doch gar nicht fliegen.’ Darauf antwortet die Birne: ,Ich schon. Ich bin ja die Birne Maja’.“
Die Mischung aus wahren, teils sehr persönlichen und dazu passenden lustigen Elementen seiner Büttenrede begeistert die Menschen. Ursprünglich als Gag gemeint war zum Beispiel Andreas Fuchs’ Vorschlag, in der Fastnachtszeit einen Katharina-Kasper-Fanclub zu gründen. Doch das kann er sich durchaus auch in der Realität vorstellen: „Wir müssen Katharina Kasper leicht verständlich unter die Leute bringen.“ Deswegen will er gemeinsam mit den Armen Dienstmägden Jesu Christi überlegen, wie es gelingen kann, unter denjenigen ein Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln, die für Katharina „Feuer gefangen“ haben. „Eine Idee, die man ausbauen kann“, ist Pfarrer Fuchs sicher.
Meinung: Mission geglückt
„Katholisch unterwegs“: Das ist Andreas Fuchs‘ Mission, wenn er als Büttenredner auf humorvolle Weise auch denen von Kirche und Glauben erzählt, die nicht zu den treuesten Kirchgängern gehören. „Mission geglückt“: dieses Fazit dürfte nach dem bisherigen Erfolg seines Vortrags spätestens am nächsten Dienstagabend gezogen werden.
Doch auch außerhalb der Faschingszeit ist Fuchs zum Beispiel in Kitas mit selbst gebastelten Egli-Puppen unterwegs, um kindgerecht die Geschichte der ersten Limburger Bistumsheiligen zu erzählen. Die, das ist historisch überliefert, mehrmals in Hadamar war, um eine befreundete Familie zu besuchen.
Geld nimmt Andreas Fuchs für seine Auftritte übrigens nicht: Die Geschenke, die er stattdessen überreicht bekommt, verteilt er an seine Mitarbeiter.