Priesterweihe im Erzbistum Berlin
Mit Maske und Wattestäbchen
Streng nach Vorschrift: Während der Priesterweihe waren ständig diverse Mund-Nase-Schutzmasken im Bild. Fotos: Frank Vetter |
Irgendwie bizarr, der feierliche Einzug der Weihekandidaten, Zelebranten und Ministranten mit Mund-Nasen-Schutz. Lediglich Erzbischof Heiner Koch zeigt Gesicht. In seiner Begrüßung deutet er den Weg zur Kirche St. Matthias – über den Wochenmarkt auf dem Winterfeldplatz, mitten durch die Marktstände: „In diese ‚Marktwelt‘ sind wir gesandt, und Gott geht mit uns.“ Danach werden die fünf Weihekandidaten vorgestellt; jeder von ihnen bekundet: „Hier bin ich.“ Als die Kameraeinstellung von der Halbtotalen zur Großaufnahme wechselt, ist freudiges Gespanntsein in ihren Augen zu sehen.
In seiner Predigt greift der Erzbischof das Motiv des Gesandtseins auf. Er erzählt von seiner Priesterweihe, die er am 13. Juni 1980 im Hohen Dom zu Köln empfing, und von den vielen Orten und Aufgaben „von denen ich mir keine ausgesucht hatte, die ich manchmal frohen, manchmal schweren Herzens angenommen habe. Doch immer habe ich sie als Gnade erfahren.“
Armselige Alltäglichkeit durch Momente der Gnade überwinden
Einen solchen „der Wunder vollen Weg“ wünscht er den Diakonen. Ein Spaziergang werde es nicht, doch immer wieder werden sie erfahren, dass Gott „Sie braucht und Ihnen zur Seite steht“. Und wenn eine Aufgabe, eine Konfrontation oder eine „armselige Alltäglichkeit“ ihnen die Luft zu nehmen drohe, mögen sie sich erinnern an die Momente der Gnade. „Die Erinnerung ist eine Kraft, die leben und aufleben lässt.“ Zum Beweis zitiert er eine Aussage der heiligen Edith Stein: „Wir wissen nicht, wohin Gott uns führt, wir wissen nur, dass Gott uns führt.“
Nach dem Hymnus „Komm, Heiliger Geist“ bekunden die Weihekandidaten ihre Bereitschaft zum priesterlichen Dienst. Sechs Fragen richtet der Bischof an die Kandidaten. Die letzte heißt: „Seid Ihr bereit, Tag für Tag Euch enger an Christus zu binden?“ Das trifft den Kern. Denn alles fußt auf der Bereitschaft, sich mit Christus zu verbinden, um durchlässig zu werden für die Liebe Gottes und die Spuren des Geistes Gottes in der menschlichen Wirklichkeit zu erkennen. Danach tritt jeder einzeln vor den Bischof, kniet nieder und verspricht dem ihm und seinen Nachfolgern Ehrfurcht und Gehorsam. Es ist nun ganz still in der großen Kirche, ein Moment starker Emotionen: Die Weihekandidaten liegen ausgestreckt auf dem Boden. Regens Matthias Goy erbittet in der Allerheiligenlitanei den Segen Gottes für sie, damit sie ihrerseits Segen sein können. Sie sollen die Gnade ja nicht für sich behalten, sondern weiterfließen lassen. Stehend haben sie ihre Bereitschaft bekundet, aufzubrechen. Das Liegen verzögert diesen Aufbruch, macht deutlich: Ich bin ein dienender, sündiger und bittender Mensch – und darf mir doch zugleich bewusst sein, von Gott beschenkt zu sein.
Vor dem Bischof kniend sich als Mitarbeiter verpflichten lassen, im Liegen die eigene Schwachheit aushalten, getragen werden vom Gebet und dann aufstehen, vor den Bischof treten, sich hinknien und schweigend dessen Hände auf dem Kopf spüren: Was mag wohl in jedem von ihnen vorgehen in diesen wenigen Sekunden? Es wird ein Geheimnis ihres Glaubens bleiben.
Die erste Eucharistie unter ungewöhnlichen Bedingungen
Nach der Weihe legen die Neupriester ihre Messgewänder an, nehmen Kelch und Patene in Empfang. Dann salbt ihnen der Bischof die Hände. Mit Chrisam zeichnet er ihnen ein kleines Kreuz auf die Handflächen – Corona geschuldet mit einem Wattestäbchen. Er lächelt jeden an; ob die frisch Geweihten zurücklächeln, lässt die Gesichtsmaske nur erahnen. Dann ist es so weit: Zum ersten Mal stehen sie als Priester am Altar. Feiern gemeinsam mit dem Erzbischof Eucharistie, sprechen die Worte der Wandlung.
Der Bischof dankt den Familien, in denen sie ihre „erste Kirche“ erleben durften, allen, die sie begleitet haben beim Studium, im Priesterseminar, in den Praktikumsgemeinden. Sein Dank gilt ebenso allen, die den Festgottesdienst unter den ungewöhnlichen Bedingungen ermöglicht und mitgestaltet haben – der Gemeinde St. Matthias, dem Übertragungsteam, der Lektorin, den Ministranten, dem kleinen Chor, dem Organisten sowie Domkapellmeister Harald Schmitt.
Trotz Schutzmasken, Sicherheitsabständen und ohne Gemeindegesang – es war eine hoffnungsstarke Feier. Man konnte die Freude in den Augen der Neupriester aufblitzen sehen. Sie sind nun gesandt auf ihre „Marktplätze“, an die Orte, in denen sie als Kapläne eingesetzt werden.
Von Juliane Bittner