Radwegekirche Milseburg

Rasten auf der Himmelstreppe

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Das Fahrrad ist ein Corona-Gewinner. Und die Rhön erlebt gerade einen Ansturm als touristisches Nahziel. Bessere Bedingungen für den schon lange geplanten Bau der Radwegekirche Milseburg? Von Evelyn Schwab.

Kapellenplanung: Hinter dem Kreuz öffnet sich die Landschaft und bei Bedarf auch eine Außenfläche für Gottesdienste.
Kapellenplanung: Hinter dem Kreuz öffnet sich die Landschaft und bei Bedarf auch eine Außenfläche für Gottesdienste.
Foto: privat / Entwurf: sturm und wartzeck

Ende Oktober ist Schluss mit der Saison. Dann macht der längste Fahrradtunnel Hessens dicht und wird zum Winterquartier für Fledermäuse. Wer die Witterung nicht scheut, kann trotzdem weiter unterwegs sein auf dem Milseburg-Radweg – über eine vier Kilometer lange Umfahrungsstrecke, inklusive Höhenunterschieden von bis zu 145 Metern. Doch eine Fahrt durch den 1172 Meter langen und aus dem Jahr 1889 stammenden Tunnel der ehemaligen Rhönbahn-Trasse ist an sich eine Attraktion.

Seit Jahren wird die Kapelle geplant

Für touristische und kontemplative Erlebnisse auf dieser Strecke könnte bald auch die Himmelstreppe sorgen, eine seit Jahren geplante ökumenische Radwegekirche mit außergewöhnlichem Konzept. Auf der 27 Kilometer langen Tour zwischen Petersberg-Götzenhof und Hilders soll sie nach dem Wunsch eines Fördervereins zum Rasten einladen. Aber auch Aussichtsort sein, der Begegnung und Austausch ebenso bietet wie die Möglichkeit für Stille und Gebet mit einem weiten Blick in die Landschaft.

Modell der Himmelstreppe: touristisch und kontemplativ.
Modell der Himmelstreppe: touristisch und kontemplativ. 
Foto: privat / Entwurf: sturm und wartzeck

Das schlanke Metallkreuz markiert den geplanten Standort am Ortsrand von Elters. Zwei Liegebänke aus Holz warten schon jetzt auf Rastende. Und jeweils in der warmen Jahreszeit gibt es jeden Monat einen ökumenischen Open-Air-Gottesdienst. Damit wirbt der Förderverein Radwegekirche Milseburg für die Verwirklichung des Projekts. 

Der ehemalige evangelische Pfarrer von Dipperz und Hofbieber, Georg Ander-Molnár, ist Vorsitzender dieses Vereins. Er fährt selbst gerne Rad und wünscht sich seit 2011 einen Ort, wo man „nicht nur E-Bike-Akkus, sondern auch die eigene Seele auftanken kann und frische Kräfte schöpft“. Ein Entwurf des Architektenbüros „sturm und wartzeck“ aus Dipperz erhielt den ersten Preis eines überregionalen und anonym geführten Architekturwettbewerbs, den der Förderverein 2017 auslobte und mit 30.000 Euro finanzierte. 

Beide fahren gern Rad: Georg Ander-Mol-nár (links) und Diakon Michael Friedrich am geplanten Standort der Kirche.
Beide fahren gern Rad: Georg Ander-Mol-nár (links) und Diakon Michael Friedrich am geplanten Standort der Kirche. Foto: Evelyn Schwab

Der Bau der Himmelstreppe wird ohne die Außenanlagen 300.000 Euro kosten. „Es besteht die begründete Hoffnung, dass die Hälfte davon aus europäi-schen Fördermitteln gedeckt wird“, sagt Ander-Molnár. „Dem Förderantrag muss allerdings der Nachweis der Restfinanzierung von 150.000 Euro beigefügt werden. Als Nachweis gilt auch eine verbindliche Erklärung einzelner Personen oder Betriebe, zum ersten Spatenstich eine bestimmte Summe zu spenden.“ Das Guthaben auf dem Konto des Fördervereins und bisherige Zusagen betragen aktuell rund 50.000 Euro. Jede Hilfe, um sich dem noch fehlenden Betrag von 100.000 Euro anzunähern, ist willkommen.

Vier Fensterrahmen bilden das Kreuz

Die Kirche gegenüber der alten Bahnhaltestelle Elters ist als architektonische Treppenskulptur entworfen. Sie wurde geplant, als noch niemand an Corona-Zeiten dachte. Und jetzt wird klar: Ein offener Raum draußen kann Menschen in Zeiten von Isolation und Abstands-Regeln sehr gut zusammenbringen. Im Inneren besitzt die Kapellenplanung vier große Fensterrahmen, die hinter dem Altar ein Kreuz bilden. Diese verglaste Fassade kann bei Bedarf geöffnet werden, um den Gottesdienst in den Außenraum zu verlegen. Auf dem Dach des als Dreieck angelegten Gebäudes befindet sich eine Aussichtsbrüstung – 7,50 Meter über dem Gelände mit Blick auf die markante Milseburg. Hoch und hinab führen neben den kleinen Trittstufen große Sitzstufen für den Aufenthalt der Rastenden.

Hingehen, wo die Menschen sind

Den letzten Open-Air-Gottesdienst der Saison 2020 gestaltete Georg Ander-Molnár gemeinsam mit Diakon Michael Friedrich aus Hosenfeld, Mitglied des Pfarrteams von Fuldas katholischer Innenstadtpfarrei. Auch Friedrich fährt gerne Rad. Wenn die Landschaft vorbeigleite, könne man über alles Mögliche nachdenken, sagt er. Die herrliche Natur sei geeignet zum Innehalten. „Hier kann das Geschöpf mit der Schöpfung in Einklang kommen“, formuliert es Ander-Molnár. Er ist überzeugt: „Als Kirche haben wir die Pflicht, dorthin zu gehen, wo die Menschen sind. Ein solcher Ort ist der Milseburg-Radweg.“

 

Zur Sache: Eine Oase zum Auftanken

Mitten durch die Gemeinde Hofbieber in der Rhön führt der Milseburg-Radweg. Er verbindet Götzenhof mit Hilders und führt am Rande des Ortsteils Elters vorbei. Dort, gegenüber der Stelle, wo sich die alte Bahnhaltestelle befand, soll die erste Radwegekirche auf grüner Wiese entstehen.

Diese Vision beschäftigt den ehemaligen evangelischen Pfarrer Georg Ander-Molnár seit 2011: direkt am Milseburg-Radweg eine Kapelle errichten zu lassen, in der Radfahrer, Jogger, Wanderer und andere Gäste einen Ort der Stille, der Besinnung und Einkehr finden, eine Raststätte für die Seele. Auf der Internetseite des Fördervereins, den es inzwischen gibt, heißt es: „Immer mehr Menschen lassen sich von dieser Begeisterung anstecken und es scheint, als könne der Traum gemeinsam mit vielen Mitreisenden Realität werden.“ (job)

www.radwegekirche.de