Die Kirche St. Margaretha Filsen ist eine Radwegekirche
Rastplatz für Leib und Seele
Das Angebot reicht vom Leihen einer Luftpumpe bis zu einem geistlichen Impuls. Radfahrer sind herzlich willkommen, sie finden einen Rastplatz für Körper und Seele: Die Kirche St. Margaretha Filsen ist eine Radwegekirche. Von Heike Kaiser
„Wir hatten Durst ... und fünf Minuten später fanden wir diesen wunderbaren Ort, wahrlich ein Wunder ... Sowas haben wir noch nie erlebt!“ – „Guter Abschied vom Rheinsteig. Wunderbare Gegend. Vielen Dank für die Einrichtung der Fahrradkirche.“ – „Toll, dass es so ein Engagement in ,Kirche‘ gibt.“ – „Ein schöner, besinnlicher Platz.“ –„Vielen Dank für das besinnliche Erlebnis in Ihrer wundervollen Kirche. Die herrliche Gestaltung, die warmen Farben, verbunden mit Ihrer Gastfreundschaft sind mir so noch nie begegnet – ich spüre hier Liebe.“ Zitate aus dem Anliegenbuch, das in der Kirche St. Margaretha Filsen ausliegt.
„Hier Liebe zu spüren, mehr Lohn geht nicht“, freut sich Annemarie Reifferscheid von der Filsener Projektgruppe „Fahrradkirche“. Außer ihr gehören noch weitere sieben Mitglieder dazu. Die Idee, sich dem Netzwerk „Kirche in Freizeit und Tourismus“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) anzuschließen und zur offiziellen „Radwegekirche“ zu werden, stellte der Ortsauschuss Filsen Bischof Georg Bätzing vor zwei Jahren vor, als er die Pfarrei Heilige Elisabeth Schönau visitierte.
Tipp des Bischofs: Fragen Sie die Menschen!
„Täglich kommen Fahrradfahrer auf dem Rheinradweg durch Filsen und an der Kirche vorbei“, so die Erfahrung der Projektgruppe. „Sie kehren gerne in der Kirche ein.“ Der Ortsausschuss Filsen will ihnen das Gefühl geben, dass sie bei ihrer Rast in der Kirche herzlich willkommen sind. Das Angebot reicht von einer Flasche Wasser über eine Luftpumpe und Fahrradflickzeug bis zu einem geistlichen Impuls und Reisesegen. „Es soll ein Rastplatz für Leib und Seele werden“, so schilderte Mitinitiatorin Franziska Runkel das Vorhaben Bischof Bätzing vor zwei Jahren.
Der Bischof gab seinerzeit den Tipp: „Setzen Sie sich an den Radweg und fragen die Menschen selbst, was sie brauchen und bewegen könnte, hier Halt zu machen.“ Ausdrücklich ermutigte er die Beteiligten, weitere Schritte zu gehen: „Das ist Kirchenentwicklung: sich zu fragen, wie wir Kirche sein können, die den Menschen dient, und die Menschen zu beteiligen.“
Fürbittbuch und E-Bike-Ladestation
Gesagt, getan. Ortsausschuss und Projektgruppe haben an zwei Wochenenden Fahrradfahrer befragt und zusätzlich Fragebögen in der Kirche ausgelegt. „Menschen von zehn bis 90 Jahren aus ganz Deutschland haben sich an der Aktion beteiligt“, berichtet Roswitha Zenker vom Ortsausschuss. Die Resonanz war meist positiv. „Viele freuen sich darüber, dass diese schöne Kirche offen ist, dass die Kirche nach draußen geht, sich offen und gastfreundlich zeigt“, fasst Zenker zusammen. Viele Anregungen wurden umgesetzt: vom Wunsch nach Ruhe und einem Fürbittbuch bis hin zur E-Bike-Ladestation. „Gute Idee, schöne Aktion, erstrebenswert“ sei zudem auf dem einen oder anderen Fragebogen als Anmerkung hinzugefügt worden.
„Ökumenisch und Hoffnungszeichen“
Um sich an dem EKD-Projekt „Kirche in Freizeit und Tourismus“ zu beteiligen und in das EKD-Verzeichnis der Radwegekirchen aufgenommen zu werden, war eine Erlaubnis des Bistums Limburg notwendig. Das war kein Problem: Die Aufnahme wurde ausdrücklich befürwortet. „Wir sind dankbar für diese ökumenische Gelegenheit. Dieses Projekt ist ein Hoffnungszeichen, (...) da es von Ehrenamtlichen initiiert, getragen und gefördert wird und es über die klassischen kirchlichen Sozialformen ausgreift“, heißt es in einem Schreiben, das von Hildegard Wustmans, Dezernentin Pastorale Dienste, unterzeichnet ist.
„Seit Mai dieses Jahres dürfen wir uns ,Radwegekirche’ nennen“, freut sich Annemarie Reifferscheid. „Im Juli wurden die entsprechenden Schilder am Radweg und an der Kirche angebracht.“ Die übrigen Vorbereitungen seien bereits im vorigen Jahr angelaufen. „Da das Projekt mit Kosten verbunden ist, wurden für dieses Jahr die Haushaltsmittel eingeplant“, nennt sie ein Beispiel.
Ausblick auf 2029 – Radeln bleibt aktuell
Am Anfang habe es in der Gemeinde da und dort Skepsis an dem Projekt gegeben, „wegen der Veränderung in der Kirche“, sagt Reifferscheid. Doch inzwischen erhalte sie positive Rückmeldungen, die Radwegekirche werde akzeptiert. Schon mehrmals habe sie morgens einen älteren Radfahrer aus Kaub angetroffen, der regelmäßig eine Rast in St. Margaretha einlegt. „Er sagt, er fühlt sich dort wohl“, berichtet die Ehrenamtliche. Da ist er offensichtlich nicht der einzige, wie die Eintragungen im Anliegenbuch belegen.
Das Projekt „Radwegekirche“ ist nicht zeitlich begrenzt, es ist dauerhaft angelegt. Allein schon mit Blick auf das Jahr 2029, wenn im Mittelrheintal die Bundesgartenschau stattfindet. „Eine Radwegekirche wäre da ein passendes Kirchenangebot“, findet Annemarie Reifferscheid.
Von Heike Kaiser