Das Ehrenamt fördern
Spaß als Antriebsfeder
Umwelt, Verbände, soziale Arbeit, Gremien: Für das Ehrenamt gibt es im kirchlichen Bereich viele Möglichkeiten, für fast jeden ist etwas dabei. Wie kann es gefördert werden? Dazu beriet die Diözesanversammlung Limburg. Von Heike Kaiser
„Ein gravierender Fehler, den wir häufig in Bezug auf ehrenamtliches Engagement machen, ist: Wir gehen von den Aufgaben aus, die erfüllt werden können oder müssen“, stellte Jette van der Velden, Stabsstelle Ehrenamtskoordination und -förderung im Bistum Limburg, fest. Ihr Fazit deshalb: „Nicht Engagierte für Aufgaben suchen, sondern Aufgaben für Engagierte.“
Dass es immer schwieriger werde, ausreichend Ehrenamtliche zu finden, liege daran, dass sich das Verständnis für freiwilliges Engagement in den letzten Jahrzehnten verändert habe. „Für die Engagierten stehen ihre eigenen Motivationen im Vordergrund, wenn sie sich für eine Aufgabe entscheiden.“ Aus einer Erhebung des Bundes aus dem Jahr 2019 zur Freiwilligenarbeit geht hervor, dass 39,7 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren in Deutschland ein Ehrenamt ausüben. An fünfter von 14 Stellen der Engagementfelder steht – nach Sport und Bewegung, Kultur und Musik, Sozialem Bereich, Schule und Kindergarten – der kirchliche oder religiöse Bereich. Freiwillige Feuerwehr, berufliche Interessenvertretung außerhalb des Betriebs, Justiz und Kriminalitätsprobleme folgen erst ab Platz zehn. Als Gründe dafür, dass im kirchlichen Raum die Zahl der Ehrenamtlichen sinkt, nannte van der Velden unter anderem die größere säkulare Konkurrenz und ein Zurückgehen des klassischen Ehrenamts. „Das Verständnis von Ehrenamt hat sich geändert: Befriedigung/Spaß ist die wichtigste Antriebsfeder.“ Das gelte für 93,9 Prozent der Freiwilligen, gefolgt von „anderen Menschen helfen“ (88,5 Prozent), etwas für das Gemeinwohl tun“ (87,5 Prozent) und „Gesellschaft mitgestalten“ (80,3 Prozent). Neuere Formen und projektbezogenes Engagement nähmen zu – zum Beispiel im Natur- und Umweltschutz, bei politischen Interessengruppen und zivilgesellschaftlich aktiven Vereinen.
In der anschließenden Diskussion in der Stadthalle Montabaur sprach sich Jette van der Velden dafür aus, offen zu sein für das, was Ehrenamtliche motiviert, für Kooperationen etwa mit Umweltgruppen: „Es muss nicht immer klassisch kirchlich sein. Wir brauchen die breite Fläche.“ Ihre Erfahrung zeige, dass Ehrenamtliche da zufrieden sind, wo sie intensiv betreut würden. Es gelte, dafür Konzepte zu erarbeiten.
In einer Erklärung zum Thema Ehrenamt und Engagement spricht sich die Diözesanversammlung dafür aus, Standards für die Ehrenamtsarbeit im Bistum Limburg zu etablieren. Dazu gehöre, Talente, Charismen und Kompetenzen der Ehrenamtlichen in den Mittelpunkt zu stellen und abzurufen. Es müssten Möglichkeiten und Voraussetzungen für Qualifizierungen und Fortbildungen geschaffen und die Verantwortlichkeiten im Zusammenspiel von Haupt- und Ehrenamt geklärt werden. Auch brauche es Wertschätzung.
„Wir brauchen Veranstaltungen und Aktionen, um sichtbar zu werden, unser Profil transparent darzustellen und Möglichkeiten von Engagement und Mitarbeit zu zeigen. Wir brauchen Strukturen und Haltungen, die offen sind für Menschen, die (noch) nicht in unseren Kreisen aktiv sind, und für neue Ideen“, heißt es in der Erklärung weiter.
Um Aufgaben in den synodalen Gremien attraktiv zu gestalten, seien persönliche Begleitung und Qualifizierung der Engagierten als Ausdruck der Wertschätzung und Unterstützung nötig. „Es müssen moderne Arbeitsformen ermöglicht werden“, heißt es abschließend in der Erklärung.
Von Heike Kaiser
ZITIERT
Beschlüsse mit Leben füllen
Die Beschlüsse des Synodalen Weges sollen im Bistum Limburg geprüft und miteinander beraten werden. Dies hat Bischof Georg Bätzing in einem Brief an Haupt- und Ehrenamtliche geschrieben. Das Schreiben – gekürzt – im Wortlaut:
„230 Gläubige aus allen Bereichen unserer Kirche haben drei Jahre lang diesem Projekt viel Zeit und persönliche Kraft, ihren ganzen Ideenreichtum und ihre Bereitschaft zum Aufeinander-Hören und zum Kompromiss – und nicht zuletzt ihre geistliche Kompetenz aus den Quellen ihres persönlichen Glaubens gewidmet. Ich vermag im Moment noch gar nicht auszudrücken, wie dankbar ich dafür bin. Es hat uns bei aller anstrengenden Arbeit getragen, bei Tiefpunkten der Diskussion zusammengehalten und in der gemeinsam verspürten großen Verantwortung für viele Menschen – insbesondere für die Betroffenen von Gewalterfahrung in unserer Kirche – bestärkt.
Nun geht es darum, den Kulturwandel, der sich im Orientierungstext, den Grundtexten und Handlungstexten des Synodalen Weges niederschlägt, auch in eine veränderte Praxis umzusetzen. Im Bistum Limburg werden wir dazu alle Beschlüsse des Synodalen Weges intensiv anschauen und auf Veränderungsbedarfe hin prüfen, die in unserer Kompetenz und Verantwortung liegen. Und wie es in unserem Bistum bewährte Praxis ist, werden wir uns dazu intensiv miteinander beraten. Wenn ich auf den Grundtext ,Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag‘ schaue, so bin ich der Überzeugung, dass wir mit den Veränderungen im Rahmen der Transformation in unserem Bistum bereits in der Grundlinie der dort beschriebenen Kultur gehen. Auch dazu haben viele von Ihnen in den vergangenen Jahren in erheblicher Weise beigetragen; und auch dafür bin ich außerordentlich dankbar.
Alle Beschlüsse des Synodalen Weges finden Sie unter www.synodalerweg.de. Es liegt nun an uns, dass wir die Beschlüsse intensiv zur Kenntnis nehmen, sie auf allen Ebenen miteinander beraten und diskutieren und auf diese Weise mit Leben füllen.
Als erste Anregung füge ich Ihnen den Präambeltext ,Hören, lernen, neue Wege gehen: Der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland‘ bei. (…) Diese Präambel hat, so meine ich, unser aller persönliche Aufmerksamkeit verdient. Und darüber hinaus eignet sie sich als Türöffner für die anstehenden Beratungen und die erhofften Dynamiken auf allen Ebenen unseres Bistums. Bitte bringen Sie diese Präambel beherzt in Gespräche und Konferenzen, in die Bildungs- und Gremienarbeit ein, für die Sie Mitverantwortung tragen. Der Text versucht zu beschreiben, wo wir derzeit stehen, woher wir kommen und wohin wir als Kirche unseres Herrn Jesus Christus in dieser Zeit, in unserer Kultur und gesellschaftlichen Wirklichkeit unterwegs sind. Umkehr und Erneuerung beschreiben gut die Richtung.“