Vicky Kotte und Manja Prüfer sind ehrenamtlich in einer Palliativgruppe in Weimar tätig
Sterben lässt nie kalt
Christen im Bistum Erfurt werden für ihre Mitmenschen zum Engel. Im Vorfeld der Bistumswallfahrt werden einige vorgestellt. Heute: Vicky Kotte und Manja Prüfer, die ehrenamtlich in einer Palliativgruppe in Weimar tätig sind.
Neben ihrer Arbeit in den Caritas-Altenpflegezentren in Weimar engaieren sich Vicky Kotte und Manja Prüfer in der Palliativgruppe, die sterbende Menschen begleitet. Foto: Holger Jakobi |
Von Holger Jakobi
Nächtelang am Bett sitzen, die Hand halten, den Sterbenden einfach nahe sein. Dieser Aufgabe widmet sich die Palliativgruppe im Weimarer Caritas-Altenpflegezentrum St. Elisabeth, in Zusammenarbeit mit dem Caritas Altenpflegezentrum St. Raphael. Mit dabei sind neben vielen anderen engagierten Menschen Vicky Kotte, Pflegedienstleiterin in St. Raphael, und Manja Prüfer, die im Haus St. Elisabeth tätig ist. Die Arbeit in der Palliativgruppe erfolgt ehrenamtlich und auch außerhalb der Arbeitszeit.
„Meine Intention ist es, den Sterbenden über den Pflegealltag hinaus, nahe sein zu können“, betont Vicky Kotte. „Das Leben ist kurz, es wird im Alltag geschimpft und gemeckert, dabei merken viele gar nicht, wie gut es ihnen geht. Sie sind gesund, was will man mehr. Der Blick auf die Sterbenden lässt einen die Welt anders sehen. Da möchte ich einfach etwas Gutes tun können.“ Vieles sei im normalen Dienst nicht möglich, die Pflegenden stoßen schnell an ihre Grenzen. Manja Prüfer hatte das Gefühl: „…dass das, was ich im Dienst tue, nicht ausreicht. Nach Feierabend hatte ich ein schlechtes Gewissen, den Patienten alleine zu lassen.“
Anderen Mitarbeiterinnen ging es genauso. Gemeinsam wurde überlegt und dann, so Vicky Kotte, „waren wir ganz schnell beim Ehrenamt“. Beide Frauen weisen darauf hin, dass die Palliativbegleitung für sie selber immer sehr intensiv ist und viel Kraft braucht. Vicky Kotte: „Meine letzte intensive Begleitung liegt anderthalb Jahre zurück, sie ging mir sehr nahe, ich brauchte eine Pause. Was nicht heißt, dass ich mich gänzlich aus der Sterbebegleitung zurückgezogen habe“. Manja Prüfer hingegen hat ihre letzte Begleitung gerade hinter sich. „Mir ist es wichtig, mich in Würde von den Sterbenden zu verabschieden. Immer fällt es mir schwer zu gehen. Ich frage mich dann, ob es vielleicht das letzte Mal ist.“
Leiden konfrontiert mit Fragen
Vicky Kotte und Manja Prüfer berichten, dass es nicht nur die Alten sind, die sterben. Bei Jüngeren wird es härter und es stellt sich immer wieder die Frage nach dem Warum. Dann ist da auch eine Ohnmacht dem Leiden gegenüber. „Vielen fällt es sehr schwer zu gehen. Sie wollen sterben, sie beten zu Gott und sie leiden weiter. Da drängt sich schon die eine oder andere Frage auf“, so Vicky Kotte. Daher ist es sehr wichtig, dass sich die Gruppe zum Austausch und zur Reflektion regelmäßig trifft. „Sterben lässt uns nie kalt. Deshalb treffen wir uns in der Gruppe. In diesem geschützten Rahmen kann das eigene Verhalten und die Gefühle reflektiert werden. Hier können wir sagen, wie es uns wirklich geht.“ Auch die Frage nach dem, was vielleicht nicht so gut gelungen ist und was besser gemacht werden kann, wird besprochen.
Die Palliativbegleitung erfolgt immer nur im Einverständnis mit dem Patienten und bedarf der Unterstützung durch die Angehörigen. „Wir versuchen, bereits während der Grundpflege immer zu zweit zu sein.“ Neben dem „einfach Dasein“ ist es der Palliativgruppe im St.-Elisabeth-Altenheim ebenso wichtig, die Atmosphäre zu verbessern. „Unsere Patienten sollen ihre Wünsche äußern. Sofern möglich, werden wir sie erfüllen. Mit Musik, Kerzen oder einem Duftlicht können wir die Umgebung etwas schöner machen.“ Palliativbegleitung ist jedoch keine Einbahnstraße. Es kommt viel zurück. Vom Patienten und von deren Familien. Die Zwillingsschwester eines Verstorbenen beispielsweise bedankte sich zum ersten Todestag ihres Bruders. Und in einem Supermarkt kam es zu einer spontanen Umarmung. Die Angehörige meinte nur: „Ich musste das jetzt einfach mal tun. Danke für alles.“ Vicky Kotte: „Das zeigt doch, dass wir mit unserer Arbeit die Welt ein kleines bisschen besser machen.“