Aufarbeitung von Missbrauch in Ordenseinrichtungen

Stimmen der Opfer sollen gehört werden

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Auch wenn es aus der entsprechenden Zeit keine Akten mehr gibt: Der Thuiner Orden zweifelt nicht an den Erinnerungen ehemaliger Kurkinder, die Opfer von Misshandlungen in zwei Einrichtungen wurden. Jetzt liegt ein Zwischenbericht vor.


Schwester Maria Cordis Reiker ist seit 2016 Generaloberin
des Thuiner Ordens. Foto: Matthias Petersen

Der Orden der Thuiner Franziskanerinnen hat einen Zwischenbericht zur Aufklärung von sexueller Gewalt und körperlichen Misshandlungen in seinen Kinderkurheimen in den 1970er bis 1990er Jahren vorgelegt. Der Bericht solle vor allem den Schilderungen der Betroffenen Raum geben, sagte Generaloberin Schwester Maria Cordis Reiker: „Die ehemaligen Kurkinder unserer Einrichtungen sollen wissen, dass wir ihre Erinnerungen nicht infrage stellen.“ Ihre Stimmen sollten gehört werden „von allen Schwestern in unserem Orden, von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unseren Einrichtungen und von allen, die sich diesem Leid bisher verschlossen haben“.

Die Dokumentation umfasst Recherchen über einen Fall von sexueller Gewalt durch einen angestellten Erzieher und einige Fälle von Misshandlungen durch Schwestern in zwei Heimen in Niendorf an der Ostsee und einem auf der Nordseeinsel Borkum. Gespräche mit Betroffenen, Angehörigen und damals dort tätigen Schwestern sowie Recherchen bei Jugendämtern und Krankenkassen hätten keine Hinweise auf weitere Fälle erbracht, sagte Reiker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die meisten Akten seien bereits vernichtet. Deshalb verbinde der Orden mit dem Bericht den Aufruf an mögliche weitere Betroffene, sich zu melden.

Anlass für die vor gut einem Jahr begonnene Untersuchung seien Vorwürfe gewesen, die auf der Internetplattform „NetzwerkB“ bereits 2010 erhoben worden seien. Damals sei unmittelbar eine Ordensschwester beauftragt worden, den Vorwürfen nachzugehen. Diese habe die Recherchen mangels noch vorhandener Akten schnell eingestellt. Das sei ein Fehler gewesen, räumte Reiker ein, die seit 2016 Generaloberin in Thuine ist: „Aus heutiger Sicht war die Vorgehensweise, diese schweren Vorwürfe intern aufklären zu lassen, zu wenig.“

Autorin des Zwischenberichts ist die Leiterin der Diözesanbibliothek des Bistums Osnabrück, Christine Möller. Die Historikerin habe bei ihren Gesprächen und bei der Sichtung von Unterlagen in den Heimen freie Hand ge­habt, versicherte die Generaloberin. Sie betrachte die Aufarbeitung als unabhängig, weil der Orden selbstständig sei und keinem Bistum unterstehe. (epd)

Der Orden ruft jene zur Kontaktaufnahme auf, die eigene Erfahrungen aus der Zeit mitteilen möchten. Tel. 0 59 02/50 11 03; E-Mail: mutterhaus@franziskanerinnen-thuine.de