Drei Frauen sagen ihre Meinung zu Maria 2.0

Streiken für Frauenrechte in der Kirche?

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Eine Initiative von Frauen aus Münster hat auch hierzulande viele Nachahmerinnen gefunden. Vom 12. bis zum 18. Mai protestieren sie durch den Verzicht auf ihr Ehrenamt gegen fehlende Gleichberechtigung und Missstände in der Kirche. Die Kirchenzeitung hat drei engagierte Frauen der Kirche aus der Region gefragt: Ist ein Streik in der Kirche erlaubt? Und darf der sich auf Maria berufen?

Logo der Aktion Maria 2.0
„Maria 2.0“: Mit diesem Logo werben die Initiatorinnen aus dem westfälischen Münster für ihre Streikaktion. Mehr Informationen, Anregungen, Gebetstexte und einen Brief an den Papst gibt es im Internet unter: www.mariazweipunktnull.de
Logo: Maria 2.0

„Sehen wir Maria als unsere Schwester, die tatkräftig in die Kirche eingreift“

Susanne Winnekens-Udovic
Susanne Winnekens-Udovic
Foto: privat

In der nächsten Zukunft wird es in unserer Kirche, in unserem Bistum Mainz viele neue Entwicklungen geben. Bischof Peter Kohlgraf hat vor allem eine geistige Erneuerung angestoßen. Viele von uns machen sich Sorgen um die Kirche. Vieles brennt uns auf der Seele; wir möchten Veränderungen. Das Ehrenamt hat sich verändert; viele Menschen möchten nicht einfach nur Dienste tun, sie möchten mitgestalten.

Die Woche vom 11. bis zum 18. Mai soll ein Zeichen sein, wie ernst es uns ist, und sie ist meiner Ansicht nach eine Gelegenheit, wieder über Kirche ins Gespräch zu kommen: Wir wollen nicht einfach so wegbleiben, sondern auch für ein Gespräch zur Verfügung stehen.

Diese Aktion ist ein Ausdruck der Sorge und auch der Enttäuschung über die Unbeweglichkeit von Kirche. Wir möchten in dieser Kirche weiter beheimatet sein und gemeinsam mit ihr in eine Zukunft gehen.

Natürlich ist es eine zweischneidige Entscheidung: Ich tue meine ehrenamtlichen Dienste nicht für die Amtskirche allein, sondern für die Menschen. Deshalb werden sicher nicht alle mit diesem Vorhaben eines Streiks einverstanden sein. Auch werden nicht alle mit allen Zielen der Aktion Maria 2.0 einverstanden sein. Trotzdem möchte ich diese Aktion unterstützen. Als kfd-Frau möchte ich vor allem erreichen, dass Frauen eine leitende Rolle in Gestaltung und geistlicher Mitwirkung von Kirche bekommen. Kirche ist meiner Meinung nach nur zukunftsfähig, wenn sie auf die Charismen von Frauen in allen Ämtern und Aufgaben nicht weiter verzichtet. In der Heiligen Schrift gibt es viele Zeugnisse, die bestätigen, dass Gott sich der Frauen bedient, um seine Botschaft weiterzutragen, nicht zuletzt am Morgen des Ostertags. Deshalb rufe ich dazu auf, dass sich möglichst viele kfd-Gruppen Maria 2.0 anschließen.

Viele Frauen und Männer in unserem Bistum beteiligen sich an dieser Aktion. Es ist allerhöchste Zeit, partnerschaftlich zu denken und einen Neubeginn zu wagen. Wir möchten unsere Machtlosigkeit durch unser Tun beenden.

Maria hat durch ihr aktives Ja zur Ankündigung des Engels die Heilsgeschichte aktiv beeinflusst. Sehen wir Maria als unsere Schwester, die tatkräftig in die Strukturen der heutigen Kirche eingreifen will. Wir holen sie von ihrem Sockel, damit sie mit uns geht.

Susanne Winnekens-Udovic ist Sprecherin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) im Bistum Mainz.


 

„Die Polarisierung: hier die Guten, dort die Bösen, halte ich für falsch“

Anne-Madeleine Plum
Anne-Madeleine Plum
Foto: privat

Das Streikrecht ist ein Mittel des Arbeitskampfes. Schon unter Ramses III. streikten die hungernden Bauarbeiter, wie ein Papyrus bezeugt. Eine hinreichend lange Tradition also. Streik ist Kampf. Manchmal muss man kämpfen. Ob es sinnvoll ist, hängt entscheidend von Kontext und Ziel ab.

Natürlich ist der Missbrauch in der Kirche Grund genug, sich zu empören, Täter und Vertuscher anzuklagen und Schuld zu benennen und zu bekennen. Was aber durch Bischöfe und Päpste ausdrücklich geschah und geschieht, auch wenn es manch einer einfach nicht wahrnehmen möchte. Natürlich ist es eine Tatsache, dass die Arbeit von Frauen in der Kirche nicht immer den Respekt bekommt, den sie verdient. Natürlich ärgere ich mich, wenn ein gut vorbereiteter Gottesdienstablauf mit einem Federstrich umgeschrieben wird. Oder wenn Theologen gar nicht auf die Idee kommen, weiblichen Rat in pastoralen Fragen anzunehmen.

Aber ich habe auch schon oft genug das Gegenteil erlebt. Wertschätzung, Respekt, Bereitschaft, einen Rat anzunehmen. Ja, von Männern in kirchlichen Ämtern! Ja, als theologisch ausgebildete Frau! Und durchaus nicht jede Frau in der Chefetage ist feinfühliger, wertschätzender oder glaubwürdiger als ihr männliches Pendant. Auch nicht in kirchlichen Positionen.

Mit anderen Worten, die Polarisierung: hier die Guten (weiblich), dort die Bösen (männlich), halte ich für völlig falsch. In der Kirche ebenso wie außerhalb. Es gibt Männer und Frauen, die in unserer Kirche eher unheilvoll wirken. Und es gibt ebenso Frauen und Männer, die richtig gute Arbeit machen. Wer wirklich geisterfüllt wirkte, musste zu allen Zeiten mit Widerstand rechnen, Widerstand in der Kirche oder Widerstand von außen, ob Mary Ward oder Johannes vom Kreuz, ob Alfred Delp oder Alice Domon.

Was mir neben dieser allzu einseitigen Sicht nicht gefällt, ist die undifferenzierte Vermischung von Themenbereichen und das daraus resultierende unsachliche Gemenge von Forderungen.

Undifferenziert, weil Missbrauch, Amtsverständnis, Zölibat, Priestertum der Frau, kirchliche Moral, marianische Frömmigkeit und unterstellte Frauenfeindlichkeit von Marienverehrern in einen ideologisch aufgeheizten Topf geschmissen werden.

Da schimmert durch, dass es bei diesem Kirchenstreik tatsächlich um „Kampf“ gehen soll. Kampf zwischen Feinden oder zum Feind stilisierten Parteien. Das allein passt für mich nicht zum Evangelium Jesu Christi. Und zu Seiner Kirche, so wie er sie will.

Dr. Anne-Madeleine Plum ist Leiterin der Katholischen Hochschulgemeinde in Darmstadt


 

„Die Kirche braucht das Weibliche auch in ihren Ämtern“

Maria Rohrer
Maria Rohrer
Foto: privat

Ich fand den Hinweis auf die Aktion Maria 2.0 zunächst einfach spannend, suchte im Internet nach weiteren Informationen und las mich zum Hintergrund dieser Aktion ein. Unmittelbar hatte ich das Gefühl „da müsste man mitmachen“. Denn es geht um so viel mehr als die eigene kleine Gemeinde, in der Frauen heute oftmals ein hohes Maß an Beteiligung haben – im Rahmen dessen, was ihnen durch die Amtskirche erlaubt ist. Auch in meiner Gemeinde herrscht ein offenes Klima, Frauen üben schon seit Jahren vielfältige Positionen aus, worüber wir sehr froh sind.

Doch bei „Maria 2.0“ geht es nicht nur um das Thema Ausgrenzung von Frauen in der Kirche, sondern auch um den Missbrauch. Die Frauen fordern: Kein Amt mehr für Missbrauchstäter, -dulder und Vertuscher sowie die selbstverständliche Überstellung der Täter an weltliche Gerichte. Zudem treten sie für einen Zugang von Frauen zu allen Ämtern der Kirche, die Aufhebung des „Pflichtzölibats“ und eine Ausrichtung der Sexualmoral an der Lebenswirklichkeit der Menschen ein. Das sind absolut aktuelle und unterstützenswerte Themen, für deren Umsetzung sich alle Frauen, die in der katholischen Kirche aktiv sind, einsetzen sollten.

In meiner Pfarrgemeinde St. Marien Griesheim und in meiner kfd-Gruppe sprach ich aus diesem Grund Frauen an. Viele fanden ebenso wie ich, dass es an der Zeit ist, etwas zu tun, sich dieser Aktion anzuschließen, um die Menschen für diese Themen zu sensibilisieren.

Wir Frauen aus Darmstadt und Griesheim wollen öffentlichkeitswirksam für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in der Kirche eintreten: Dass die Kirche Frauen nicht die gleichen Rechte und Pflichten zuspricht wie den Männern, verstößt gegen Gottes Ordnung. Wir wünschen uns eine Kirche, die Frauen und Männer gleichberechtigt behandelt. Und nicht nur im Hinblick auf die Ämterfrage, sondern auch bezüglich des geistigen Fundaments. Denn einerseits überhöht die Kirche Frauen in Gestalt der Gottesmutter Maria und anderseits erachtet sie sie immer noch als inkompetent. Die Kirche braucht das Weibliche auch in ihren Ämtern. Sie braucht die weibliche Geistlichkeit, Priesterinnen und Diakoninnen. Nur so wird sie ganz und kann sich mehr vor strukturellen Verfehlungen, wie dem Missbrauch, schützen.

Die Kirche sollte den Mut für einen geschlechtergerechten und damit menschengerechten Weg aufbringen, auch gegen viele Widerstände. Auch wir wollen und müssen uns für einen Weg einsetzen, der es uns und den nachfolgenden Generationen ermöglicht, in dieser Kirche zu bleiben.

Maria Rohrer ist Vorsitzende der kfd-Gruppe Darmstadt und Griesheim.