Im Kloster Kamp-Bornhofen hat das „Jahr des Apfels“ begonnen

Sündenfall und Liebe

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Pater Eryk Kapala hat gerade jetzt viel Zeit für Gespräche. Mit Menschen, die die Ausstellung „Jahr des Apfels“ im Marienwallfahrtsort Kamp-Bornhofen besuchen. Denn die großen Prozessionen und die Wallfahrtsgottesdienste fallen erst mal aus. Von Heike Kaiser.

Kapala mit Apfel Foto: Heike Kaiser
Wallfahrtsseelsorger Pater Eryk Kapala freut sich über jeden Besucher der Ausstellung. Foto: Heike Kaiser

Wer die Outdoor-Ausstellung „Jahr des Apfels“ im Marienwallfahrtsort Kamp-Bornhofen besucht, fühlt sich gleich beim Eintreten wie in eine andere Welt versetzt: Auf dem Marienplatz neben der Wallfahrtskirche der Franziskaner ist ein Teil des Gartens Eden aufgebaut: In der Mitte der Baum der Erkenntnis mit einem goldenen Apfel, der aussieht, als wäre er gerade erst abgefallen und auf der Erde gelandet. 17 verschiedene Apfelbäumchen umgeben ihn, die Sorten heißen „Prinz Albrecht von Preußen“, „Danziger Kantapfel“, „Purpurner Cusinot“ oder auch „Holsteiner Cox“. Im Hintergrund läuft leise meditative Musik.

An den Außenwänden des ummauerten Platzes stehen Tafeln, die über den Apfel in der Bibel Auskunft geben, über die Geschichte des Apfels informieren, auf einer ist sogar ein Apfel-Rezept der heiligen Hildegard abgebildet. Wer will, kann sich an einer der Audio-Stationen niederlassen, einen Hörer ans Ohr halten und einem meditativen Text zum Thema „Apfel“ lauschen. Ein paar Meter weiter liegen Meditationstexte zum Nachlesen aus. Wer eine Etappe des Jakobswegs gepilgert oder den RheinSteig entlang gewandert ist, hat die Möglichkeit, sich das hier an der Stempelstation bestätigen zu lassen.


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Das „Jahr des Apfels“ ist eine Idee von Wallfahrtsseelsorger Eryk Kapala, der mit drei Mitbrüdern im Kloster lebt. Seit langem macht sich der 49-Jährige Gedanken darüber, wie die traditionelle Wallfahrt zur Schmerzhaften Muttergottes nach Bornhofen wiederbelebt werden könnte: Seit fast 800 Jahren, seit 1224, pilgern Gläubige hierher. Heute kommen sie überwiegend aus den Bistümern Limburg, Mainz und Trier. „Aber die großen Schiffswallfahrten und Pilgergruppen werden immer seltener“, hat Pater Eryk schon vor Jahren festgestellt. Das brachte ihn auf die Idee, auch andere Zielgruppen in den Blick zu nehmen – zum Beispiel Touristen, die hier im Rheintal Urlaub oder Ausflüge machen, Wanderer, die auf dem RheinSteig oder auf einem Teilstück des Jakobswegs unterwegs sind, Familien mit Kindern. Angefangen hat er vor zwei Jahren mit der Ausstellung „Jahr des Wassers“, im vergangenen Jahr ging es weiter mit dem „Jahr des Weines“, und nun also ist das „Jahr des Apfels“. Die Ausstellung wird vermutlich auch in der nächsten Wallfahrtssaison 2021 gezeigt werden – in der Regel von Mai bis Oktober. Bis kurz vor Pfingsten waren rund 700 Menschen da – trotz Corona. Ein Erfolg, über den sich Pater Eryk sichtlich freut.

„Ich arbeite gern mit biblischen Symbolen, die jeder Mensch versteht, und zu denen fast jeder einen Zugang hat“, begründet er die Auswahl der Themen der bisherigen Ausstellungen. „Der Apfel zum Beispiel ist in unserem Kopf automatisch mit dem Sündenfall von Adam und Eva verbunden.“


Rund um den „Baum der Erkenntnis“ (Bildmitte) stehen 17 Bäumchen mit unterschiedlichen Apfelsorten.

„Aber in der Bibel, im Buch Genesis, lesen wir von einem Apfel nichts“, sagt der Franziskaner. „Stattdessen ist von ,Bäumen mit köstlichen Früchten’ die Rede, vom ,Baum des Lebens’, dem ,Baum der Erkenntnis von Gut und Böse’“, erklärt er. „Aber eine herausgehobene Stellung bekommt der Apfel im Hohelied des Alten Testaments: Wenn dort vom Apfel oder vom Apfelbaum die Rede ist, dann immer in Zusammenhang mit einer starken, unerschütterlichen Liebe.“ Das lernt jeder, der die Ausstellung „Jahr des Apfels“ besucht. „Die Menschen sollen nachdenklich bleiben“, wünscht sich der Seelsorger.

Die aktuelle Situation, in der wir leben, vergleicht er mit der Vertreibung aus dem Paradies: „Das Paradies ist nicht mehr da, die Sicherheit, die Geborgenheit und das Vertrauen. Adam und Eva müssen von Neuem anfangen, eine neue Welt müssen sie bauen.“ Noch nie hätten Menschen wie in der Corona-Krise eine so globale, überdimensionale und lähmende Wirkung in ihrem Leben wahrnehmen müssen: Verbote, Beschränkungen, Isolation, Angst. „Der blaue Planet hat endlich Stopp gesagt“, betont Pater Eryk Kapala. „Das ist eine Chance für uns. Wir haben nun Zeit für Dinge, für die wir vorher glaubten, keine Zeit zu haben. Zeit für Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach meinen Beziehungen zum Nächsten, zu Gott und mir selbst: Was ist das wirklich Wichtige in meinem Leben?“

Fragen, mit denen der eine oder andere Besucher sich gerade jetzt an Pater Eryk wendet. Der Franziskanerpater hat die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen gerne auf den Marienplatz kommen, weil sie hier Entschleunigung, Ruhe vor dem Alltag und der Hektik des Alltags finden. Er selbst hält sich stets dezent im Hintergrund, will sich nicht aufdrängen, aber signalisieren: Wenn jemand das Gespräch sucht, ist er da.

„Selten habe ich so viel Zeit dafür gehabt wie jetzt zu Corona-Zeiten“, meint er lächelnd. Denn die großen Wallfahrtsgottesdienste und Prozessionen fallen ja erst mal aus.

 

Die Ausstellung ist bis Ende Oktober werktags von 7 bis 20 Uhr und sonntags von 8.30 bis 20 Uhr geöffnet. Eintritt frei.
Informationen: Wallfahrtskloster Bornhofen, Kirchplatz 2, 56341 Kamp-Bornhofen,
Telefon: 06773 / 95 97 80, Internet: www.wallfahrtskloster-bornhofen.de