Gespräche am Café Hoffnung

Synodale verlassen ihre Komfortzone

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Gespräche über Gott und die Welt: In den Pausen treffen sich die Delegierten des Synodalen Weges an der Kaffeebar.

Foto: kna/Harald Oppitz
Ein Kaffee zwischendurch: Delegierte, Medienvertreter und Gäste kommen zur Bar des Café Hoffnung. Foto: kna/Harald Oppitz


Die ersten haben schon um kurz nach neun an diesem Freitagvormittag den Kaffee auf. Das "Machtgehabe einiger Großkopferter" nervt, wie einer sagt, der das Geschehen im Großen Saal des Frankfurter Dominikanerklosters verfolgt. In der evangelischen Tagungsstätte findet die erste Synodalversammlung zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland statt. Bis Samstag diskutieren erstmals rund 230 Bischöfe und Laien, wohin die Reise in der auf zwei Jahre angelegten Initiative gehen soll.

Unmittelbar vor dem Saal stehen drei, die schon einen längeren Weg hinter sich haben: Ruben Enxing, Josephine Metasch und Johannes Polk sind aus dem Bistum Dresden-Meißen nach Frankfurt gekommen - mit ihrem "Cafe Hoffnung Mobil". Das von der Katholischen Akademie in Dresden gesponserte Gefährt ist normalerweise auf Marktplätzen, in Schulen oder Firmen und Abendveranstaltungen im Bistum unterwegs, um einen Ort der Begegnung und des Gesprächs zum interreligiösen Dialog anzubieten.

Zur ersten Synodalversammlung macht die mobile Kaffeebar nun statt an der Elbe am Main Station. Der Reformdialog, angestoßen von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), musste einige Hürden nehmen. Beim "Cafe Hoffnung Mobil" war das nicht anders, wie Ruben Enxing erzählt. Rund 400 Kilo wiegt das solide Kaffeedreirad samt Aufsatz. Um es in die erste Etage des Dominikanerklosters vor den Sitzungssaal zu bringen, musste es zerlegt werden. In den Aufzug passte es nicht.

Die erste Konferenzpause zeigt: Die Mühe hat sich gelohnt. Delegierte, Medienvertreter und Gäste drängen sich um das rote Mobil und die dahinter stehenden Aufsteller, die Besucher mit dem Spruch begrüßen: "Raus aus der Komfortzone." Das klingt ein wenig wie die Quintessenz der offiziellen Verlautbarungen zu Beginn der Synodalversammlung: Da wurden die Teilnehmer aufgefordert, einander zuzuhören, andere Meinungen nicht gleich zu verdammen, bereit zu sein für einen Perspektivwechsel.

 

Ein riesiges Brainstorming

Der Bischof von Kopenhagen, Czeslaw Kozon, ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann und Bruder Thomas Wierling vom Orden der Canisianer: schnell wird die Schlange vor der Kaffeebar lang und länger. Es dampft und zischt, Journalisten plaudern mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Und Josephine Metasch und Johannes Polk arbeiten im Akkord. Stoff für 1.100 Kaffeeportionen haben sie mitgebracht, neun Spezialitäten sind im Programm, Cappuccino läuft gerade recht gut. "Und Espresso für die ganz Harten", sagt Josephine Metasch.

Ruben Enxing erkundigt sich unterdessen nach den ersten Eindrücken der Synodalen. Wie eine Art "Riesen-Brainstorming" komme ihr das Ganze vor, sagt Isabella Vergata. Die in Deutschland geborene Italienerin nimmt für die Katholiken anderer Muttersprache an der Synodalversammlung teil. Im Großen Saal des Dominikanerklosters sitzt sie wegen der alphabetisch angelegten Sitzordnung unweit des Regensburger Bischofs Rudolf Voderholzer, der zum Aufakt noch einmal seine Vorbehalte gegen den Synodalen Weg vorbringt.

"Den kannte ich gar nicht", sagt Isabella Vergata. "In Gesprächen wurde mit gesagt: 'Das ist kein Progressiver.'" Sie selbst habe Voderholzers Einlassungen als wenig hilfreich erlebt, halte aber von Kategorien wie konservativ oder progressiv gleichwohl nicht viel. "Traditionen", meint die 34-Jährige, "sind wichtig. Aber sie werden gefährlich, wenn sie mit dem Alltag nichts mehr zu tun haben."

Bewegt haben sie nach eigenem Bekunden die Stellungnahmen der jüngeren Teilnehmer. Den vorbereitenden Dokumenten bescheinigt sie dagegen eine zum Teil "höchst theologische Sprache". Isabella Vergata promoviert zum weiblichen Schreiben im 16. Jahrhundert. Auch bei der Lektüre des Papiers zur Sexualmoral stellte sich ihr die Frage, ob "wir im Mittelalter sind".

Wenig später geht die Sitzung weiter, der Platz um das "Cafe Hoffnung Mobil" leert sich. Eine Gruppe fachsimpelt noch über modische Herrensocken. An der Kaffebar wird nicht nur gewichtige Kirchenmaterie verhandelt. Die Koffeinzufuhr ist übrigens gratis. "Kostet nur ein Lächeln", sagt Ruben Enxing.

kna