US-Wahl im November

Trump umgarnt die Katholiken

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Im November will der US-Präsident wiedergewählt werden. Deshalb nähert er sich jetzt den katholischen Wählern an. Doch jenseits der Abtreibungsfrage gibt es nur wenige Schnittmengen zwischen seinen und ihren Topthemen.

Foto: picture alliance/Yuri Gripas - Pool via CNP/Medi
Auftritt mit Kalkül: Donald Trump bei seiner Rede vor
Zehntausenden Abtreibungsgegnern beim Marsch für
das Leben in Washington 
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Pool via CNP/Medi

Bescheidenheit gehört nicht zu Donald Trumps hervorstechenden Eigenschaften. Das bewies er kürzlich wieder mal, als er Zehntausenden Abtreibungsgegnern zurief: „Ungeborene Kinder hatten noch nie einen stärkeren Beschützer im Weißen Haus.“ Als erster US-Präsident nahm Trump persönlich am Marsch für das Leben in Washington teil.

Der Auftritt zeigt, wie Trump vor den Präsidentschaftswahlen im November versucht, um katholische Wähler zu werben. Leichtes Spiel hat er dabei nicht. Denn anders als unter den Evangelikalen, die zu seinen treuesten Anhängern zählen, gehen die Meinungen bei den Katholiken weit auseinander.  

Je weißer, männlicher und älter die Gläubigen, desto wahrscheinlicher ist es laut Umfragen, dass sie Trump wählen. Unter den Latinos, Frauen und jungen Katholiken ist es genau entgegengesetzt. Die einen preisen die Positionen des Präsidenten zu Abtreibung und Religionsfreiheit, die anderen beklagen seine harte Haltung gegen Flüchtlinge und seinen offenen Rassismus.

Nicht entgangen ist gläubigen Katholiken Trumps offener Konflikt mit Papst Franziskus über das Einwanderungsthema – was zu erklären hilft, warum Trump in Umfragen rund neun Prozent Unterstützung bei den weißen Katholiken verloren hat. Die Meinungsforscher des auf Religionsthemen abonnierten Instituts PRRI ermittelten kürzlich, dass die Mehrheit der Katholiken (52 Prozent) derzeit ein negatives Bild des Präsidenten habe. Vor gut drei Jahren holte Trump noch 52 Prozent der katholischen Stimmen. Damit wurden die Katholiken wieder mal ihrem Ruf gerecht, bei Präsidentschaftswahlen stets für den Wahlsieger zu stimmen.

Zu Beginn des Wahljahres 2020 geht Trump nun in die Offensive, um das Verhältnis zu der nach den Evangelikalen zweitwichtigsten Wählergruppe zu verbessern. „Ich habe ein großartiges Verhältnis zu den Katholiken“, behauptete der Präsident kürzlich. „Ich habe so viel für die Katholiken getan! Schauen sie sich nur mal das Abtreibungsthema an.“

Es gebe derzeit „ernsthafte Bemühungen, die Gläubigen zu erreichen“, lobt Tim Huelskamp von der Lobbygruppe CatholicVote.org. Der ehemalige Kongressabgeordnete der Republikaner aus Kansas gehörte zu der Gruppe konservativer Katholiken, die Trump kurz vor Weihnachten zu einem Gedankenaustausch im Weißen Haus empfing; Laienaktivisten wohlgemerkt, nicht Bischöfe.

Sie finden Klimawandel und Wohlstandsgefälle wichtig

Laut einer Umfrage des katholischen TV-Senders EWTN gibt es jenseits der Abtreibungsfrage nur wenig Schnittmengen zwischen Trumps Topthemen und denen der Katholiken. Sie gewichten den Klimawandel und das Wohlstandsgefälle in den USA offenbar höher als Fragen der Religionsfreiheit oder die Besetzung des Verfassungsgerichts.

Doch Wahlen werden nicht in der Theorie gewonnen, sondern in konkreten Wahlkreisen, die auf der Kippe stehen. In den alten Industriegebieten im sogenannten Rostgürtel der USA etwa leben viele weiße, wenig gebildete katholische Wähler, die Trump schon 2016 halfen. Dort könnte die Initiative des Weißen Hauses durchaus Wirkung entfalten.

Thomas Spang