Interview mit Prof. Dr. Godelieve Quisthoudt-Rowohl

Unsere Zukunft in Europa

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Am Wochenende tagte in Wolfenbüttel die Diözesanversammlung des Kolpingverbandes des Bistums Hildesheim. Zu Gast war Professor Dr. Godelieve Quisthoudt-Rowohl, Mitglied des Europaparlaments. Im Interview stellte sie sich den Fragen der KirchenZeitung.


Seit 30 Jahren im Einsatz für Europa: Professor
Dr. Godelieve Quisthoudt-Rowohl. | Fotos: Deppe

Wie sehen Sie das Bündnis „Niedersachsen für Europa“, ein Bündnis aus Politik, Gesellschaft und Kirche?

Uns Europäern bläst zur Zeit ein heftiger nationaler Wind ins Gesicht. Da ist es gut, wenn sich viele für Europa, für die europäische Idee einsetzen. Ich finde so ein Bündnis gut, das Informationen über Europa vermittelt. Außerdem finde ich alles gut, dass auf die Europawahl im Mai hinweist und dafür wirbt. Es ist gut, wenn das Herz der Bürger für Europa schlägt, aber wichtig ist, dass man auch darüber informiert ist, was da geschieht.

Wir reden immer wieder vom christlichen oder christlich geprägten Europa. Was für eine Bedeutung hat denn das Chris­tentum heute noch für Europa?

Es sind unsere Werte, die, auch wenn vielleicht die Zahl der Christen weniger wird, nach wie vor Europa prägen. Das sind: Freiheit des Bürgers, Individualität, in dem Sinne, dass wir den einzelnen Menschen in seiner Einzigartigkeit sehen und nicht als Teil eines Kollektivs, Demokratie, freie Meinungsäußerung, Rechtsstaatlichkeit. Das sind alles Werte, die immer noch da sind.

Wo sehen Sie heute die Aufgaben der Christen in Europa, die sich in der Politik engagieren?
 


Mit den Wahlen bei der Diözesanversammlung ist
der Kolping Diözesanvorstand Hildesheim wieder
komplett. | Foto: Jan Schlüter

Sie sollten sich für eine ordentliche europäische Politik einsetzen, die Rechnung hält mit den spezifischen Problemen vor Ort, in dem jeweiligen Wahlkreis. Das ist aber keine Besonderheit nur der Christen, sondern jeder Politiker ist in der Pflicht, ordentliche Politik zu machen.

Sollte man sich als Christ die Programme der Parteien anschauen, die sich zur Europawahl stellen?

Man sollte sie sich ruhig einmal ganz genau anschauen. Wenn sie auf unserem christlichen Erbe aufbauen, werden sie getragen sein vom Respekt gegenüber dem Einzelnen, von Teilhabe und Teilnahme des Einzelnen am allgemeinen Geschehen, von einem toleranten und respektvollem Umgang mit allen Menschen. Alle extremen Positionen, die dies ablehnen, die unsere europäischen Werte missachten, die Europa an sich ablehnen, sollte man sehr kritisch betrachten – egal ob sie nun von rechts oder von links kommen.

Was würden Sie den Christen in Niedersachsen mit auf den Weg geben zur Europawahl im Mai?

Zunächst einmal, gehen Sie hin zur Wahl, nehmen Sie an der Wahl teil und geben Sie Ihre Stimme für Europa. Begleiten Sie positiv, aber durchaus kritisch die Veränderungen, die Zukunft und die Reformen. Aber zunächst würde ich unseren Christen auch mal sagen. Seid selbstbewusst. Wir müssen uns als Christen nicht verstecken, sondern dürfen und müssen unsere Stimme in Europa erheben.

Interview: Edmund Deppe