Pilotprojekt des Gymnasiums Oesede

Verantwortung als Schulfach

Image
Mehrere Seniorinnen sitzen mit einer jungen Schülerin am Tisch und spielen Memory
Nachweis

Fotos: Thomas Osterfeld

Caption

Ein Schulprojekt, das gut ankommt: Schülerinnen und Senioren kommen sich beim Spielevormittag im Paulusheim näher. Fotos: Thomas Osterfeld

Nachhaltiges Handeln steht für Schüler aus Oesede im Osnabrücker Land auf dem Stundenplan. In Projekten bringen sie sich für die Gesellschaft ein – zum Beispiel im Seniorenheim.

Aufmerksam reckt Margaretha Geschke den Kopf. Das Motiv der Kartoffelreibe hat sie schon einmal gesehen. Zielsicher greift die Seniorin eine weitere Memorykarte vom Tisch. Die zweite Reibe erscheint, macht das Pärchen komplett. Lächelnd legt sie beide Karten beiseite und betont stolz: „Hier muss man den Kopf gebrauchen.“

Seit ein paar Wochen lebt die 87-Jährige im Paulusheim, einer Altenpflegeeinrichtung der St.-Elisabeth-Pflege in Osnabrück. An diesem Vormittag haben die Senioren jungen Besuch: Fünf Schülerinnen des Gymnasiums Oesede sind zu einem Spielevormittag in die Einrichtung gekommen. Die Spiele haben sie zuvor passend ausgesucht. So ist das Memory, das die 15-jährige Lina an einem der Spieltische anbietet, extra groß und besteht aus dicken Holzkarten, die gut zu greifen sind. Die Motive sind den Bewohnern durchaus bekannt. Es sind Bilder von früher „damit sie sich erinnern können“, erklärt die 14-jährige Marie, die gerade am Nachbartisch spielt.

Das Leben hört im Pflegeheim nicht auf

Ein Tisch mit Memorykarten
Die Memorykarten sind extra groß und dick, damit die Senioren sie besser greifen können.

Es wird viel gelacht und gescherzt an diesem Vormittag. Ob beim Memory, bei Kartenspielen, beim Erzählspiel oder beim Pantomime-Raten – alle tauschen sich aus über Vorlieben, Erfahrungen, Erlebnisse, Harry Potter und Rosamunde Pilcher. Anne Brand-Zaier, die Leiterin der Betreuung im Paulusheim, freut sich: Dieser Austausch zwischen Jung und Alt sei ganz wichtig, sagt sie. Mit zwei Kolleginnen ist sie dabei und schafft Sicherheit für die Bewohner, die den frischen Wind und die junge Gesellschaft sichtlich genießen. „Das Leben hört im Pflegeheim nicht auf“, betont die Betreuerin und freut sich, dass beide Seiten dies an diesem Vormittag so intensiv erleben.

Hintergrund des Angebotes ist ein Pilotprojekt des Gymnasiums Oesede für den neunten Jahrgang. Unter dem Titel „Verantwortung übernehmen“ steht für die Schüler ein halbes Jahr lang jeden Montag eigenverantwortliches Arbeiten in sozialen oder nachhaltigen Projekten auf dem Stundenplan. Lehrerin Mareen Nykamp erklärt: „Die Schüler sollen Selbstwirksamkeit erfahren, Erfahrungen machen. Es ist sehr schön, zu sehen, wie selbstständig sie arbeiten, wenn man ihnen den Freiraum hierfür gibt. Sie lernen fürs Leben, übernehmen Verantwortung für die Gesellschaft.“

Offenheit für Neues bei Jung und Alt

Lina, Marie, Clara, Paula und Julia war gleich von Beginn an klar, dass sie sich in einem Seniorenheim einbringen möchten. Sie alle spielen gerne. Umso erstaunter hören sie, dass die Bewohner selbst in ihrer Jugend zum Spielen gar keine Zeit hatten. „Wir haben eigentlich immer gearbeitet. Das war früher so“, erzählt die 87-jährige Lieschen Witte, während sie sich bemüht, das Spiel „Skyjo“ kennenzulernen. Die 14-jährige Paula hilft ihr. Schmunzelnd beugt sich die Seniorin zu ihr rüber und scherzt: „Ein kleines Abitur braucht man ja hierfür.“

Nicht nur die Schülerinnen entdecken im Paulusheim eine Welt, die sie bisher nicht kannten, auch die Senioren lassen sich auf neue Spiele und Gespräche ein. Lina erzählt: „Wir haben so viel Spaß, ich hätte nicht gedacht, dass die Senioren so mitspielen können.“ Und Julia ergänzt: „Ich bin überrascht, wie sehr sich die Senioren gefreut haben.“ Mit Applaus und guten Wünschen werden sie verabschiedet. Seniorin Edith Bormann betont: „Das Projekt kann man nur unterstützen. Ihr könnt gerne wiederkommen!“

Astrid Fleute