Auf ein Wort

Von Adlern und Enten

Wer mit falschen Erwartungen an etwas herangeht, macht sich das Leben manchmal schwer. So hoffen wir auch, dass Gott nichts von uns erwartet, was uns überfordert.

Vor einigen Jahren stolperte ich über den netten Buchtitel „Schick keine Enten in die Adlerschule!“, eines dieser typisch amerikanischen Management-Bücher. Ich musste schmunzeln und dachte nur „wie wahr!“ – manche Probleme entstehen wirklich erst dadurch, dass man versucht, aus einer Ente einen Adler zu machen. Aber das wird nicht klappen, und Enttäuschungen sind dann quasi schon vorprogrammiert. Eine Ente wird nie fliegen lernen wie ein Adler – und ein Adler nie so schwimmen und tauchen wie eine Ente.

Die Erkenntnis aber ist nicht neu, sondern mindestens schon zweitausend Jahre alt: Von Disteln pflückt man keine Feigen, und vom Dornstrauch erntet man keine Trauben. Jesus ist da ziemlich realistisch. Und auch als er seine Jünger aussendet, bereitet er sie darauf vor, dass man sie an manchen Orten nicht aufnehmen und ihnen nicht zuhören wird. Wenn ich mit falschen Erwartungen an etwas herangehe, kann ich mir das Leben manchmal wirklich selbst schwer machen.

Und deshalb hoffe ich auch, dass Gott genau so mit mir umgeht: Er wird nichts von mir erwarten, was ich nicht kann oder mich überfordert. Mich weiterentwickeln im Rahmen dessen, was mir möglich ist – ja! Aber was in mir nicht grundgelegt ist, muss ich auch nicht gewaltsam erzwingen. Ich darf die sein und werden, die ich bin und sein soll. Welch eine Einladung zur Ich-Werdung, gerade zum Beginn der Fastenzeit!

Ach, übrigens: Auch wer sich von Kirche schon das Himmelreich erwartet, könnte eventuell enttäuscht werden.

Andrea Schwarz