Anstoss 12/2018

Vorfreude auf Ostern

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Die Fastenzeit tritt ihren Endspurt an und in mir wächst die Freude auf Ostern. Zu Beginn der Fastenzeit nahm ich mit Erstaunen wahr, dass mir der vorgenommene Verzicht gar nicht schwerfällt.


Vom ersten Tag an stellte er sich für mich als großer Gewinn dar. Mir zu beweisen, wie gut oder dass ich überhaupt auf bestimmte Dinge verzichten kann, darum ging es mir gar nicht. Ich fühlte mich irgendwie festgenagelt, nur noch auf der Stelle tretend.
Du musst etwas ändern, dachte ich mir – und Aschermittwoch war genau richtig, um dies zu beginnen. Und nun ist es, im Bild gesprochen, als ob mich jemand auf ein anderes Gleis gesetzt hat. Die Schienen führen in die gleiche Richtung, aber sie sind frei von Hindernissen, die eine Reise unnötig erschweren oder sogar blockieren. Ich bekam freie Sicht – auf mich, mein Verhältnis zu Gott und zu meinen Mitmenschen. Unglaublich, was es da alles zu entdecken gibt, im Positiven wie im Negativen.
Etwa ab Hälfte der Fastenzeit regte sich ganz zaghaft die Vorfreude auf Ostern, die nun mit jedem Tag wächst. Christen haben ein unschätzbares Privileg: Uns ist der nachösterliche Blick geschenkt, wir wissen um die Auferstehung Jesu. Für uns gibt es, anders als zum Beispiel für die Mutter Jesu an jenem ersten Karfreitag, zwei Sichtweisen auf das Kreuz. Es ist das Zeichen für grausame Qualen und Tod und zugleich das Zeichen für Heil und Leben.
Jetzt, wo die Karwoche beginnt, muss ich oft an Maria, die Mutter Jesu denken. Es muss ihr das Herz zerrissen haben, ihr Kind so grausam behandelt und qualvoll sterben zu sehen. Ohne das Wissen um Ostern. Erst eine gefühlte Ewigkeit später, die in unsagbarem Schmerz und Trauer auszuhalten war, kommt (österliches) Licht ins Dunkel.
Aus dem Licht von Ostern her werden Schmerz und Leid nicht harmloser oder gar aufgehoben, aber dieser österliche Blick befreit. Er befreit mit allen Konsequenzen zu einem Leben, in dem der Tod nicht das letzte Wort hat. Er befreit zu einem Leben ohne den Drang, alles mitnehmen zu müssen. Er befreit zu ... nun, das möge und kann jeder für sich selbst herausfinden.

Andrea Wilke, Erfurt