Begegnungstag in Mainz

Wenn Wünsche hartnäckig sind

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Pilotin, Sportler oder Lehrerin? Über Berufswünsche und Berufung sprechen Firmbewerber beim Begegnungstag in Mainz. Einige von ihnen treffen einen Priesteramtskandidaten und eine Wissenschaftlerin, die Flüchtlingen hilft. Von Nicole Weisheit-Zenz.

 


Priesteramtskandidat Alexander Deick (links) im Gespräch mit einer Gruppe Firmbewerber und ihrer ehrenamtlichen Begleiterin Claudia Denz

Bändchen an den Händen sind ihr Erkennungsmerkmal: Nicht als „All inklusive“-Reisende sind die jungen Leute unterwegs, die aus dem Mainzer Dom in die Altstadt strömen. Sie nehmen teil am Begegnungstag der Firmbewerberinnen und -bewerber. Nach dem gemeinsamen Auftakt mit Bischof Peter Kohlgraf machen sie sich in kleinen Gruppen auf den Weg. Begleitet von ehrenamtlich Aktiven wie Claudia Denz (Foto oben) treffen sie auf unterschiedliche Menschen, die in ihrem Beruf oder ihrer Tätigkeit Berufung erleben.

„Ich bin der Alex“, stellt sich Alexander Deick, Jahrgang 1999, einer Gruppe vor und fragt interessiert in die Runde: Wer ist in der Gemeinde aktiv? Und wer mag Musik? Beides ist auch ihm sehr wichtig, von jungen Jahren an. Während die Spätsommersonne durch die Blätter eines alten Baums scheint, sind die jungen Leute eingeladen, kurz von sich zu erzählen: Was hat man ihnen nahegelegt, später mal zu werden? Basketballer oder Pilotin, Lehrerin oder Laborantin, sagen sie lachend. Manches fühlt sich anscheinend gut an, von anderem nehmen sie lieber Abstand. 

Mathematik hätte ihn gereizt oder auch Jura, erinnert sich Alexander Deick. Doch eher wegen Geld und Ansehen, gesteht er offen ein. Nachdem er 2017 sein Abitur in der Tasche hatte, begleitete er einen Freund nach Kanada, für ein Jahr „Work and Travel“, arbeiten und reisen. „Toll war, dass keiner um mich herum war, der mir gesagt hat, was ich machen soll“, sagt er, und ein schelmisches Lächeln scheint aufzublitzen. „Was ist mir wirklich wichtig im Leben?“, habe er sich gefragt. Weitgehend ohne äußere Einflüsse reifte eine Entscheidung, die ihre Wurzeln hatte in seiner Kirchengemeinde im rheinhessischen Nackenheim. Dort engagierte er sich in der katholischen Jugend, machte Musik, gehörte zum Pfarrgemeinderat.

„Priester werden“, lüftet er das Geheimnis, „dieser Wunsch hat mich nicht mehr losgelassen.“ Was einem wirklich am Herzen liegt, findet er, komme immer wieder zu einem. Und wie hat sein Umfeld darauf reagiert? „Ganz cool“ fanden das Freunde. Per Videokonferenz teilte er seinen Entschluss den Eltern mit. Sie mussten sich erst fassen, doch sicherten ihre Unterstützung zu, sagt Alexander Deick. „Hauptsache, du bist glücklich“: Dieser Zuspruch habe ihn ermutigt, neben dem Rückhalt aus der Gemeinde und der Hoffnung, dass später seine Brüder für die erhofften Enkelkinder sorgen. „Das heißt also: Nicht heiraten, nicht Vater werden?“, fragt eine Firmbewerberin nach. „Eine eigene Familie zu gründen war schon ein großer Wunsch“, sagt der junge Mann. „Doch ich kann mir vorstellen, diesen unerfüllt zu lassen, um Priester zu sein.“

Ein neuer Gast kommt in die Runde. „Wir sind alle auf dem Weg, unsere Berufungen zu finden“, sagt die engagierte Frau, Jahrgang 1983, die mit vollem Namen Dr. Julia-Maria von Schenck zu Schweinsberg-Berlandi heißt. Als Gräzistin, Sprach- und Literaturwissenschaftlerin für Altgriechisch, forscht und lehrt sie an der Mainzer Universität. Sie verbringt gerne Zeit in Griechenland, nicht nur zum Studium alter Quellen oder für entspannte Urlaubstage, sondern um Flüchtlingen zu helfen. Dazu motiviert hat sie, dass ihr Großvater damals jüdischen Mitmenschen bei der Flucht half. Und eine ihrer liebsten Bibelstellen, aus Matthäus 25, ist folgende, als Jesus sagt: „Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ 

Im Jahr 2015 sammelte die Wissenschaftlerin Spenden und nahm allen Mut zusammen, um praktisch zu helfen, in einer Obdachlosenküche in einem Stadtviertel von Athen. „Ich hatte ein volles Herz, doch leere Hände“, erinnert sie sich an ihre Hilflosigkeit. „Ich konnte nichts tun gegen die Ursachen des Kriegs, den Flüchtlingen kein Haus geben – jeder Tag brachte neue Herausforderungen.“ 

Trotz allem, erzählt Julia von Schenck rückblickend, habe sie sich zur richtigen Zeit am rechten Ort gefühlt. „Ich habe mich Gott nahe gefühlt, wenn ich die Menschen angeschaut habe.“ Schon die Frage „Wie geht es dir heute?“ habe Wunder bewirkt. Hatte sie keine Angst, wollen einige Jugendliche wissen. Ihre Botschaft an die Jugendlichen: „Es gibt einen, der auf jeden Fall mitgeht, wenn ihr etwas wagt.“