Bechers Provokationen
Wer entscheidet übers Geld?
Unsere Provokationen suchen nach der Glut unter der Asche. Heute geht es ums Geld. Und um die Frage, wie eine gerechte Verteilung von Kirchensteuern, Kollektengeldern oder Spenden auf alle Kirchorte gelingen kann. Von Johannes Becher.
Es muss nicht immer zum Skandal kommen, damit in der Kirche übers Geld gestritten wird. Klar, wenn es um Bauprojekte und riesige Summen geht, dann herrscht allerorten die Einsicht, dass das ohne Transparenz und Kontrolle nicht mehr praktiziert werden darf. Doch weit ab vom Skandal diskutieren Katholiken immer wieder ums Geld. Gerade in den Prozessen von Fusionen zur Großpfarrei wird das Beharren einzelner Gemeinden auf ihren Besitztümern oft zum Streitpunkt. Wer hat, der mag ungern alles in den gemeinsamen Topf geben. Nicht selten wird dann noch flugs eine Stiftung für den eigenen Kirchturm gegründet.
Doch ist das verwerflich? Fragwürdig sicher, wenn es lediglich ums eitle Sitzen auf dem eigenen Geldsack geht; verständlich, wenn gemäß kirchlichem Subsidiaritätsprinzip gedacht und gehandelt wird. Dass nämlich möglichst viel auf der unteren Ebene entschieden werden kann und soll. Die höheren Etagen werden lediglich unterstützend aktiv.
Welche Geldmittel stellt ein Bistum seinen Gemeinden zur Verfügung, wer entscheidet wo und wie über Bauanträge und Personal? In diesen Fragen hat Bernhard Emunds, Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der Hochschule Sankt Georgen, eine klare Meinung: Er will eine „Vorfahrt für Eigenverantwortung“. Aufgaben, die eine kleine soziale Einheit gut selbst erfüllen kann, müssten an der Basis verbleiben. Emunds: „Nur so bleibt die Basis lebendig und es werden lebensnähere Entscheidungen getroffen.“ Der Leiter des Oswald von Nell-Breuning-Instituts sieht die „Dominanz der diözesanen Zentralen in der deutschen katholischen Kirche“ deshalb kritisch. „Wie ein Komapatient“ hänge die Basis am Finanztropf der jeweiligen Bistumsleitung.
Emunds machte seine Anmerkungen im Umfeld des 1. Frankfurter Stadtkirchenforums 2016. Damals waren dort mehr als 200 Katholiken zusammengekommen, um mehr Mitspracherechte von Laien und Gemeinden einzufordern. Zum Beispiel „mehr Eigenverantwortung für die Kirchorte, Pfarrgemeinden und Stadtkirche in Finanz- und Personalangelegenheiten“. Es sollten Budget- und Personalressourcen zur Entscheidung an den Ort übertragen werden – „ohne Genehmigungsvorbehalt auf höherer Ebene“.
Im Klartext: Viele Engagierte an Kirchorten und in Pfarreien ärgert es, dass sie sich von einer als ortsfremd und langatmig empfundenen Bürokratie in der Bistumszentrale bevormundet fühlen.
Die Diözesen halten dagegen, dass es ihnen um das Wohl des ganzen Bistums und um den Ausgleich zwischen ärmeren und reicheren Gemeinden geht.
Dieser Spagat könnte in Zeiten leerer werdender Kassen noch schwieriger werden. Aber es muss darüber gesprochen werden.
Übernächste Woche (4. November): Im Glanz der Geweihten – Schluss auch mit dem Laien-Klerikalismus
Zitiert: Warum geht die Kirchensteuer nicht direkt an die Gemeinden?
„Ein solches System hätte zur Folge, dass eine Kirchengemeinde, in der leistungsstarke Personen wohnen, mehr Geld zur Verfügung hätte als eine Gemeinde, in der viele Arbeitslose und Geringverdiener wohnen, die nur wenig zur finanziellen Sicherstellung ortskirchlicher Aufgaben beitragen können. Die Verwaltung der Kirchensteuer durch ein Bistum und ihre Verteilung nach sachgerechten, allgemeingültigen Schlüsseln nach Vorgaben des Kirchensteuerrates garantiert jeder Gemeinde eine angemessene Grundausstattung, unabhängig vom Kirchensteueraufkommen in ihrem Bereich.“
aus den „Informationen zum Thema Kirchensteuer“ des Bistums Mainz