Anfrage
Wie viele Lesungen braucht die Familienmesse?
In unserer Gemeinde kommt es immer wieder zu Debatten, wie viele Lesungen am Sonntag vorgetragen werden sollen, auch zum Beispiel in einer Familienmesse. Wie sind da die Regelungen?
Die Liturgiereform des 2. Vatikanischen Konzils hatte mehrere Anliegen. Ein sehr wichtiges war, die Verkündigung des Wortes Gottes zu stärken, „auf dass der Tisch des Gotteswortes reicher bereitet werde“, wie es etwas lyrisch heißt.
Deshalb ist im neu entstandenen Lektionar nicht nur die Vielfalt der Lesungen größer geworden, sondern auch ihre Anzahl. So sind an Sonn- und Feiertagen drei Lesungen vorgesehen, von denen (außer in der Osterzeit) eine aus dem Alten Testament stammt, eine aus den Evangelien und eine aus dem übrigen Neuen Testament.
In Deutschland hat sich die Drei-Lesungen-Regel, die übrigens auf die Alte Kirche zurückgeht, nie durchgesetzt – anders als in den meisten anderen Ländern. Mit Erlaubnis aus Rom heißt es deshalb im Messbuch: „An Sonn- und Feiertagen sind als Norm vor dem Evangelium zwei Lesungen vorgesehen. Wo aus pastoralen Gründen nicht beide vorgetragen werden können, ist es gestattet, eine von ihnen auszuwählen.“ Wer über diese pastoralen Gründe entscheidet – Pfarrer, Zelebrant, Pfarrgemeinderat –, bleibt allerdings offen. Zweifellos etwas, das zu Streit führen kann.
Für Familienmessen greift außerdem das „Direktorium für Kindermessen“. Gemäß Nr. 42 darf man die drei Lesungen des Sonntags auf zwei oder auch nur auf das Evangelium reduzieren.
Nach Nr. 43 ist es zudem erlaubt, „mit Rücksicht auf das Verständnis der Kinder ... den einen oder anderen Vers der biblischen Lesung auszulassen“. Und als letzte Möglichkeit gilt: „Wenn alle Tageslesungen für die Kinder wenig geeignet erscheinen, dürfen die Lesungen beziehungsweise die Lesung beliebig aus dem Lektionar oder aus der Heiligen Schrift ausgewählt werden.“
Der Ehrlichkeit halber muss man allerdings sagen: Als das Direktorium 1973 entstand, dachte man vor allem an eigene Messen (nur) für Kinder, nicht an den einen und einzigen Gemeindegottesdienst des Sonntags, der als Familienmesse gestaltet ist. Wie man hier die freieren Regeln umsetzt? Auch darüber lässt sich streiten.
Von Susanne Haverkamp