Wie eine Schönstatt-Schwester die australischen Buschfeuer erlebt
Wind trieb Asche ins Haus
Bilder der Buschfeuer sind um die Welt gegangen. Schlagzeilen wie „Australien steht in Flammen“ beunruhigen. Im betroffenen Gebiet lebt Marilena Völler, Schönstätter Marienschwester und Abonnentin von „Glaube und Leben“. Von Anja Weiffen.
Kolleginnen erinnern sich an sie. Vor einigen Jahren war Schwester Marilena Völler zusammen mit einer Mitschwester in der Redaktion von „Glaube und Leben“ in Mainz. Zwei kleine Koala-Figuren hinterließ die treue Leserin der Bistumszeitung als kleine Aufmerksamkeit und Zeichen der Verbundenheit über Kontinente hinweg.
Marilena Völler lebt im Säkularinstitut der Schönstätter Marienschwestern in Mulgoa, in der Nähe von Sydney an der australischen Ostküste. 63 Jahre lang ist Australien schon ihr Zuhause „und ich bin mit meinen 90 Jahren noch aktive Schneiderin für alle Belange unserer Gemeinschaft“, schreibt sie. Auf unsere Anfrage per E-Mail, wie sie gerade die Situation in Australien erlebt, antwortet sie ausführlich.
„Man kann leicht in der Falle sitzen“
„Ich habe die Brände in unserer unmittelbaren Umgebung seit Ende Oktober bis zum ersten Regen seit vielen Monaten am 16. Januar verfolgt. Die Lage unseres Schönstatt-Zentrums am Fuß der Blue Mountains ist wohl landschaftlich sehr schön, aber bei Brandgefahr unsicher. Unsere sechs Kilometer lange Straße hat keine Fluchtwege und endet im ,Busch‘ an einem Kliff etwa 150 Meter über einem Fluss entlang der Blue Mountains. Man kann leicht in der Falle sitzen, wenn uns die Zufahrt zur nächsten größeren Straße versperrt ist, wie es zwei Tage vor Weihnachten geschah, als ein Feuer unterhalb unseres Zentrums bei 46 Grad Hitze ausbrach und einen Stromausfall für vier Stunden verursachte. Die Feuerwehr war sogleich zur Stelle und konnte das Feuer noch rechtzeitig löschen.“
Seit Oktober war die Gemeinschaft von gewaltigen Bränden nördlich, westlich und südlich des Zentrums bedroht, die sich je nach Windrichtung näherten. „Tagelang waren wir in dichten Rauch gehüllt“, schreibt die Ordensfrau. „Der Wind trieb Asche in unser Haus. Und als die Temperaturen bis 48 Grad stiegen mit 50 Stundenkilometer Wind Geschwindigkeit, wurden wir vor glühender Asche gewarnt, die im Nu die total ausgetrocknete Natur um uns herum entzünden könne.“ Sie schildert dieses Ereignis genau: „An dem Tag hatten wir fünf unserer ältesten Schwestern – ich war auch dabei – in einem sicheren Haus in der Nähe des Meeres unterbringen können. Wegen der bedrohlichen Feuergefahr waren wir alle in ständiger Alarmbereitschaft, hatten unseren Evakuierungsplan bereit und eine Tasche mit wichtigen Papieren und dem Allernotwendigsten gepackt. Nicht viel kann man mitnehmen, wenn man dem Feuer entrinnen will.“
Bilder großer Hilfsbereitschaft der Menschen untereinander gingen durch die Medien. Marilena Völler erzählt von ihren Erfahrungen: „Wir haben des Öfteren erlebt, dass Leute bei uns anriefen, sich nach unserem Befinden erkundigten, uns im Fall einer Evakuierung ihr Haus anboten und zu jeglicher Hilfe bereit waren.“ Die Arbeitsgemeinschaft religiöser Gemeinschaften habe zu einer Hilfsaktion von Geldspenden zur Unterstützung der Menschen in den Trockengebieten des Landes aufgerufen, schreibt sie.
Trotz aller Gefahren die Hilfe Gottes erlebt
„Die Angestellten unseres Hauses haben auf gegenseitige Geschenke an Weihnachten verzichtet und machten Päckchen für Frauen in den von Dürre betroffenen Gebieten, um ihnen und ihren Familien vor allem in der Weihnachtszeit eine kleine Freude zu bereiten. Es war erstaunlich, mit welch großem Eifer sich alle, auch wir, an dieser Paketaktion beteiligt hatten.“
Auf die Fragen, ob sie sich Sorgen macht, ob sie Hoffnung hat, schreibt Schwester Marilena: „Trotz aller Gefahren erlebt man in Australien die Nähe und Hilfe Gottes und so viel Schönes und Gutes durch die Menschen. Wo menschliche Hilfe bei der Weite und Größe und Vielfältigkeit des Landes unzulänglich ist, spürt man das Wirken Gottes und den Schutz der Gottesmutter. Das ist meine Erfahrung, die Ursache meiner Freude und Dankbarkeit in meinem Leben in Australien.“
Zitiert: Das Ende von "take it easy"
In Australien wird ähnlich wie in Deutschland und weltweit diskutiert, inwieweit aktuelle Extremwetterereignisse bereits Folge der Erderwärmung sind. Auch zu dieser Frage nimmt Schwester Marilena Völler Stellung.
„Als 90-Jährige überlasse ich Debatten über heikle Themen wie Klimawandel gerne anderen. Aus eigener Erfahrung weiß ich jedoch, dass in den letzten Jahren die Temperaturen gestiegen sind. Die Winter sind milder geworden, die Sommer weisen Temperaturen von 40 bis 50 Grad auf, der Regen bleibt monatelang aus. Und wenn es schließlich regnet, ist es in vielen Gegenden wolkenbruchartig. Es ist klar, dass der Klimawandel das Feuer nicht verursacht, aber dass das wärmere, trockenere Klima dazu beiträgt, dass die Buschfeuer häufiger und intensiver sind.
Viele Australier haben ihre eigene Meinung über die Ursache der Katastrophe, die wir gerade erlebten. Man sagt, die Regierung sei Schuld, die die Feuerwege durch die Blue Mountains nicht frei halte. Wegen der Sorge um die Umwelt dürfe das Unterholz und Gestrüpp nicht entfernt werden, das jedoch sehr schnell entbrennt und Löscharbeit im dichten Busch fast unmöglich macht.“
Auf die Frage, wie sie persönlich die Situation in Australien erlebt, sagt die Ordensfrau Folgendes:
„In den 63 Jahren meines Lebens in Australien habe ich schon manch eine Naturkatastrophe erlebt, auch ein Feuer 2001, das genau hinter unserer Schönstatt-Kapelle Halt machte. Damals flohen wir im Auto davon, entlang brennender Bäume, die die Straße säumten. Mit meinen Mitschwestern bin ich in gewisser Hinsicht Australier geworden, die gelassen das hinnehmen, was sie nicht ändern können. So sind wir alle an vieles gewöhnt, an die jährlich auftretenden Feuer, die langanhaltende Trockenheit und dann auch an die Überschwemmungen.
Aber dieses Mal spürt man, dass auch die Grenze der ,take it easy‘-Australier erreicht ist, da mehr als zehn Millionen Hektar Busch monatelang brannten und viel Wild vernichteten, Häuser in Flammen aufgingen und Menschen umkamen. Rinder und Schafe erstickten an dem vom Wind aufgewirbelten Staub der total ausgetrockneten Felder.“ (wei)