Exerzitien im Alltag

Zusage Gottes passt gut in diese Zeit

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Exerzitien im Alltag – wie kann das trotz der Corona-Einschränkungen in dieser Fastenzeit gehen? Viele Gemeinden entwickeln dazu kreative Ideen: mit Impulsen per Handy,Andachten am Telefon oder digitalen Treffen am Computer. Zum Beispiel in Meppen und in Melle.


Jeden Tag am festen Platz: In diesem Jahr gestalten sich die Exerzitien im Alltag etwas anders. Die Impulse kommen auch per Handy. Foto: privat

Exerzitien im Alltag, das ist für Anja Wolbers nicht neu. Noch vor zwei Jahren hatte die 51-Jährige aus Meppen-Versen dabei voller Freude mitgemacht – vor Corona, mit persönlichen Treffen im Pfarrheim. In dieser Fastenzeit hatte sie eher damit gerechnet, dass dieses Angebot wegen der Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen ausfällt – „wie so vieles in dieser Zeit“, sagt sie. Jetzt aber freut sie sich „total“, dass die Exerzitien in Meppen trotzdem gestartet sind – wenn auch etwas anders als gewohnt. 

Dafür haben die Gemeindereferentinnen Monika Spieker von der Pfarreiengemeinschaft Meppen-West und Petra Kleene aus Meppen-Ost gesorgt. Zum ersten Mal haben sie ein Konzept gemeinsam für die ganze Stadt erarbeitet.  Auch Mitglieder anderer Pfarreiengemeinschaften waren daher ausdrücklich dazu eingeladen. Neben Anja Wolbers nehmen über 30 Männer und Frauen in zwei Gruppen daran teil. 

Das Motto der Exerzitien 2021 heißt „Halt an, wo läufst du hin?“. Dabei haben  sich Spieker und Kleene an einem Zitat des deutschen Lyrikers und Theologen Angelus Silesius orientiert. Gerade in dieser Corona-Zeit können nach Ansicht der zwei Frauen Exerzitien „eine heilsame Unterbrechung und Neu-Orientierung bieten –  um manches ganz neu zu sehen, neu zu hören, um vielleicht dann auch anders zu leben, anders zu glauben“. Zum Start gab es ein Päckchen im Pfarrbüro, in der Kirche oder mit Abstand auch direkt an der Haustür: mal mit dem reich an täglichen Impulsen gefüllten Begleitheft, mal zusätzlich mit  kleinen Aufmerksamkeiten wie einem kleinen Kreuzaufsteller. Über diese Exerzitientüte hat sich Anja Wolbers sehr gefreut.

Natürlich findet sie es schade, dass die Präsenztreffen mit dem direkten, persönlichen Austausch in den nächsten Wochen nicht stattfinden können. „Aber ich bin einfach dankbar für die tolle kreative Lösung, die es stattdessen gibt.“ Und die besteht neben dem Begleitheft aus mehreren Bausteinen. Das sind zum Beispiel die „Anrufbeantworter-Andachten“: Jeden Mittwoch und Samstag können sich die Teilnehmer – und andere Interessierte – unter der Telefonnummer 0 59 31/9 25 08 90 kostenlos fünf Minuten lang biblisch motivierte Beiträge anhören. Monika Spieker und Petra Kleene sprechen diese Andachten selbst ein, „damit man auch unsere Stimmen wahrnimmt.“ Damit gab es nach Worten der zwei Frauen schon im Advent sehr gute Erfahrungen.

Einzelne Angebote - zeitunabhängig und flexibel

Ein weiteres Element ist eine Whatsapp-Gruppe. Darüber bekommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer regelmäßig Bilder, kleine Texte und ermutigende Impulse per Handy – um darüber nachzudenken oder auch sich kurz auszutauschen. Wer darüber hinaus ein längeres Gespräch wünscht, darf sich gerne bei Monika Spieker und Petra Kleene persönlich melden. „Vielleicht können wir dann telefonieren, uns auf Abstand treffen oder auch mal eine Videokonferenz machen.“ Und am Ende der Exerzitien, so hoffen die zwei Frauen, soll es eine Andacht in den jeweiligen Kirchen geben.

Anja Wolbers ist bisher begeistert von diesem etwas anderen Format. „Ich kann die einzelnen Angebote individuell für mich nutzen – zeitunabhängig und flexibel. Das ist für mich in dieser Zeit ideal und ich freue mich einfach auf die kommenden Wochen. Ich kann mich dann auch mal selbst anhalten.“

Auch Monika Walbaum von der Pfarrei St. Matthäus in Melle hat für Interessierte Exerzitien im Alltag zusammengestellt. 23 Personen haben sich angemeldet. Sie wollen sich in der Fastenzeit immer wieder aktiv Zeit für das Gespräch mit Gott nehmen. In diesem Jahr läuft das Angebot ebenfalls zum ersten Mal kontaktlos ohne die sonst üblichen wöchentlichen Treffen. Stattdessen können sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einmal wöchentlich immer montags das Material im Pfarrhaus abholen oder sie bekommen ganz bequem per E-Mail einen Internetlink zum Herunterladen zugeschickt. Für jeden Tag gibt es einen neuen Impuls, jede Woche ein übergeordnetes Thema. 

"Ich muss mich auch überraschen lassen"

In Melle dreht sich alles um das Motto „Fürchte dich nicht – lebe!“. Monika Walbaum hat sich dabei von einem Konzept des Bistums Bamberg in Kooperation mit dem lutherischen Kirchenkreis Bayreuth inspirieren lassen: „Diese Zusage Gottes passt sehr gut in die Corona-Zeit.“ Die Teilnehmer können sich dabei online in einer Videokonferenz treffen, neun oder zehn Personen aus der Runde machen dabei mit. In „Break-Out-Sessions“  kann die Gruppe dabei in noch kleinere Gesprächskreise aufgeteilt werden. So entsteht auch vor dem Computer eine vertrautere Atmosphäre, in der zu dritt oder viert gesprochen werden kann. 

Auch Einzelgespräche hatte Walbaum in den vergangenen Jahren immer angeboten – bisher wurde das aber nur „hin und wieder“ angenommen. Dadurch, dass die persönlichen Gruppentreffen in diesem Jahr wegfallen, erwartet Walbaum, dass nun vielleicht mehr Personen das Zwiegespräch suchen: „Aber ich muss mich auch überraschen lassen, das ist das erste Mal in dieser Form.“ Walbaum begleitet die Gruppe als Seelsorgerin durch die Erfahrungen, die sie mit den Impulsen macht, doch: „Begleitung heißt nicht, dass ich alles besser weiß, sondern dass ich mitgehe.“ 40 Tage lang.

Petra Diek-Münchow/Theresa Brandl