Gregor Engelbreth leitet Katholisches Büro Berlin-Brandenburg

Zwischen Kirche und Politik

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Ab dem 1. April leitet der Jurist Gregor Engelbreth das Katholische Büro Berlin-Brandenburg. Er freut sich darauf, katholische Positionen in die Gesellschaft hineinzutragen – und deren Anfragen zurück in die Kirche.

„Ich halte es für eine wichtige Aufgabe von Kirche, in den Dialog mit der Gesellschaft zu treten, auch wenn es für beide Seiten  manchmal unbequem ist. Wir müssen uns auch kritisch anfragen lassen– und zum Gespräch auf Augenhöhe bereit sein.“ So umschreibt Gregor Engelbreth seine Motivation, die Leitung des Katholischen Büros Berlin-Brandenburg zu übernehmen. Zum 1. April verlegt der „eingeborene Berliner“ seinen Schreibtisch aus dem Magdeburger Ordinariat, wo er seit 2016 Justiziar war, zurück in seine Heimatstadt. Er bleibt dem Bistum Magdeburg aber insofern treu, dass er auch dessen Interessen gemeinsam mit denen des Bistums Görlitz und des Erzbistums Berlin gegenüber dem Land Berlin und dem Land Brandenburg vertritt (siehe unten).

Will auf Augenhöhe in den Diskurs gehen: Gregor Engelbreth im Gespräch. | Foto: Walter Wetzler

Diplomatie, Rücksicht und Selbstbewusstsein
Begonnen hat der 56-jährige seine berufliche Laufbahn eigentlich ganz anders. Das Studium der Geschichte, Betriebswirtschaftslehre und der Rechtswissenschaften beendete er 1986 mit dem ersten juristischen Staatsexamen. In die Zeit des Referendariats fielen erste Kontakte mit der Führung der „Amtskirche“: Nach einer langwierigen Auseinandersetzung mit Kardinal Joachim Meisner trat 1987 der gesamte BDKJ-Diözesanvorstand zurück – und die Vertretung der organisierten katholischen Jugendarbeit wählte Gregor Engelbreth ein Jahr später zum  neuen Vorsitzenden. „In dieser Zeit war einerseits Diplomatie gefragt, andererseits war es nötig, die wichtige Rolle von Laien und Verbänden auch innerkirchlich selbstbewusst zu vertreten“, sagt er im Rückblick über das damalige Ehrenamt.
1988 heiratete Engelbreth seine Frau, die er schon seit Schulzeiten kannte. Ein Jahr später folgten beruflich die Aufnahme der Anwaltstätigkeit nach dem  zweiten Staatsexamen und privat die Geburt des ersten Sohnes. Insgesamt hat das Ehepaar heute fünf Kinder, von denen die beiden jüngsten noch zur Schule gehen und zuhause wohnen. 1995 zog die Familie um nach Berlin-Biesdorf. Durch das Engagement in der dortigen Kirchengemeinde Maria Königin des Friedens erfuhr der gebürtige West-Berliner, „dass die Benachteiligung der Christen in der DDR nicht nur eine abstrakte Folge eines totalitären Regimes war, sondern konkrete Personen  in meinem direkten Umfeld wegen ihres Eintretens für christliche Werte erhebliche Nachteile erlitten hatten.“

Kirchliche Kenntnisse mit dem Beruf verbunden
2010 wechselte er in eine größere Anwaltssozietät und arbeitete in den folgenden Jahren spezialisiert auf die Gebiete des Insolvenz-, Wirtschafts-, Steuer- und Strafrechts. Kirchlich blieb er in verschiedenen Gremien engagiert. Hierbei stellte er fest, dass es vielen Mit-Katholiken auch Jahre nach 1989 noch schwer fiel, auf die Gesellschaft außerhalb der Kirchenmauern zuzugehen. „In Diskussionsrunden mit anderen gesellschaftlichen Gruppen aus dem Bezirk Marzahn-Hellersdorf haben wir festgestellt, dass es neben Desinteresse und Ablehnung auch viel offenes Interesse an und Fragen zu unserem gesellschaftlichen Engagement gibt.“
2016 war dann wieder ein Jahr des Umbruchs: „Nach 25 Jahren Anwaltsdasein wollte ich meine Kenntnisse aus dem kirchlichen Ehrenamt mit meinen beruflichen Kenntnissen verbinden – und noch einmal ganz etwas anderes machen“, begründet er seine Wechsel auf die in Magdeburg ausgeschriebene Justiziarsstelle. In der Woche war er als Rechtsberater des Bistums nun in Magdeburg, am Wochenende zuhause bei der Familie in Berlin. Im Bistum Magdeburg erlebte Engelbreth in der praktischen Arbeit eine besondere Diaspora-Situation: Kaum vier Prozent der Sachsen-Anhaltiner sind katholisch – mit derzeit weiter fallender Tendenz. „Will man unter diesen Umständen auch im ländlichen Raum Pfarreien mit Bezug zum Sozialraum erhalten, sind neue Wege gefragt, zum Beispiel die Leitung von Pfarreien durch aus Laien bestehenden Teams. Vieles, was dort erarbeitet wurde, wird es mir leichter machen, auch in den ländlichen Räumen Brandenburgs gemeinsam mit den kirchlich und politisch Verantwortlichen zu überlegen, was wir als Kirchen tun können, um uns mit dem Gefühl des Abgehängt-Seins auseinanderzusetzen“ so Engelbreth.

Ehrenamtlich für Integration engagiert
Im gleichen Jahr wurde er in den Diözesanrat des Erzbistums Berlin gewählt und dort zum Leiter des Sachausschusses „Integration und Migration“. „Das war in dem Jahr natürlich ein ganz heißes Thema“, erinnert er sich. „In Anbetracht der Not der ankommenden Geflüchteten und des Sterbens auf dem Mittelmeer fand ich es nahezu unerträglich und mit der Botschaft Jesu Christi völlig unvereinbar, wenn selbst in katholischen Gremien vereinzelt vertreten wurde, die Position der Bischöfe und des Papstes sei weltfremd und wir Deutschen müssten unser Handeln ausschließlich an den Interessen unseres Volkes ausrichten.“
Bereits 2015 stand die Aufnahme einer Geflüchteten in der Biesdorfer Kirchengemeinde Maria Königin des Friedens zur Debatte. „Die Frage, ob wir ein Kirchenasyl anbieten oder zumindest eine leerstehende Wohnung im Pfarrhaus anbieten, war damals eine Herausforderung für die Gremien“, erzählt er: „Eine Frau, die kaum deutsch sprach und aus einer anderen Kultur kam.“ Nach einigem „Zucken und Zaudern“ hätten jedoch viele Gemeindemitglieder im Dezember 2015 engagiert mit angepackt, Möbel beschafft und alles hergerichtet. „Wenn Menschen in Lebensgefahr zu uns kommen, ist es unsere Aufgabe, uns zu kümmern“, ist er überzeugt. Beeindruckt habe es ihn, als der Papst sich bei seinem Besuch auf Lesbos „ganz klar, auch politisch“ zu dem Thema geäußert habe.
Politik und Kirche zusammenzubringen wird nun auch Engelbreths Aufgabe in Berlin und in Brandenburg sein. Mit als erstes werde ihn wohl die schwierige Frage von ausgewogenen Regelungen zum Tragen religiöser Symbole im staatlichen Dienst durch Neutralitätsgesetze beschäftigen, blickt er schon einmal voraus. Insgesamt sieht er seine Aufgabe darin, Mittler zwischen Kirche und Politik zu sein, Gesetzgebungsverfahren zu begleiten  und zu beurteilen, wo kirchliche Interessen betroffen sind. „Und kirchliche Interessen sind in Teilen auch dort berührt, wo es der Politik gar nicht bewusst ist“, betont der Jurist.
Am meisten freut er sich dabei auf den Diskurs: „Gut überlegte katholische Positionen in die Gesellschaft hineinzutragen – auch auf die Gefahr hin, dass wir als Kirche in manchen Themenbereichen massiv angefragt werden.“ Und, das betont er besonders: „Zu meinen Aufgaben gehört auch, solche Anfragen in die Kirche zurückzutragen. Bei vielen Fragen – etwa der Rolle der Frauen, Homosexualität oder der Mitbestimmung von Laien – werden wir zukünftig genau unterscheiden müssen, welche Antworten wir aus Glaubensüberzeugung geben und welche sich vornehmlich aus Tradiertem ergeben. Allein ‚Das haben wir schon immer so gemacht‘ ist weder sonderlich kreativ noch überzeugend.“

Zur Sache: Katholische Büros
Die Katholischen Büros sind die Verbindungs- und Kontaktstellen der katholischen Kirche und ihrer Bischöfe zu den jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Akteuren. Sie stellen die Auffassungen der katholischen Kirche nach außen dar, beobachten die gesellschafts­politischen Entwicklungen, geben Stellungnahmen insbesondere zu Gesetzesvorhaben ab und arbeiten den jeweiligen Bischöfen zu. Die Büros sind rein innerkirchliche Einrichtungen und staatsunabhängig. Eine ökumenische Zusammenarbeit pflegen sie mit den Evangelischen Büros.
In Berlin haben gleich zwei Katholische Büros ihren Sitz: Auf Bundesebene das „Kommissariat der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin“ unter der Leitung von Prälat Karl Jüsten und auf Ebene der Länder das Katholische Büro Berlin-Brandenburg, dessen Leitung Gregor Engelbreth in Nachfolge von Martina Köppen antritt.
 
Von Cornelia Klaebe