Ewige Profess bei den Zisterziensern in Neuzelle

Vorreiter in langer Tradition

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Porträt Zisterzienser Frater Christoph
Nachweis

Foto: Michael Burkner

Es wird ein ganz besonderer Tag werden, für Frater Christoph persönlich, aber auch für Neuzelle. Am 22. August legt der Zisterzienser seine ewige Profess ab und bindet sich damit ein Leben lang an die Gemeinschaft. Seine Profess ist die erste in Neuzelle seit 209 Jahren.

Er ist Vorreiter und steht zugleich in einer langen Tradition: Frater Christoph, 24 Jahre alt, schlank, kurze Haare, Vollbart. Die lange weiße Tunika und das schwarze Skapulier rascheln um seine Beine, wenn er mit flinken Schritten durch das Pfarrhaus von Neuzelle läuft. Das Ordensgewand verrät ihn als Zisterzienser – noch auf Zeit, bald für immer. Denn Frater Christoph feiert am 22. August seine ewige Profess, bindet sich also ein Leben lang an den Orden und seine Gelübde: Beständigkeit, Gehorsam und klösterlicher Lebenswandel – stabilitas loci, oboedientia, conversatio morum. Damit steht der junge Mann in der Nachfolge Vieler in Neuzelle – von 1268 bis zur Auflösung 1817 fanden hier wohl Hunderte Professfeiern statt – und er ist gleichzeitig ein Vorreiter: Es ist die erste ewige Profess im kleinen Ort nahe der Oder seit der Wiederbesiedlung des Klosters 2018.

Von Schwerin über Dresden nach Neuzelle

Als Frater Christoph erstmals mit den Mönchen in Neuzelle in Kontakt kam, hieß er Benedikt und war erst 19 Jahre alt. Damals, im Sommer 2020, studierte er Mechatronik in Dresden und stellte sich in der schwierigen Situation der Pandemie immer wieder die Frage nach seiner persönlichen Zukunft. Anbetung und Beichte gaben ihm dabei Halt und die Möglichkeit, „mit der eigenen Schuld und Vergangenheit konfrontiert zu sein“, wie er sich heute erinnert. Im Gespräch mit sich selbst und mit Gott konnte er zurückblicken, auf seine Kindheit und Jugend, die er in Schwerin verbrachte. Trotz seiner katholischen Familie und der katholischen Schule verschwand der Glaube Stück für Stück aus seinem Leben. „Es war die Dynamik meiner Generation, vielen ging es ähnlich“, sagt Frater Christoph und erinnert sich an seine Firmung, bei der die Geschenke und die Aufmerksamkeit für ihn im Mittelpunkt standen. Im Religionsunterricht wurde er „nicht abgeholt“, irgendwann ging er nicht mehr in den Gottesdienst und hörte auf, zu ministrieren. „Ich habe viel Zeit am Computer und im Internet verbracht, das gab wenig Raum für ein Leben in der Gemeinde“, gibt er heute zu.

Doch auch als „die innere Distanz zur Kirche groß war“, verschwanden Glaubensfragen nie gänzlich aus seinem Leben. Mit Videos verschiedener christlicher Prediger wurde „das innere Ringen lebendig gehalten“. Auch das benediktinische Klosterleben blieb eine Konstante, weil die Familie die Ostertage stets im Kloster Nütschau in Holstein verbrachte. So war es wohl glücklicher Zufall, vielleicht auch Gottes Fügung, dass Frater Christoph im Sommer 2020 auf der Suche nach seiner eigenen Zukunft ebenfalls zu einer benediktinischen Gemeinschaft, zu den Zisterziensern nach Neuzelle, kam und blieb.

Zwischen Heiligenkreuz und Neuzelle

Wenn Frater Christoph gefragt wird, warum er ausgerechnet in Neuzelle heimisch wurde, fallen ihm eine Reihe an Gründen ein: „Ich habe hier menschlich und geistig Halt gefunden. Das Zentrum ist das Gebet in der Stiftskirche St. Marien. Stundengebet, heilige Messe, Anbetung und Beichte haben mich sofort angesprochen.“ Auch der Klosterneubau im nahen Treppeln und die damit verbundene Aufbruchsstimmung war ein wichtiger Aspekt. „Das ist wie ein Motor, der mich innerlich bewegt“, erklärt er.

Der Weg in den Orden begann mit der sogenannten Kandidatur. „Das ist eine Zeit des Mitlebens. Man lernt Mönchsein, indem man es tut“, findet Frater Christoph. Parallel dazu brach er das Mechatronikstudium ab und begann das Theologiestudium an der Hochschule von Heiligenkreuz, dem Mutterkloster seiner Gemeinschaft, südwestlich von Wien. Die Situation der Pandemie und die damit verbundene Online-Lehre ermöglichte das Studium von Brandenburg aus. Ein Jahr später, mit dem Eintritt in das Noviziat, dem nächsten Schritt der Ordensausbildung, zog Frater Christoph dann doch in den Wienerwald. Gemeinsam mit vier anderen Novizen erlebte er dort ein intensives Jahr der Umstellung, mit neuem Gewand – ganz in Weiß – und neuem Namen. Aus Benedikt wurde 2021 Christoph. Wichtig war in dieser Zeit der enge Kontakt mit den Mitnovizen. „Mit manchen versteht man sich gut, mit manchen kommt man klar, mit manchen tut man sich schwer. Wir waren eine homogene Gruppe von Männern im gleichen Alter, die alle eine große Bereitschaft hatten, etwas auszuprobieren. Das hat geholfen“, blickt Frater Christoph zurück und erinnert sich dabei auch an einige Höhen und Tiefen: „Manchmal kommt man in ein Tal, in dem es dunkel wird, zum Beispiel, wenn der Eifer des Anfangs an seine Grenzen stößt. Aber wer dieses Tal überwindet, erreicht eine umso größere Weite.“ Im Sommer 2022 legte er die zeitliche Profess ab und versprach das Leben nach den Gelübden der Zisterzienser für drei Jahre. Anschließend übernahm er neben dem Studium verschiedene Verantwortungen im Stift Heiligenkreuz, besonders in der Bibliothek und im Garten.

Während der Zeit in Österreich war die Verbundenheit mit Neuzelle für Frater Christoph immer prägend. Hier verbrachte er die Semesterferien, die Oster- und die Weihnachtsfeiertage. Er ist dankbar für die Bandbreite an Gemeinschaftsleben, die er im Wechsel der beiden Orte erleben kann: „Stift Heiligenkreuz besteht seit fast 900 Jahren und ist eine große Gemeinschaft. Neuzelle befindet sich gerade in der Neugründung. Hier leben deutlich weniger Brüder, was auch andere Möglichkeiten bietet. Zum Beispiel wird gerade das lateinische Stundengebet überarbeitet und in der Liturgie ausprobiert“, erklärt er.

Die nächsten zwei Jahre wird Frater Christoph den Wechsel zwischen dem Studium in Heiligenkreuz und den Ferien in Neuzelle noch beibehalten. Aktuell richtet er seinen Blick aber voll auf die bevorstehende Professfeier. „Ich möchte mir immer wieder bewusst machen, dass die Gelübde kein Selbstzweck sind. Sie sollen mich Jesus Christus näherbringen und das Leben in der Gemeinschaft zur Verherrlichung Gottes ermöglichen“, sagt er. Denn das Zusammenleben empfindet er in der klösterlichen Lebensform als besonders intensiv und hilfreich. Mit der Gemeinschaft als Stütze kann Frater Christoph auf seine ewige Profess zugehen, in der Tradition Vieler vor ihm und als Vorreiter für vielleicht viele, die ihm ins Kloster Neuzelle folgen werden.

Michael Burkner
Die feierliche Profess findet am 22. August um 15 Uhr in der Stiftskirche Neuzelle statt. Im Anschluss gibt es einen Imbiss. Anmeldung: kontakt@mariafriedenshort.de
Der Förderverein organisiert zur Profess eine Busfahrt von Berlin nach Neuzelle. Infos und Anmeldung bei Bernhard Schodrowski (bs-presse@web.de oder 01 72 / 3 25 22 10)