Bibelwissenschaftler geben Buch heraus
73 leserfreundliche Ouvertüren
Vier Bibelwissenschaftler haben ein Buch herausgegeben, in dem die Bücher der Bibel beschrieben werden. „73 Ouvertüren“ richtet sich an Leser, die nicht vom Fach sind. Die Grundidee entstand durch ein Geburtstagsgeschenk.
Es ging auf den 50. Geburtstag von Georg Steins zu, als Freunde des in Osnabrück tätigen Bibelwissenschaftlers auf die Idee kamen, ihm ein außergewöhnliches Geschenk zu machen. Eine Art Festschrift sollte entstehen, in der zu mehreren Büchern des Alten und des Neuen Testaments Erläuterungen zu lesen sein sollten. Freunde des Jubilars ließen sich nicht lange bitten, aus ganz Deutschland fanden sich Bibelwissenschaftler, die etwas beitragen wollten. Nach dem Geburtstag hatten einige von ihnen den Gedanken, daraus ein Buch zu machen. Sie haben sich Zeit gelassen; im Februar wird Georg Steins nämlich schon 60 Jahre alt.
Egbert Ballhorn, Regina Wildgruber, Georg Steins und Uta Zwingenberger haben das Buch herausgegeben, das im Herbst 2018 im Gütersloher Verlagshaus erschienen ist. Die Liste der 50 Autoren geht von Norbert Baumgart, Professor für Exegese und Theologie des Alten Testaments an der Universität Erfurt bis zu Reinhold Zwick, Professor für Biblische Theologie und ihre Didaktik an der Universität Münster. Keiner der Autoren kommt ohne akademischen Grad daher, wer aber befürchtet, in dem Buch würden Vorlesungen abgedruckt, wird angenehm enttäuscht.
„Es geht uns um eine literarische Hinführung“
„Wir wollten keine wissenschaftliche Auseinandersetzung schaffen, es geht uns vielmehr um eine literarische Hinführung“, sagt Herausgeberin und Bibelwissenschaftlerin Regina Wildgruber, die im Osnabrücker Generalvikariat als Bischöfliche Beauftragte für Weltkirche tätig ist. Sie selbst schreibt über das Buch Daniel und zieht gleich eine Parallele in die heutige Zeit: das Buch nehme die Perspektive der Migranten ein, die aus ihrer Heimat geflohen sind oder verschleppt wurden. Das Buch erzähle „von Strategien, in der Bedrängnis Gott und sich selbst die Treue zu halten“.
Neben der Inhaltsübersicht zeigen die 73 Ouvertüren Vernetzungen innerhalb der Bibel auf, wenn Texte an anderer Stelle wieder eine Bedeutung erhalten. Sie gehen darauf ein, wie die biblische Geschichte bis heute in den Alltag hineinwirkt, was in der Literatur oder der Musik aufgegriffen wurde. Inhalte aus dem Buch Daniel finden sich zum Beispiel bei Hilde Domin oder Nelly Sachs, Georg Philipp Telemann steht für eine Vertonung des Inhalts.
73 Bücher der Bibel ergeben 73 Ouvertüren. Da ist es nicht leicht, das persönliche Highlight herauszupicken. Regina Wildgruber wagt es trotzdem: Der Beitrag von Wilfried Eisele über den Hebräerbrief hat es ihr angetan. „An den traut man sich sonst nicht gerne heran“, sagt sie, wirke er doch auf viele Leser verstörend, weil man eine antijüdische Einstellung entdecken kann. „Wilfried Eisele hat es aber in meinen Augen toll hinbekommen, das theologische Ringen deutlich zu machen.“ Und dann ist da noch der Beitrag über das erste Buch der Makkabäer, den sie herausheben möchte. Eigentlich eine „grausliche Geschichte“, wie Wildgruber es ausdrückt. Es geht um blutige Schlachten, um Mord und Intrigen, aber schon der Einstieg von Michael Tilly zeigt, wie locker er damit umgeht: „Wer alte Hollywoodwestern, Sandalenfilme oder die Fernsehserie ,Game of Thrones‘ mag, wird auch das Erste Makkabäerbuch lieben“, schreibt er. Das macht Lust, die Lektüre fortzusetzen.
„Dem Durchschnittsleser einen Zugang öffnen“
„Wir haben darauf geachtet, dass die Autoren leserfreundlich formulieren“, sagt Wildgruber. Deshalb der Verzicht auf wissenschaftliche Fachbegriffe, deshalb die Wahl einer einfachen Sprache. „So wollen wir dem Durchschnittsleser einen Zugang zum Buch öffnen“, sagt sie. Gedacht ist es für alle, die mehr wissen wollen über das, was in der Bibel steht. Aber auch für Profis, zum Beispiel Lehrer oder Prediger. Wer ein spezielles Interesse hat, wird das Buch eher nicht von vorne bis hinten durchlesen und dann in den Bücherschrank stellen. Man kann mittendrin fündig werden, wenn man im Sonntagsgottesdienst einen Lesungstext gehört hat und mehr dazu wissen will.
Matthias Petersen
Buchpräsentation im Forum am Dom
Am 24. Januar um 19.30 Uhr im Osnabrücker Forum am Dom (Domhof 12) können die Besucher mit den Herausgebern ins Gespräch kommen und Texte aus dem Buch hören. Das ist im Gütersloher Verlagshaus übrigens in die Sachbuchsparte einsortiert worden, was Regina Wildgruber besonders freut: „Weil es nicht bei der Theologie zu finden ist, wird es ein breiteres Publikum ansprechen, es kommt damit heraus aus der binnenkirchlichen Orientierung.“
„73 Ouvertüren – die Buchanfänge der Bibel und ihre Botschaft“; 704 Seiten, ISBN: 978-3-579-08237-0; 39 Euro