Chora-Kirche ist jetzt eine Moschee
"Affront für das Weltkulturerbe"
Nach der Hagia Sophia hat die türkische Regierung auch die christliche Chora-Kirche in eine Moschee umgewandelt. Nicht nur Kirchenvertreter kritisieren das scharf.
Rund einen Monat nach der Umwandlung der Hagia Sophia ist eine weitere Museumskirche in Istanbul nun wieder eine Moschee. Wie das Portal "Orthodox Times" berichtete, ordnete der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan an, die Chora-Kirche aus byzantinischer Zeit wieder für das islamische Gebet zu öffnen.
Die griechische Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou bezeichnete die Umwidmung auf Twitter als "Entstellung". Es handle sich um einen "provokativen Akt" der türkischen Staatsführung, der den "interreligiösen und interkulturellen Dialog" unterminiere.
Die griechische Kulturministerin Lina Mendoni sprach von einem "Affront für das Weltkulturerbe". Die Kirche sei eines der "bedeutendsten byzantinischen Monumente". Ihre Mosaiken und Fresken stellten "einmalige Kunstwerke" dar. Das Bildnis der Gottesmutter aus Chora finde sich weltweit in allen Büchern über byzantinische Geschichte und Kunst. Ähnliches gelte für das Mosaik des thronenden Christus. "Wir reden alle über den Dialog der Kulturen, über Konsens und Toleranz. Mit solchen Akten wie den jetzt vom türkischen Präsidenten gesetzten, geschieht ein Rückschritt", betonte Mendoni.
Die türkische Regierung wies die Kritik Griechenlands als "unverschämt" zurück. Die "Kariye-Moschee" in Istanbul sei ebenso kulturelles Eigentum der Türkei wie die im Juli gleichfalls umgewidmete Hagia Sophia, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Hami Aksoy. Der Schritt widerspreche auch nicht der Unesco-Konvention zum Schutz des Weltkulturerbes.
Moskauer Patriachat beklagt herablassende Haltung
Die Chora-Kirche stammt aus dem 11. Jahrhundert und ist weltberühmt für ihre Mosaike und Fresken. Nach der Eroberung Konstantinopels, des heutigen Istanbul, machten sie die Osmanen 1511 zu einer Moschee und deckten die christlichen Kunstwerke ab. 1958 erklärte der Staat die Kirche zu einem Museum und machte die Bildnisse wieder zugänglich. Das oberste türkische Gericht hatte im vergangenen Jahr die Umwandlung des Baus in eine Moschee zugelassen.
Bereits Ende Juli hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan die 1934 zum Museum deklarierte Hagia Sophia, einst die größte Kirche der Christenheit, bei einem islamischen Freitagsgebet offiziell wieder in eine Moschee umgewidmet. Der Schritt stieß international auf Empörung und heftige Kritik.
Als "schmerzlich und äußerst traurig" kritisierte das russisch-orthodoxe Moskauer Patriarchat das Verhalten der Regierung Erdogan. Auch in der Hagia Sophia gebe es keinen "freien Zutritt" mehr, um die Meisterwerke christlicher Kunst zu sehen, die "verhüllt bleiben". Zudem sei der Zutritt von Frauen "begrenzt". Es bestehe der Eindruck, dass die türkische Staatsführung weiterhin das Erbe des eroberten Oströmischen Reiches ignorieren wolle, das man offensichtlich als "fremd" betrachte. Christliche kulturelle Werte würden in der Türkei mit "kalter Gleichgültigkeit" und einer "herablassenden Haltung" behandelt.
kna