Muttertag am 12. Mai
An alle Mütter: Feiert euch!
Der Muttertag ist keine Erfindung der Floristen, sondern er ist tatsächlich entstanden, um Müttern zu danken, die Kinder großgezogen haben oder es immer noch tun. Und das ist auf jeden Fall ein Grund, zu loben und zu feiern.
Seit fast 100 Jahren wird in Deutschland am zweiten Sonntag im Mai der Muttertag gefeiert. Die Amerikanerin Anna Jarvis hatte sich nach dem Tod ihrer Mutter für einen Tag starkgemacht, an dem Mütter noch zu Lebzeiten geehrt werden. Mechthild Kleibrink, Leiterin der Fachklinik „Helena am Meer“ auf der Nordseeinsel Borkum, macht Müttern auch heute Mut, sich darauf einzulassen.
Ist es wichtig, den Muttertag zu feiern?
So wie den Muttertag sollten wir alle kleinen und großen Erfolge und Feste im Leben feiern. Es ist so selten geworden, dass man sich lobt und sich freut. Oft schauen wir nur auf das Negative, auf das, was nicht so gut läuft. Das laugt uns aus. Der Muttertag ist ein guter Anlass, den Blick zu ändern. Kinder werden sensibilisiert, achtsam und dankbar zu sein. Für sie und auch für die Mütter und Väter ist es wichtig zu sagen: „Das hast du toll gemacht.“ Karl Valentin hat einmal gesagt: „Ich gehe mich heute mal besuchen. Mal sehen, ob ich da bin und wie ich mich antreffe.“ Wir müssen lernen, wieder wertschätzender mit uns und miteinander umzugehen. Da bietet sich der Muttertag an!
Wie kann denn ein Muttertag zum Beispiel aussehen?
Kinder und Väter können ein Frühstück vorbereiten, im Garten einen Blumenstrauß pflücken, ein Bild malen. Also einfach aufmerksam sein. Darüber hinaus sollten Familien an diesem Tag ruhig etwas zusammen unternehmen, ihn bewusst leicht sehen. In unserer Einrichtung starten wir am Muttertag immer eine Aktion. In diesem Jahr gehen wir mit den Müttern und Kindern zur Leuchtturmwiese und spielen dort gemeinsam Spiele, anschließend wird gegrillt. Im vergangenen Jahr haben wir etwas Kreatives gemacht, mit den Kindern Bilder gemalt und überlegt, was Mama besonders gut kann, wofür sie danken möchten. So merken die Mütter, sie werden wertgeschätzt und die Kinder lernen, es auszudrücken.
Was stresst Mütter heute? Womit kommen sie zu Ihnen?
Die Mütter, die bei uns eine Kur machen, leiden eigentlich alle an einer psychischen Erschöpfung. Die Kraft ist weg, sie können nicht mehr schlafen, funktionieren nur noch, sind traurig und glauben nicht mehr an sich. Bei uns können sie zur Ruhe kommen, wieder Kraft schöpfen, Sicherheit bekommen. Sie lernen, bewusst eine Pause einzulegen und neue Prioritäten zu setzen.
Hängt das „Ideal Mutter“ zu hoch?
Es hat zumindest eine andere Bedeutung bekommen. Früher waren Mütter die Keimzelle der Familie, heute sind die Frauen so nebenbei auch Mutter und haben viele berufliche Verpflichtungen. Gerade Alleinerziehende leiden unter diesem Stress. Auch das Leistungsdenken im Hinblick auf das Muttersein hat sich verändert. Früher haben Kinder oft zu Hause gespielt, heute müssen sie nachmittags von einem Termin zum nächsten gebracht werden.
Ist Erziehung schwieriger geworden?
Viele Werte, die früher klar waren, werden heute infrage gestellt. Das verunsichert. Was heißt es, eine gute Mutter zu sein? Viele Mütter sind auf der Suche, das merken wir. Die meisten Teilnehmerinnen hat bei uns immer die Gruppe „Erziehungskompetenz“. Wir sagen hier: Kinder brauchen Liebe und Grenzen. Viele Mütter trauen sich aber nicht, Grenzen zu setzen oder sie setzen sie zu spät. Bei uns staunen sie dann, wie gut das funktioniert. Während der Kur führen die Frauen bei uns auch ein Erfolgstagebuch, in dem sie jeden Tag aufschreiben, was gut gelungen ist. Auch Medienkompetenz ist ein Schwerpunkt der Gruppe.
Ist die Kur auch eine handyfreie Zeit?
Bei uns sollen die Mütter das Handy zur Seite legen, Zeit für sich und für ihre Kinder haben, die Natur erleben, Meer, Strand, Sonne und Wind spüren, gemeinsam im Sand buddeln. Daher haben wir nur einen WLan-Bereich in der Wartezone und im Begegnungsraum, und das auch nur bis 22 Uhr. Oft sind die Mütter zu Beginn der Kur deswegen irritiert. Am Ende sagen die meisten: „Das war richtig gut.“ Und für zu Hause nehmen sie sich vor, auch Zeiten einzuführen, in denen das Handy einfach mal aus ist.
Was fordern Sie von der Politik?
Die Betreuungsplätze müssen nah dran sein. Viele Mütter haben weite Wege zur Arbeit, die gemeinsame Zeit reduziert sich sehr, bei uns dürfen sie Beziehung und Bindung neu lernen und gestalten. Auch wäre es sinnvoll, schon in den Schulen Erziehungskompetenz zu vermitteln. Wie erziehe ich? Wie gehe ich Beziehungen ein? Die Werteverunsicherung ist so groß, so dass hier bereits angesetzt werden müsste.
Wie kann Kirche Orientierung bieten?
Wir brauchen mehr lebendige Angebote und Feste für Familien mit anderen Methoden, damit Kinder sich bewegen können. Gemeinschaftserfahrungen sind wichtig, sie ermöglichen einen anderen Zugang zur Kirche und zum Glauben. Wir müssen viel mehr miteinander lachen, tanzen, uns bewegen. Kirche ist nicht nur für den Sonntagsgottesdienst gedacht. Bei uns erleben die Frauen Kirche als Kraftort. Wir laden sie ein, eine Kerze anzuzünden, Ruhe zu finden und miteinander zu singen.
Astrid Fleute