„Auch mein Weg war kurvig“

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Nach einem Germanistik-Studium wäre er vielleicht Lehrer geworden. Doch es kam anders. Szymon Nowaczyk bereitet sich auf seine Priesterweihe vor, die am 12. September in Hamburg gefeiert werden soll. 

Priesteramtskandidat Szymon Nowaczyk bei der Ansgar-Statue vor dem St. Marien-Dom
Szymon Nowaczyk am Ansgar-Denkmal vor dem St. Marien-Dom in Hamburg. Foto: Norbert Wiaterek

Nein, es gab keinen Auslöser, keine plötzliche Eingebung, kein denkwürdiges Aha-Erlebnis. „Der Wunsch, Priester zu werden, ist langsam gewachsen. Die Idee war immer mal in meinem Kopf. Es war aber doch ein schleichender Prozess. Rückblickend kann ich sagen: Ich war eigentlich schon mein Leben lang auf diesem Weg“, sagt Szymon Nowaczyk. Am Sonnabend, 12. September soll der 38-Jährige gemeinsam mit dem gebürtigen Berliner Ulrich Bork im Hamburger St. Marien-Dom zum Priester geweiht werden. Auf seine neuen Aufgaben bereitet sich Nowaczyk derzeit bei einem Kurs in Osnabrück vor. Kurz vor der Weihe sind noch Exerzitien geplant.

Nowaczyk, der als Diakon in der Pfarrei Heiliger Martin in Elmshorn wirkt, ist in einem katholischen Elternhaus in Polen, in Środa Wielkopolska südöstlich von Posen, aufgewachsen. „Ich erinnere mich zwar nicht mehr daran, aber meine Mutter hat erzählt, dass ich schon als Fünf- oder Sechsjähriger immer nah dran am Geschehen sein wollte und mich deshalb in der Kirche immer ganz nach vorne gesetzt habe, nah an den Ambo. Ich wollte genau sehen, was der Pfarrer da vorne macht, aus welchen Büchern er liest, welche Dinge zum Altar getragen werden. Ich musste immer alles im Blick haben“, erzählt der junge Mann. Auch als Ministrant gab es die Gelegenheit, dem Pfarrer „auf die Finger zu schauen“. Als Jugendlicher konzentrierte sich Szymon Nowaczyk dann jedoch mehr darauf, Noten zu lesen und Tasten der Orgel zum richtigen Zeitpunkt zu drücken.

Aber am Altar stehen und die heilige Messe zelebrieren? Nein, das konnte sich Nowaczyk damals noch nicht so richtig vorstellen. Er entschied sich nach dem Abitur für ein Germanistik-Studium – der Beruf Lehrer war eine Option – und dafür, ab dem Jahr 2006 die deutsche Sprache während eines Au-pair-Jahres „im evangelischen Deutschland“ zu lernen. Perfekte Bedingungen boten sich in einer Wismarer Gastfamilie mit vier Kindern. „In einer – so stellte ich zu meiner Überraschung fest – katholischen Familie. Ihr Haus steht nur wenige Meter von der katholischen Kirche entfernt. Aus dem Fenster meines Zimmers konnte ich den Kirchturm sehen. In Sankt Laurentius habe ich Orgel gespielt und mich in der Katholischen Studentengemeinde engagiert.“

Zeit zum Nachdenken und für Gespräche

Aus dem geplanten einjährigen Aufenthalt in der Unesco-Welterbestadt wurden dreieinhalb Jahre. Viel Zeit zum Nachdenken, für Kontakte, Gespräche, Gebete. Nach Treffen mit Pfarrer Ulrich Werbs war dann für Nowaczyk klar: „Ich probiere es: Ich beschäftige mich nicht mehr mit Germanistik, sondern widme mich der Theologie.“ Es folgten Studien in den Philosophisch-Theologischen Hochschulen Sankt Georgen in Frankfurt am Main und Vallendar (Rheinland-Pfalz) sowie im Anschluss die Diakonenweihe am 6. April 2019 in Hamburg.

Auch nach der Priesterweihe möchte Szymon Nowaczyk, der sich im Norden Deutschlands wohlfühlt, den Menschen ohne Distanz begegnen. „Denn jeder Mensch ist auf dem Weg, jeder hat eine andere Aufgabe, zu der er berufen wurde. Keiner steht eine Stufe oder sogar mehrere über dem anderen.“ Jungen Männern empfiehlt der Weihekandidat, mit einem Geistlichen über den Berufungsweg zu reden und sich dann auf dieses Wagnis einzulassen: „Es kann nichts schiefgehen. Klar gab es in den vergangenen Jahren Höhen und Tiefen, auch während des Theologiestudiums. Man sollte aber Vertrauen haben. Wenn Gott dich will, wird er dich führen, auch wenn der Weg nicht immer gerade und eben ist. Auch mein Weg war kurvig. Ich weiß jedoch, dass Gott die ganze Zeit hinter mir war und mir die Richtung gewiesen hat.“

Text u. Foto: Norbert Wiaterek