Kurz vor der Rente?
Auf den Ruhestand vorbereiten
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Endlich ist der Ruhestand erreicht und schon bleibt weniger freie Zeit übrig als vorher. Da ist das Ehrenamt – Kassierer hier, Schriftführer da –, der Rückenkurs für die Wirbelsäule, vielleicht noch ein Nebenjob und dann kommt noch die Betreuung der Enkelkinder hinzu. So mancher Rentner stellt jetzt erst fest, dass er sich den Alltag nach der Berufstätigkeit eigentlich ganz anders vorgestellt hat.
Ja, es sei wichtig, sich schon vor dem Rentenantritt zu überlegen, wie man sein Leben künftig gestalten will, sagt Sarah Berkensträter: damit man selbstbestimmt agieren kann und nicht von anderen verplant wird. Gerontologin Berkensträter ist Mitarbeiterin im Projekt „SelbstgestALTER“ im Landkreis Vechta (Niedersachsen). Sie und ihre Kolleginnen bieten Veranstaltungen für Menschen im Rentenalter an, darunter Einzelgespräche, die wie ein Coaching ablaufen. Nur dass es nicht um die nächsten Karriereschritte, sondern um den Weg zur persönlichen Zufriedenheit geht. Denn die Menschen werden immer älter und haben mehr von ihrer Rentenzeit. Aber sie wissen oft nicht, wie sie Ansprüche abwehren. „Diese Generation hat nicht gelernt, Nein zu sagen“, stellt Berkensträter fest.
Was will ich?
Die gute Nachricht: Auch im Alter kann man lernen, seine eigenen Interessen zu verteidigen. Dazu ist es aber erforderlich, Bedürfnisse zu erkennen. So beginnt eine Coachingsitzung damit, dass Berkensträter zusammen mit dem neuen Rentner herausfindet, was ihn antreibt. Sie fängt ganz vorne an und fragt: Welche Interessen hatten Sie früher? Als Kind, als Jugendlicher? Worauf haben Sie während der Berufstätigkeit verzichtet und möchten es jetzt nachholen?
Manchmal stellt sich sogar heraus, dass jemand sein ganzes Arbeitsleben lang nicht glücklich war. Man hat eine Ausbildungsstelle gefunden und dann weitergemacht. Es musste die Familie ernährt, ein Haus abbezahlt werden. Um so wichtiger ist es, als Rentner nun das zu tun, was dem eigenen Naturell und den Neigungen entspricht.
Sinnstiftend tätig sein
Die Mitarbeiterinnen bei „SelbstgeSTALTER“ sind an eine Sozialstation angebunden, aber in der offenen Altenhilfe für die Generation 60plus tätig. Finanziert wird ihre Arbeit durch Zuschüsse von Kommunen und Sponsorengelder. Sie treten in Kontakt mit Seniorentreffs, Reha-Sportgruppen, Kirchenchören oder dem Männergesangsverein, um sich bekanntzumachen, und fragen, wie sie die Vereine oder einzelne Initiativen unterstützen können. Das Ansinnen sei, Menschen zu motivieren, aktiv zu bleiben, sinnstiftend tätig zu sein und sich dabei selbst verwirklichen zu können. Jeder sollte etwas finden, was ihm Spaß macht, meint Berkensträter. Denn selbst, wenn jemand zu Beginn des Ruhestands einfach nur ausschlafen und ohne Zeitplan in den Tag bummeln will, komme bei vielen später der Wunsch, die Tage erfüllend zu gestalten.
Das Wochenprotokoll
Dazu ist es sinnvoll, beim Coaching herauszufinden, wie die Woche des Rentners oder der Rentnerin verläuft. Die Senioren bekommen ein Blatt, auf dem sie notieren, wie sie die Wochentage verbringen. Dann kann sich herausstellen, dass dort viele Termine stehen, aber mit Hobbys, die der Person Spaß machen. „Manchmal steht da aber auch fünfmal Fernsehen“, sagt Berkensträter, für die einen sei das okay, die anderen hinterlässt es unzufrieden. Und natürlich sehe solch ein Plan im Winter ganz anders aus als im Sommer, wenn Radfahren und Gartenarbeit möglich ist.
Verpflichtungen loswerden
Es kann auch sein, dass jemand feststellt: Der Plan ist voll, aber ich bin unglücklich. Dann kann Berkensträter mit den Betroffenen überlegen, welche ehrenamtliche Tätigkeit sie wieder abgeben. Das fällt vielen schwer. „Ich mag da nicht absagen“, heißt es, „ich kann die nicht hängenlassen“. Dennoch wird es zu viel. Eine Lösung könnte sein, nicht gleich ganz aus dem Verein auszutreten, sondern einfach einen Posten abzugeben. Im Gespräch mit Sarah Berkensträter zeigen sich oft Lösungen, auf die man alleine nicht so schnell gekommen wäre. Denn auch Freunde oder Familie die man fragt, sind nicht neutral, sondern beraten den anderen nach ihren Bedürfnissen. „Du machst zu viel“, sagt die Frau, die ihn öfter zu Hause sehen will. „Du hast das doch immer schon gemacht, wir helfen dir auch“, sagen die Vorstandskollegen, die nicht wollen, dass jemand zurücktritt.
Ehrenamt aussuchen
Die jungen Senioren, die in Rente gehen, werden gern für Ehrenämter verpflichtet. „Jemanden, der sich engagiert, den wollen alle haben“, sagt Berkensträter. Wer etwas tun will, sollte sich vorher gut über die Aufgabe informieren. Beispiel Lesepatin: Eine Frau hatte sich bereit erklärt, im Kindergarten vorzulesen. Sie hatte angenommen, sie werde mit einer Gruppe von wenigen Kindern in gemütlicher Atmosphäre zusammensein. Stattdessen ließ man sie der gesamten Kindergartengruppe vorlesen, wobei recht schnell Unruhe aufkam. Das war nicht das, was die Seniorin sich vorgestellt hatte. Solche Dinge müssten angesprochen und geklärt werden, sagt Berken-sträter, sonst ende es damit, dass engagierte Personen vorzeitig aufgeben.
Gemeinsam in Rente
Manchmal gehen Paare gemeinsam in den Ruhestand, und dann sehen sie sich rund um die Uhr. Auch hier ist es wichtig, im Vorfeld über die Erwartungen zu sprechen. Wollen sie jetzt alles zusammen machen? Die Hausarbeit ab sofort teilen? Was ist gemeint, wenn einer sagt: „Wir kaufen uns dann einen Wohnwagen!“ Werden sie damit auch verreisen? Wer will das gerne? Oder könnte von dem Geld etwas anderes angeschafft werden? Das muss besprochen werden. „Kommunikation ist alles“, so Berkensträter.
Abschied gestalten
Wichtig ist auch, sich vor Eintritt ins Rentnerleben Gedanken zu machen, wie man denn gehen möchte, „weil man eine neue Lebensphase nur beginnen kann, wenn die alte beendet ist“, sagt Berkensträter. Man sollte überlegen, wie der letzte Tag aussieht, ob man sich in der eigenen Abteilung verabschiedet oder in der ganzen Firma, ob etwa eine Feier stattfindet. Berkensträter rät dazu, nicht einfach zu gehen, womöglich mit Resturlaubstagen vor dem letzten Tag, sondern sich unbedingt verabschieden zu lassen.