Ausstellungsstücke mit langer Geschichte
Aus der zweiten Reihe ins Licht
Zum 100. Geburtstag werden im Diözesanmuseum Stücke präsentiert, die eine lange Geschichte haben, die aber bisher nicht in der Dauerausstellung standen. Zum Beispiel eine historische Kirchenbank aus Rulle. Oft hat der Zufall geholfen, dass die Stücke überhaupt noch existieren.
Im Raum für die Sonderausstellungen des Diözesanmuseums stehen Exponate, von denen viele eine Gemeinsamkeit haben: Sie wurden eher durch Zufall entdeckt oder gerade so noch vor der kompletten Zerstörung bewahrt. So wie die beiden Wangen einer Kanzel aus Wallenhorst, eine dritte hatten Arbeiter nach dem Zweiten Weltkrieg schon zerhackt, um ein Feuer zu machen, auf dem sie ihr Essen wärmten. Ein damaliger Osnabrücker Restaurator kam vorbei, sah es und nahm die verbliebenen Stücke an sich. Oder das Heilige Grab, das in Belm bereits auf der Müllhalde lag und vom Küster sichergestellt wurde.
Zum Geburtstag des Museums hat Kuratorin Friederike Dorner solche Stücke zusammengestellt, die sonst nicht in der Dauerausstellung stehen, die es aber verdient haben, auch einmal gezeigt zu werden. So wie die Kirchenbank aus Rulle, die ein Stück Frömmigkeitsgeschichte erzählt. Die Jahreszahl 1738 ist eingeschnitzt und der Name von Johan Hinderich Bramme. Er war es, der damals dafür bezahlte, dass seine Familie hier sitzen durfte. Es war für wohlhabende Gemeindemitglieder eine Möglichkeit, sich zu zeigen – und mit ihrer Spende den Erhalt der Kirchengemeinde zu sichern.
Museumsdirektor schwatzte die Kirchenbank ab
Die Bank gelangte später auf den Dachboden der Kirche, wo sie ein Nachfahre der Brammes entdeckte – und mit Genehmigung des Pfarrers an sich nahm. Er ließ sie restaurieren, was wiederum dem damals tätigen Museumsdirektor zu Ohren kam, der sie ihm daraufhin abschwatzte – so jedenfalls wird die Geschichte in Museumskreisen erzählt. „Das ist sicherlich keine Hochkunst, aber doch ein gutes Stück Bistumsgeschichte und Frömmigkeitskultur“, sagt Dorner.
Von anderen Exponaten kennt sie ähnliche Geschichten. Zum Beispiel die des Flügels des mittelalterlichen Hochaltars aus dem Dom. Alle anderen Teile sind untergegangen, der Flügel wurde unlängst restauriert. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war er zweckentfremdet worden, diente als dicke Bohle vor einem Loch in einem Verschlag, wurde zufällig entdeckt. Die mittelalterliche Malerei hatte stark gelitten, wäre sie unversehrt, hätte der Flügel eine viel größere Bedeutung. Unter dem Stichwort „Heilige Sippe“ ist das Exponat unter Fachleuten bekannt, zeigt es doch Maria mit ihren engsten Verwandten. „Die Restauratorin hat hervorragende Arbeit geleistet, das Exponat sieht sensationell aus“, sagt Dorner. Nur ein paar winzige Fehlstellen seien geblieben, die nicht rekonstruiert werden konnten, „aber die sind kaum zu erkennen“.
Zum Segen am Altar knallte es
Fronleichnamsprozessionen in ländlichen Gemeinden haben mancherorts eine Besonderheit: Sie werden von Böllerschüssen begleitet. Stets zum Segen an einem der Altäre knallt es – die einen sagen, es seien militärische Ehren für den Herrn der Welt, für die anderen sind es Signalschüsse, die dem in der Kirche wartenden Küster bedeuten, jetzt die Glocken zu läuten. In Wallenhorst wurden Anfang der 1920er Jahre zwei kleine Kanonen ausgemustert und fanden eine neue Verwendung als Schmuck für ein Ehrenmal. Als 2008 die Sockel marode wurden, sollten die Kanonen entsorgt werden. Der Hausmeister des Gemeindehauses verhinderte Schlimmeres.
Dorner zeigt weitere Exponate, zum Beispiel den Beichtstuhl von 1620 aus dem damaligen Kloster Malgarten, der später in die Sakristei kam und 1963 dort als Besonderheit entdeckt wurde. Oder der Drehtabernakel aus Lehrte zwischen Meppen und Haselünne, der nach dem Zweiten Weltkrieg Verwendung fand im Flüchtlingslager Sandhorst bei Aurich. Beide Stücke, auch die eingangs genannte Kanzel, entstanden nach dem Tridentinischen Konzil im 16. Jahrhundert, das mehr Wert legte auf Beichte, Predigt und das Eucharistische Opfer.
Oder den Opferstock aus St. Annen bei Melle, der Spuren eines Einbruchsversuchs aus dem Jahr 1997 zeigt. Oder die älteste Frontstollentruhe Westfalens, die 1964 im zerlegten Zustand in alten Museumsräumen über dem Seelsorgeamt entdeckt wurde. Oder den Verkündigungsengel aus der Osnabrücker Pfarrkirche St. Johann, zu dem eigentlich noch eine Marienfigur gehört, den die Gemeinde aber kurz nach der Jahrtausendwende wieder an sich nahm. Dass die Figur 100 Jahre lang im Garten der Kaplanei vergraben war, sieht man ihr nicht an.
Friederike Dorner möchte mit ihrer Zusammenstellung zeigen, was das Museum im Laufe der 100 Jahre gesammelt hat und wie die Stücke aufbereitet wurden. In der Auswahl zeige sich auch ein Stück der Museumsgeschichte.
Matthias Petersen
Begleitprogramm zur Ausstellung
Zur Jubiläumsausstellung „Vom Dachboden ins rechte Licht gerückt“, die bis zum 11. November im Diözesanmuseum gezeigt wird, gibt es ein Begleitprogramm. Öffentliche Führungen sind vorgesehen am 15. September, 13. Oktober, 27. Oktober und 10. November jeweils um 15 Uhr.
Vorträge gibt es dienstags um 19.30 Uhr am 11. September (Hermann Queckenstedt über die Geschichte des Museums), am 25. September (Josef Herrmann über kirchliches Inventar), am 9. Oktober (Sabine Heitmeyer-Löns über Textilkunst für den Dom), am 23. Oktober (Stephan Kube über Fotografien des Domschatzes), am 13. November (Thomas Lehmkuhl über die Pflege von Skulpturen), am 27. November (Klaus Niehr über den Domschatz), am 11. Dezember (Gerhard Lohmeier über die Weihnachtskrippe), am 8. Januar (Uwe Schuchardt über die Pflege des Domschatzes), am 22. Januar (Marita Schlüter über Gemälderestaurierung), am 12. Februar (Daniel Zerlang-Rösch über Lichtinszenierung im Museum) und am 5. März (Bischof Franz-Josef Bode über kirchliche Kunstpflege).
Am Donnerstag, 15. November, beginnt um 18 Uhr ein Kunstgespräch mit Ruth de Vries (Jüdische Gemeinde), Kathrin Klausing (Institut für Islamische Theologie) Frank Buskotte (Katholische Erwachsenenbildung) und Jessica Löscher (Museum).
Die Veröffentlichung einer Festschrift zur Geschichte und zu den Beständen des Museums ist für Oktober vorgesehen. Am 30. November wird die Weihnachtsausstellung eröffnet, die sich mit dem 100-jährigen Bestehen der Domkrippe beschäftigt.