Partnerschaft Bonifatiusschule Hannover und Loma Alta in Boivien
Bienvenidos a Loma Alta
Sie eröffnen einen neuen Blick auf die Welt: Partnerschaften zwischen Schulen. So auch zwischen der katholischen Bonifatiusschule in Hannover und der Grundschule von Loma Alta in Bolivien. Wenn aber Grundschüler selbst 10 000 Kilometer zu ihren Partnerschaftsschulen reisen, sind die Eindrücke ganz besonders.
Loma Alta – ein kleiner Ort in Bolivien. Knapp über 1000 Einwohner, knapp über 100 Kilometer von der Millionenmetropole Santa Cruz im Tiefland Boliviens gelegen. Subtropisches Klima auf 280 Metern Höhe. Selbst im bolivianischen Winter, also von Juni bis September fällt das Thermometer nur ganz selten unter 20 Grad Celsius.
Loma Alta ist nicht leicht auf der Landkarte zu finden. Emma, Timon und Jon wissen aber ganz genau, wo der kleine Ort liegt. Und noch viel mehr: Die beiden Viert- und der Drittklässler der katholischen Bonifatiusschule in Hannover waren nämlich da. Mit Lehrern und Eltern ihrer Schule. Sie haben die Schule von Loma Alta besucht, mit der sie über eine Partnerschaft verbunden sind.
Seit 20 Jahren besteht die Verbindung, also fünf „Grundschulgenerationen“ lang: Der Kontakt kam über die Bolivienpartnerschaft des Bistums zustande“, erzählt Felizitas Teske, Rektorin der Bonifatiusschule. Immer wieder wird auch im Unterricht Bolivien und die Partnerschaft eingeflochten, immer wird auch wieder gesammelt oder Faires wie Sozialgefertigtes zur Unterstützung verkauft. „Wichtig ist vor allem das Kennenlernen über Fotos, gemalte Bilder, Briefe und Mails“, betont Petra Obst, die sich als Lehrerin besonders um die Partnerschaft kümmert.
Kennenlernen geht auch über Besuche: 2006 sind zum ersten Mal Schüler, Eltern und Lehrerinnen nach Loma Alta gereist, 2013 ein zweites Mal. Nun stand die dritte Reise an. Mit dabei Emma, Timon und Jon. Zusammen mit vier weiteren Mitschülerinnen sowie Eltern und Lehrerinnen. Schon die Anfahrt von Santa Cruz mit seinem internationalen Flughafen nach Loma Alta war ein kleines Abenteuer. Unbefestigte Straßen, der alte Schulbus wurde noch mal aktiviert. „Da war ein Loch im Boden vom Bus“, erinnert sich Timon: „Da konnte ich die Straße sehen.“
Etwas durchgerumpelt heißt es dann: „Bienvenidos a Loma Alta“ – „Willkommen in Loma Alta“. Wie war die Begrüßung? „Die haben uns immer gedrückt“, erzählt Jon. Drei Tage schauen sich die Kinder den Lebensalltag ihrer Altersgenossen an. „Wir waren direkt in Familien untergebracht, insofern war das eine kurze aber intensive Zeit“, erläutert Petra Obst.
Die Schule und der Unterricht? „Anders als bei uns“, meint Emma: „Die Schüler hatten einen Stuhl mit einem Klapptisch und saßen nicht nebeneinander.“ Auch haben alle immer nach vorne zur Tafel geschaut. „Das nennt sich Frontalunterricht“, ergänzt Petra Obst. Loma Alta ist von Landarbeit geprägt. Hühner flattern über den offenen Schulhof, auch ein Schwein verirrt sich manchmal in eine Schulklasse.
Im Unterricht entstehen Plakate für eine Demonstration
In einer Klasse werden während des Unterrichts Plakate gefertigt – für eine kleine Demonstration der Schule am kommenden Tag. Der Anlass: Die Warnung an Kinder, nicht mit fremden Männern oder Frauen mitzugehen. „Das ist ganz wichtig, das kennen wir auch“, weiß Emma.
In Erinnerung haben alle drei auch das kleine Internat der Schule, in dem Schülerinnen leben, deren Zuhause zu weit für den täglichen Schulweg liegt: „Jedes Mädchen hatte ein Bett, einen Schrank und manchmal ein Moskitonetz“, listen die drei auf. „Und noch ein Kuscheltier.“ Eine besondere Erfahrung für die drei. Vor allem, weil die Mädchen ihre Schuluniform selbst waschen – mit der Hand. Oder auch, wenn ein anderes Mädchen erzählt, dass ihr Schulweg durch den Dschungel führt.
Fiesta und Fußball – typisch für Bolivien. Und typisch für die Tage in Loma Alta. Fußball wird immer wieder gespielt. Nicht zuletzt, weil im Gegensatz zum Spielplatz das Fußballfeld im Top-Zustand ist: Folge einer Initiative der bolivianischen Regierung. Meist heißt es Bolivien gegen Deutschland, in unterschiedlichen Altersklassen. Die Ergebnisse sind halbwegs ausgeglichen. „Das war bei unserem letzten Besuch noch anders – da haben wir verloren“, berichtet Petra Obst.
Stichwort Fiesta. „Ein großes Fest gab es auch“, sagt Emma. Jede Schulklasse hat etwas aufgeführt. Viel Musik, viel Essen und Trinken. Auch Familien haben die Gäste aus Deutschland eingeladen. Emma erinnert sich an große Töpfe mit Essen, Jon und Timon an Suppen mit Hühnerbeinen drin.
Womit haben die drei nicht gerechnet? „Dass viele ein Handy haben“, meint Timon. Und sogar die gleichen Spiele auf dem Smartphone. Zombies, die mit Pflanzen in Gärten kämpfen, funktioniert auf deutsch und auf bolivianisch. Doch über die Telefone bleiben die Kinder im Zeitalter von Messenger-Diensten zum Austausch von Nachrichten in Kontakt.
Das Land wird noch weiter erkundet
Abschied nehmen in Loma Alta heißt für die Reisegruppe aus Hannover auch Aufbruch, das Land weiter zu erkunden. Quer durch das Land stehen weitere Besuche an: in sozialen Projekten ebenso wie bei der Bolivianischen Bischofskonferenz im Regierungssitz La Paz. Dort bemalen die Schüler beispielsweise mit anderen bolivianischen Schülern eine Straßenmauer: „Wir haben eine weinende und eine lachende Erde gemalt“, berichtet Jon. Umwelt – oder Verantwortung für die Schöpfung – ist auch in Bolivien ein großes Thema. „Wir versuchen bei unseren Besuchen in sozialen oder pädagogischen Projekten immer Kontakte zu knüpfen, die wir dann weitergeben können“, sagt Petra Obst.
Auf den Spuren der Inkas in einem Nationalpark, der Besuch der Wallfahrtskirche Basilika von Copacabana am Titicacasee mit der Isla del Sol – vieles prägt das Programm der Reise.
Im Gedächtnis bleibt auch der Besuch bei „Artesania Sorata“ in La Paz, einem sozialen Projekt von und mit indigenen Frauen, das die Bonifatiusschule unterstützt. Dort erzählen die Frauen, dass sie durch das Projekt ihre Familien ernähren und vor allem ihre Kinder zur Schule schicken können. Da schließt sich dann der Kreis zum über 500 Kilometer entfernt liegenden Loma Alta: „Dass Kinder dort zur Schule gehen können, ist echt wichtig“, sagt Emma.
Rüdiger Wala