Reaktion auf Papier zur Gemeindereform
Bischöfe kritisieren Vatikan-Schreiben
Katholische Bischöfe in Deutschland haben unterschiedlich auf die Vatikan-Instruktion zu Reformen in Kirchengemeinden reagiert. Bisher überwiegen kritische Stimmen, einige Bischöfe kündigten an, trotz des Papiers an Veränderungen festzuhalten.
Die neue Vatikan-Instruktion zur Zukunft der katholischen Pfarrgemeinden stößt nicht nur bei Laien, sondern auch in den Reihen der Bischöfe auf Kritik. Aus Sicht des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick hätte das Papier besser nicht veröffentlicht werden sollen. Es bringe für die Kirche und ihren missionarischen Auftrag "mehr Schaden als Nutzen", heißt es in einer Stellungnahme. Das Papier sei theologisch defizitär und gehe nicht auf die jeweilige Situation der Kirche vor Ort ein.
Als ein "großes Manko" bemängelt der Erzbischof, dass in dem Papier weder Anlass noch Zweck ausdrücklich genannt würden. Dies eröffne "Raum für alle möglichen Spekulationen, die Schaden anrichten". Für einen Kirchenrechtler "nicht annehmbar" sei, dass das Papier nur an einzelne Vorschriften des kirchlichen Gesetzbuchs von 1983 erinnere, ohne die Lehrentwicklung seither und die konkreten Verhältnisse vor Ort zu berücksichtigen.
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sorgt sich um die Priester in seinem Bistum wegen drohender Überlastung. Der Vatikan versteht das Papier unter anderem als Impuls im Kampf gegen den Priestermangel. Schon jetzt könnten vakante Pfarrstellen im Bistum Mainz nicht besetzt werden, sagte Kohlgraf. "Viele Priester klagen über Überforderung im Blick auf Verwaltung und Bürokratie. Gerade dies soll aber der Instruktion zufolge bei den Pfarrern bleibe", kritisierte er. Es sei zudem widersinnig, wenn jede einzelne Zusammenlegung einer Pfarrei von Rom genehmigt werden müsse. Kohlgraf sorgt sich auch um die vielen Engagierten in der Kirche. "Bald werden sie genug davon haben, wenn ihr Engagement nur misstrauisch beäugt und von oben herab bewertet wird", erklärte der Mainzer Bischof.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki lobte dagegen die Instruktion: "Ich bin dankbar, dass uns Papst Franziskus mit dieser Handreichung den Weg weist." Das Dokument enthalte Anregungen für einen missionarischen Aufbruch der Kirche. "Zugleich ruft es uns Grundwahrheiten unseres Glaubens in Erinnerung, die wir gerade in Deutschland vielleicht manchmal aus dem Blick verlieren, wenn wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind."
Woelki erklärte: "Nicht wir machen Kirche, und es ist auch nicht unsere Kirche, sondern die Kirche Jesu Christi." Papst Franziskus rücke "hier einiges zurecht, aber nicht als Maßregelung oder Disziplinierung, sondern als Ermutigung, ganz auf Christus zu setzen, um wieder eine missionarische Kirche zu werden"
Das Erzbistum Freiburg will trotz Gegenwind aus dem Vatikan die geplanten Reformen in Pfarreien und Seelsorge voranbringen. "Der inhaltliche Kern der Reformen ist es, auch weiterhin Seelsorge vor Ort zu ermöglichen. Es geht keineswegs um eine Zentralisierung", sagte Erzbischof Stephan Burger. Die erste der geplanten neuen Großpfarreien könnte ab 2026 entstehen.
ode: Bischöfe völlig überrascht
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, der auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, bezeichnete die Instruktion als "starke Bremse der Motivation und Wertschätzung der Dienste von Laien". Die Instruktion der Kleruskongregation habe die Bischöfe völlig überrascht. Er habe eine vorherige Fühlungnahme mit den Realitäten vor Ort und eine bessere Beachtung der viel beschworenen Synodalität erwartet.
Der Präsident der größten katholischen Laienorganisation in Deutschland, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, hatte die neue Instruktion in einem Interview als "realitätsfern" bezeichnet.
Die am Montag in Rom veröffentlichte neue Instruktion trägt den Titel "Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche". Demnach bleiben Laien von der Gemeindeleitung ausgeschlossen. Dagegen hebt der Text die Rolle des Pfarrers hervor. Bestrebungen, die Leitung von Pfarreien beispielsweise Teams aus Priestern und kirchlich Engagierten sowie anderen Mitarbeitern anzuvertrauen, widerspricht das Schreiben direkt.
Laut Bischof Bode kann jetzt nur der Synodale Weg in Deutschland "eine Antwort auf diese römische Herausforderung sein". Bei dieser Initiative gehe es darum, "wie eine Kirche der Beteiligung aussehen kann, wie der priesterliche Dienst heute zu verstehen und zu bestehen ist und wie Frauen und Männer gemeinsam Kirche gestalten". Der Synodale Weg ist ein innerkatholischer Reformdialog, den die Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken vereinbart haben, um über die Lehren aus dem Missbrauchsskandal und die Zukunft der katholischen Kirche zu sprechen.
kna /epd