Interview mit Bischof Heiner

Bischof zeigt sich „geprägt und berührt“

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Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ beim Abschlussfest des Godehardjahres auf dem Domhof
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Berkefeld / bph

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Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ beim Abschlussfest des Godehardjahres auf dem Domhof

Eine positive Bilanz des Anfang Mai zu Ende gegangenen Godehardjahres hat Bischof Heiner Wilmer gezogen.

Bischof Heiner, das Godehardjahr ist vorbei: Wie zufrieden sind Sie?

Ich persönlich bin wirklich sehr zufrieden. Für mich war es einfach stark, viele Menschen zu treffen, in Bewegung zu kommen, bei den Menschen zu sein, ihnen zuzuhören, mit ihnen unterwegs zu sein. Ich bin erstaunt und glücklich, wie kreativ unser Bistum ist und wie gut die Menschen zusammenhalten bei so vielen Unterschieden. Leider hat die Pandemie uns den Start wirklich schwer gemacht.  Aber insgesamt bin ich sehr zufrieden.

Welche Ereignisse und Begegnungen werden Ihnen besonders in Erinnerung bleiben?

Es gab eine ganze Reihe von Ereignissen, die mich geprägt und berührt haben, angefangen bei der Pilgertour von Niederalteich nach Hildesheim auf den Spuren des Heiligen Godehard. Die Begegnungen im inklusiven Campus in Duderstadt fand ich klasse – es ist beispielhaft, wie hier Menschen, die beeinträchtigt sind und unter Barrieren leiden, integriert werden. Sehr charmant war auch das Lotte-Konzert auf dem Domhof: 2000 junge Menschen, die ausgelassen getanzt und gesungen haben – das war großes Kino! Sehr schön waren auch die Solidaritätstafeln an verschiedenen Orten im Bistum mit vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und den Menschen, die bei Tisch miteinander ins Gespräch kamen ohne Ansehen der Person und der Herkunft. Und für mich persönlich waren auch die Segnungsgottesdienste eine tiefe Erfahrung, weil mir hier nochmal bewusst geworden ist, wie sehr sich jeder und jede doch sehnt nach einer persönlichen Zuwendung und Zusage Gottes: Ich gehe mit dir durch dick und dünn, ich lasse dich nicht fallen.

Zu Beginn des Godehardjahres haben Sie gesagt, dieses Jahr soll zu einer „grundlegenden inneren Erneuerung des Bistums“ beitragen. Ist das aus Ihrer Sicht gelungen?

Innere Erneuerung des Bistums heißt für mich, der Frage nachzugehen: Wie lebe ich vor Gott und was gibt mir Halt im Leben? Ob das gelungen ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen, weil ich die Frauen und Männer, die in der Seelsorge und der geistlichen Begleitung unterwegs sind – mich eingeschlossen – mehr als Sämänner und Säfrauen verstehe, die den Samen in den Acker legen und dann hoffen, dass dieser Samen aufgeht. Ich habe aber den Eindruck, dass da vieles gesät wurde, der Boden durchaus empfänglich ist und dass die vielen spirituellen und persönlichen Begegnungen Frucht bringen.

Eine weitere Frage, die das Godehardjahr durchziehen sollte, war auch: Wie begleiten wir Menschen auf ihrem Weg. Welche Antwort geben Sie heute darauf?

Wir als katholische Kirche im Bistum Hildesheim tun gut daran, wenn wir uns Bündnispartner – und partnerinnen suchen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Zukunft jenen gehört, die in der Lage sind zu kooperieren. Für mich persönlich ist es wichtig, dass wir ökumenisch unterwegs sind, dass wir mit den evangelischen Landeskirchen und den anderen christlichen Kirchen zusammenarbeiten, dass wir in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Bündnispartner haben, die uns in der Sorge für die Menschen unterstützen. Das ist das eine. Das andere: Als Kirche sind wir dafür da, den Menschen aus dem Evangelium heraus auf ihrem Weg durchs Leben zu begleiten, vor allem an den großen Punkten des Lebens: Wenn jemand geboren wird, zur Schule kommt, wenn sich jemand verliebt, heiratet, in Schwierigkeiten ist, wenn man sich fragt: Was kann mein Weg sein? Und nicht zuletzt muss Kirche da sein für die Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben, denen es nicht gut geht: die krank sind, die psychisch leiden. Da ist unser Platz.

Während des Godehardjahres haben Sie die Initiative „Der andere Donnerstag“ gestartet. Die Idee: In Gemeinschaft beten und essen. Was ist aus dieser Initiative geworden?

Der Grundgedanke des „anderen Donnerstages“ ist: Zurück zum Ursprung, zurück zur Urkirche. Der Schlüssel dazu liegt in der Apostelgeschichte, Kapitel 2, Vers 42: Die Jünger Jesu sind erstens zusammen in Gemeinschaft. Zweitens: Sie beten miteinander und drittens: Sie essen miteinander. Wir haben inzwischen 30 Orte im Bistum, an denen sich das entwickelt. Und es ist schön zu sehen, wie sich Menschen da gegenseitig anstacheln und inspirieren.

Einige Veranstaltungen wurden leider nicht so gut angenommen, wie Sie sich das vielleicht erhofft haben. Geplant waren Pilgertouren von Niederalteich, dem Kloster, an dem Godehard als Abt gewirkt hat, nach Hildesheim. Nur wenige Menschen haben sich daran beteiligt. Mit den Worten eines Sportreporters gefragt: Woran hat’s gelegen?

Sie haben völlig Recht. Ursprünglich wollte ich tatsächlich am liebsten mit 1000 Leuten unterwegs sein. Die ursprüngliche Idee war, bei den Menschen vor Ort unterzukommen – zu zweit oder zu dritt – um in den Dekanaten in Bayern, in Sachsen-Anhalt und Thüringen Werbung zu machen für unsere Pilgertouren. Das fiel ins Wasser, weil uns die Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Am Ende stand die ganze Pilgertour auf der Kippe. Von daher bin ich froh, dass dann doch noch eine Gruppe mit dem Bus von Niederalteich gefahren ist. Schön zu sehen war auch, dass es einen zweiten Bus gab mit Schülerinnen und Schülern vom Mariano-Josephinum. Die Gruppen waren überschaubar, dennoch war es schön zu sehen, dass das Pilgern doch Schule machte: Es gab eine Fahrradpilgertour, die von Niederalteich aufgebrochen ist und viele Gruppen, die innerhalb des Bistums an einem Tag oder auch länger gepilgert sind.

Kann es aber nicht auch sein, dass das Godehardjahr nicht die Breitenwirkung entfaltet hat, die Sie sich gewünscht hätten?

Ich glaube, dass jene, die sich für das Godehardjahr interessiert haben, etwas ausstrahlen. Diese Ausstrahlung wiederum berührt auch andere Menschen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Herzen derer, die sich berühren lassen, zu den Herzen derer sprechen, an denen das vielleicht vorbeigegangen ist. Deshalb glaube ich, dass sich unterhalb der Oberfläche vieles abspielt: bescheiden, anrührend und zart. Und von dort entfaltet sich das Bewusstsein, bei den Menschen zu sein, solidarisch zu sein und auch wieder neu zu entdecken, was es heißt, missionarisch zu sein, um die frohe und frei machende Botschaft Jesu zu verkünden.

Was bleibt von diesem Jahr?

Offiziell ist das Jahr zu Ende, aber wir machen keinen Punkt, sondern einen Doppelpunkt. Was bleibt: eine stärkere Herzensbildung, eine größere Solidarität und ein starker Eifer für die Mission.

Matthias Bode