Serie "Und Tschüss?!" – Teil 1
Bleiben oder gehen?
Es reicht: Skandale, Misstrauen, Zweifel. Zehntausende treten jährlich aus der Kirche aus. Was steckt hinter der Entscheidung? Welche Gründe gibt es, zu bleiben? „Und Tschüss?!“ ist eine Serie mit sechs Folgen über Zweifel und Entscheidungen. Von Sarah Seifen.
... Fortsetzung folgt. Diese Aussage steht gewöhnlich nicht am Anfang eines Textes, sondern an dessen Ende. Sie sagt aus, dass es einen anschließenden Teil geben wird. Dass die Geschichte weitergeht. Diese Geschichte hier wird fortgesetzt und zwar in den kommenden fünf Ausgaben.
Es entsteht eine Serie. Der Titel: „Und Tschüss! Bleiben oder gehen?“ Drei Menschen berichten von ihrem Lebensweg in der katholischen Kirche und der Entscheidung, zu gehen oder zu bleiben. Sie spielen die Hauptrollen in der Serie: Petra Waldman*, Richard Jökel und Ulrike Klose.
Hinter Petra Waldman steht ein Sternchen. Es bedeutet, dass der Name der Frau von der Redaktion geändert wurde. Ihre Geschichte ist wahr, jedoch möchte sie nicht erkannt werden von Menschen in ihrem Umfeld. Der Grund dafür: Sie hat Angst vor Verurteilung und davor, dass sie Menschen verletzten könnte.
Waldman, Jökel und Klose, sind katholisch getauft und mit der Kirche aufgewachsen. Sie sind in unterschiedlichen Jahrzehnten geboren und haben deswegen die Kirche als Kinder auf unterschiedliche Weise kennengelernt. In vier Folgen erzählen sie von den schönen Erlebnissen, bei denen sie sich von Gott und ihren Mitchristen begleitet gefühlt haben. Von schlimmen Zeiten, von Zwang und Unwohlsein, von Gefühlen, die sich bis heute durch ihr Leben hindurchziehen.
Es geht um Entscheidungen: Welche Rolle soll die katholische Kirche im Leben spielen? Will ich Teil dieser Gemeinschaft sein? Überwiegt der Zweifel an Gott oder an der Glaubwürdigkeit der Kirche? Der Menschen, die die Kirche repräsentieren? Diese Fragen haben sich die drei Hauptpersonen dieser Serie im Laufe ihres Lebens gestellt und Entscheidungen getroffen.
„Diese Menschen müssen uns doch etwas zu sagen haben!“
Im Jahr 2017 sind 167 504 Menschen aus der katholischen Kirche in Deutschland ausgetreten. Jährlich veröffentlicht die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) die Statistik der deutschen (Erz-)Bistümer mit Zahlen des jeweiligen Vorjahrs.
Besonders die Zahl der Kirchenaustritte ist in den Medien immer wieder präsent. „Es kann doch nicht sein, dass uns innerhalb der Kirche völlig egal ist, wenn eine erschreckend hohe Zahl getaufter Katholikinnen und Katholiken enttäuscht, frustriert oder gar zornig zum Amtsgericht geht, um den Austritt aus der Kirche zu erklären. Diese Menschen müssen uns doch etwas zu sagen haben!“, schreibt Klaus Pfeffer, Generalvikar im Bistum Essen, im Vorwort des Buchs „Kirchenaustritt – oder nicht? Wie Kirche sich verändern muss“.
Im Jahr 2017 hatte das Ruhrbistum eine Studie in Auftrag gegeben, die erstmals ausführlich nach den Motiven für die Kirchenaustritte fragte. Und auch nach Gründen, weshalb Menschen in der Kirche bleiben. Die Ergebnisse sind im Buch zusammengefasst.
306 Personen, die aus der Kirche ausgetreten sind, haben für die Studie einen Fragebogen ausgefüllt. Der häufigste Grund für den Austritt: die Kirchensteuer (69 Nennungen). Mit 65 Nennungen folgt an zweiter Stelle die Entfremdung/eine fehlende Bindung zur Kirche. Eine wichtige Rolle spielen Glaubenszweifel: 39 Teilnehmer der Studie sind wegen ihnen aus der Kirche ausgetreten.
Weitere aufgezählte Gründe für den Austritt sind Skandale (29), ein persönlich enttäuschendes Erlebnis (34), die Diskrepanz zu ethischen Positionen der Kirche (24), zum Beispiel die Einstellung zu Homosexuellen oder zu wiederverheiratet Geschiedenen. Das Frauenbild der Kirche nannten 15 Menschen als Grund für ihren Austritt.
23 311 321 Katholikinnen und Katholiken leben in Deutschland. Das sind viele Millionen Lebensgeschichten in der katholischen Kirche. Es sind Menschen, die bleiben, obwohl ihnen vielleicht Vieles nicht passt, sie die Missbrauchsfälle wahrnehmen, sich für ihren Glauben rechtfertigen müssen und trotzdem sagen: Die katholische Kirche gehört zu meinem Leben dazu.
Drei Beispiele von Lebensgeschichten
Alle Geschichten der vielen Menschen in der Kirche wären eine Erzählung wert – die drei Hauptpersonen der Serie stehen als Beispiele.
Viel Freude beim Lesen und: Fortsetzung folgt ...