Anfrage
Brauchen die Verstorbenen unser Gebet?
Warum beten wir im Hochgebet für die Verstorbenen, „die in Gottes Gnade aus dieser Welt geschieden sind“? Sie brauchen unser Gebet doch gar nicht. R. S., Stadtroda
Zum Gebet für die Verstorbenen erreichen uns immer wieder Anfragen. Heute also: Brauchen sie unser Gebet? Nun, was heißt schon „brauchen“? Denn andersherum: Stehen die Leute, für die keiner betet, vor Gott schlechter da?
Zunächst muss man wohl sagen: An Gottes Gnade ist alles gelegen; ein Verstorbener kommt nicht deshalb schneller in den Himmel, weil wir so viel beten, oder ist länger im Fegefeuer, weil wir zu wenig oder gar nicht beten. Insofern: Nein, in dem Sinne brauchen sie unser Gebet wohl nicht. Wir verdienen uns den Himmel nicht selbst, wir verdienen ihn auch nicht für andere. Gott allein schenkt Heil.
Andererseits sind Christen überzeugt, dass Verstorbene nicht einfach getrennt von uns sind. Es gibt eine „Gemeinschaft der Heiligen“, zu der alle gehören, Lebende wie Verstorbene. Füreinander da zu sein, füreinander einzustehen, endet nicht mit dem Tod.
Beten, dass Verstorbene zu Gott gelangen, ist deshalb eine sehr alte Tradition. „Zögern wir nicht, den Verstorbenen Hilfe zu bringen und unsere Gebete für sie aufzuopfern“, schrieb Johannes Chrysostomos vor 1500 Jahren. „Kraft der Gemeinschaft der Heiligen empfiehlt die Kirche die Verstorbenen der Barmherzigkeit Gottes an und bringt für sie Fürbitten dar, insbesondere das heilige eucharistische Opfer“, heißt es im Katechismus.
Und was bringt das konkret? Nach der Lehre der Kirche helfen die Gebete den Verstorbenen, aus der Phase der Läuterung – die auch schon „in Gottes Gnade“ geschieht – in die Schau Gottes einzutreten. Allerdings wissen wir nichts über diese Läuterung. Sie ist auch nicht nach menschlichem Zeitmaß zu rechnen, so dass man sagen könnte: So geht es schneller.
Was das Gebet aber bringt, ist eine bleibende Verbindung. Die Toten sind nicht vergessen; sie sind sogar in unserem Gottesdienst gegenwärtig – nicht nur im Gedächtnis derer, die sie geliebt haben – und auch die, an die keiner mehr denkt. Gerade für sie zu beten, ist sicher Aufgabe christlicher Gemeinden.
Von Susanne Haverkamp