Arabien-Bischof geht in den Ruhestand
Brückenbauer in der Wüste
Er wollte den Menschen zeigen, dass Gott jedem Menschen Gutes will: Bischof Paul Hinder, Weihbischof der Arabischen Halbinsel, geht in den Ruhestand.
Ein Brückenbauer wolle er sein - einer, dem es gelingt, die Menschen spüren zu lassen, dass Gott jedem Menschen Gutes will. So umriss der Kapuzinerpater Paul Hinder 2004 kurz nach seiner Weihe zum Bischof sein neues Amt: Weihbischof des Apostolischen Vikariats Arabien, der Arabischen Halbinsel also, und damit des flächenmäßig größten katholischen Kirchenbezirks der Welt.
Seither hat er sich als differenzierter und besonnener Hirte der katholischen Minderheit in islamischen Landen einen Namen gemacht. Im April feierte der Schweizer Ordensmann seinen 80. Geburtstag. Am Sonntag, just zum Beginn des islamischen Festes am Ende des Ramadan, kündigte der Vatikan Hinders altersbedingte Ablösung an.
In den Kapuzinerorden, dem seit 1889 das Wohl der Christen Arabiens anvertraut ist, trat Hinder 1962 ein. Er studierte Theologie in Solothurn, promovierte und war zunächst in der Seelsorge und Novizenausbildung seines Ordens tätig. Erst Regionaloberer der Deutschschweizer Kapuziner, dann Provinzial der Schweizer Kapuziner, fiel im Generalrat des Ordens auch der Nahe Osten in sein Ressort.
Zahl der Katholiken hat sich in Arabien verdoppelt
Papst Johannes Paul II. war es, der den damals 61-Jährigen zum Weihbischof Arabiens bestellte und später zum Apostolischen Vikar von Arabien und Jemen mit Sitz in Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate (VAE) ernannte. Bei seinem Amtsantritt zählten sechs Länder zum Vikariat: Saudi-Arabien, Bahrain, VAE, Oman, Katar und Jemen. Auf die rund 3,1 Millionen Quadratkilometer seines Amtsbezirks kamen 1,3 Millionen Katholiken. Fast alle sind Ausländer, der Islam Staatsreligion. Hinders Gläubige sind Gastarbeiter. Sie kommen aus Indien, den Philippinen, aber auch dem Irak und Libanon.
Heute hat sich die Zahl der Katholiken mit 3,5 Millionen mehr als verdoppelt; auch die Zahl der Priester in der Seelsorge ist gestiegen. Erstmals hat mit Franziskus 2019 ein Papst die Region besucht. Eine Nuntiatur in Abu Dhabi, neue Kirchen und Pfarreien sind hinzugekommen, darunter die im Dezember 2021 eingeweihte Kathedrale "Unsere Liebe Frau von Arabien" in Bahrain. Strenggenommen gehört sie nicht mehr in den Einzugsbereich Hinders. Das Gebiet wurde 2011 durch Papst Benedikt XVI. in ein nördliches und ein südliches Vikariat geteilt. Bischof Camillo Ballin übernahm den nördlichen Teil mit Kuweit, Bahrain, Saudi-Arabien und Katar. Als er im April 2020 starb, übernahm Hinder bis auf Weiteres auch wieder Nordarabien.
Homogen sind in dem Großgebiet weder die politischen Realitäten noch die Gemeinde. In Saudi-Arabien etwa, das die heiligsten Stätten des Islam beherbergt, ist der Bau von Kirchen ebenso verboten wie das öffentliche Zurschaustellen nicht-islamischer Religionen. Die Situation dort, heißt es auf der Webseite des Vikariats, "ähnelt derjenigen der frühen christlichen Gemeinschaften". In den Emiraten hingegen genießen Christen relative Freiheiten. Die Toleranz hat indes auch hier Grenzen. Missionieren etwa ist streng verboten.
Amt in schwierigen Zeiten
Hinder übernahm sein Amt in schwierigen Zeiten. Die Anschläge des 11. September 2001 hatten das Verhältnis zwischen dem Westen und der islamischen Welt verschärft. Immer wieder betonte Hinder die spirituelle Nähe von Islam und Christentum. Der Schutz menschlichen Lebens und der Familie, die Überwindung von Armut und das Engagement für Gerechtigkeit und Frieden seien Anknüpfungspunkte.
Denen im Westen, die Angst vor dem Islam haben, hält Hinder gern den Spiegel vor. Seine These: Wer unsicher in der eigenen religiösen Praxis sei, lasse sich durch eine fremde Religion schneller verunsichern. Kritisch bewertete er in diesem Zusammenhang das Schweizer Minarettverbot und betont, dass am Dialog zwischen Christen und Muslimen kein Weg vorbeiführe.
Schon vor fünf Jahren hatte Hinder dem Papst seinen altersbedingten Rücktritt angeboten. Nun bestimmte Franziskus den 63-jährigen Mailänder Weihbischof Paolo Martinelli zu seinem Nachfolger. Auch er ist Kapuziner. Neben der Seelsorge für die Arbeitsmigranten wird Martinelli in den kommenden Jahren vor allem Franziskus' Dialoginitiative mit den Muslimen mit voranbringen müssen - diskret und mit Fingerspitzengefühl.
kna