Ministrantenwallfahrt des Bistums Mainz
Chillen auf der Liebfrauenheide
Gottesdienst ist keine „Ein-Mann-Show“, sagt Bischof Peter Kohlgraf vor rund 500 Ministranten und erinnert sich an die eigene Messdienerzeit. Damit trifft er den Ton seiner Zuhörer bei der ersten Diözesan-Ministrantenwallfahrt. Von Bernhard Koch.
„Großartig, dass es euch gibt!“ Voll des Lobes ist Bischof Peter Kohlgraf über die rund 500 Messdienerinnen und Messdiener aus dem gesamten Bistumsgebiet. Sie sind zur ersten Diözesan-
Ministrantenwallfahrt gekommen. Bisher war das Ziel der Ministrantenwallfahrt Rom gewesen. Diesmal ist es die Liebfrauenheide bei Klein-Krotzenburg. Das Motto: „… der Himmel und Erde erschaffen hat."
Dort, wo 150 Jahre zuvor Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler vor 10.000 Menschen seine Predigt zur Sozialen Frage hielt, begrüßen Diözesanjugendseelsorger Mathias Berger und Pfarrer Thomas Weiß aus St. Nikolaus, Klein-Krotzenburg, an jenem regnerischen Morgen die Kinder und Jugendlichen, die sonst daheim am Altar Dienst tun. Am „Natur-Dom“ – so nennen manche die Kapelle auf der Liebfrauenheide – gibt es einige Informationen zum Wallfahrtsort, zum Gnadenbild, zu dem gepilgert wird, und zu Bischof Ketteler. Weiß und Berger laden die Minis zum „Chillen auf katholisch“ ein, die Liebfrauenheide als einen Ort zu genießen, wo man die Seele baumeln lassen kann.
In seiner lebendigen und prägnanten Predigt beleuchtet Bischof Kohlgraf, was Promis wie Jogi Löw, Thomas Gottschalk oder Günther Jauch über ihren früheren Dienst als Messdiener sagen und betont, dass Messdienersein mehr ist als „Kirche, kicken, Karneval“. Auch über seine eigenen Erfahrungen als Messdiener berichtet er.
Diese seien nicht immer von tiefer Frömmigkeit durchzogen gewesen, wenn man sonntags morgens zum Gottesdienst angetreten ist. Aber wichtig sei, so der Bischof, immer die Erfahrung der „Freundschaft mit anderen“ in einem Gottesdienst, der keine „Ein-Mann-Show“ ist, in dem jeder seinen Dienst wahrnimmt zum Lobe Gottes.
Etwa 9100 Messdiener zwischen neun und 70 Jahren gibt es im Bistum, rund 500 000 bundesweit, erklärt Kevin Schnaderbeck vom Diözesan-Miniteam. Diözesanjugendseelsorger Mathias Berger ist „glücklich, dass sich so viele auf den Weg gemacht haben zur ersten Diözesan-Miniwallfahrt“ und blickt schon in die Zukunft: „Das ist ein gutes neues Format für unser Bistum, es wird nicht die letzte Wallfahrt dieser Art gewesen sein.“
Derweil sitzt Ortspfarrer Thomas Weiß von jungen Ministranten umgeben vor der Kapelle, freut sich über die Akzeptanz. „Es ist schön zu beobachten, wie junge Menschen diesen Ort hier wahrnehmen in der freien Natur und erleben, wie schön Himmel und Erde sind, die Gott erschaffen hat.“
Der Bischof ist inzwischen abgereist zum nächsten Termin, aber die Messdiener sind weiter aktiv in Kreativgruppen. Sie basteln Kerzen, knüpfen Rosenkränze und stellen – passend zum Schöpfungsmotto – aus Verpackungen Hüllen für Smartphones und Tablets her.
Nachgefragt: Bestärkt und bestätigt
Das Gemeinschaftsgefühl steht ganz oben auf der Liste dessen, was Ministrantinnen und Ministranten von der Wallfahrt mitgenommen haben. Hier Stimmen von Teilnehmern:
Die Workshops haben Hanna (12) besonders gefallen. Zum Beispiel Rosenkränze flechten. „Wenn einer etwas nicht verstanden hat, hat ein anderer geholfen.“ Diese Erkenntnis nimmt sie mit: „Auch wenn man klein ist, kann man etwas erreichen. In Gemeinschaft.“
Louis Ochlast (25), Oberministrant aus St. Nikolaus in Klein-Krotzenburg, hat die Wallfahrt ehrenamtlich mit vorbereitet. „Die Gemeinschaft hat mich für meinen Dienst bestärkt und bestätigt.“ Beeindruckt hat ihn, wie Bischof Kohlgraf darüber sprach, dass es ihm in seiner Messdienerzeit nicht immer leicht fiel, zur Kirche zu gehen und sich mit seinem Glauben auseinanderzusetzen. „Ich fand es schön, dass er darüber spricht, was er selbst erlebt hat.“
Über Bischof Kohlgraf hat sich auch Benedikt Kiefer (21), Messdiener aus Gernsheim, gefreut. „Dass er sich so viel Zeit genommen und sich in seiner Predigt mit dem Messdienersein auseinandergesetzt hat.“ Eindrücklich fand Kiefer Aussagen von Kindern zu ihrer Zukunft und Klimaschutz. „Ihre Kommentare wirkten sehr erwachsen.“ Er frage sich, ob die Kinder nicht mehr Freiheit für andere Gedanken hätten, wenn Erwachsene in Politik und Gesellschaft ihren Job machen würden.
Magdalena Damrath (17) fuhr mit ihrer Schwester und drei weiteren Messdienern aus Romrod zur Liebfrauenheide. „Ein schönes Motto und ein passender Ort in Zeiten von fridays for future“, sagt sie. „Vor jedem Gottesdienst sagen wir: … der Himmel und Erde erschaffen hat. Jetzt verbinde ich damit die Wallfahrt und den Auftrag, die Schöpfung zu schützen.“
Alena Bell (27) hat ehrenamtlich den Upcycling-Workshop betreut. Mit Teilnehmern bastelte sie aus Verpackungen und Stoffresten Hüllen für Mobilgeräte. Schön fand sie es, eine ihr unbekannte Pfarrei im Bistum kennenzulernen. (wei)
Zur Person: Neue Referentin
Im September wird sie als Pastoralreferentin im Bistum gesendet. Seit zwei Wochen ist Anna-Katharina Poppe aber schon im Referat Ministrantinnen und Ministranten im Bischöflichen Jugendamt aktiv. „Das ist meine Einstiegsstelle“, sagt die 30-Jährige. Sie folgt Tobias Sattler und Anna Mersch, die die Mini-Wallfahrt auf die Liebfrauenheide „gut vorbereitet haben“, sagt Poppe. „Für diesen guten Start bin ich ihnen dankbar.“ (wei)