Jugendreferenten in Pfarreien
Da ist jemand – der hat Zeit
Wie können wir junge Leute begleiten? Eine wichtige Frage für die Kirche. Um Antworten darauf zu geben, setzt das Bistum in 18 Pfarreiengemeinschaften Jugendreferenten ein – zum Beispiel in Haselünne und Emsbüren.
An diesem Nachmittag ist im Haselünner Pfarrheim richtig was los. Unten im offenen Treff sitzen mehrere Jugendliche entspannt zusammen, hören Musik, klönen, spielen Billard oder kickern. „Alles klar bei euch?“, fragt Sven Diephaus, der kurz zur Tür reinschaut. „Läuft“, sagt einer der Gäste lakonisch und hebt kurz die Hand. Diephaus, Jugendreferent in der St.-Vincentius-Gemeinde, geht die Treppe hoch ins obere Geschoss und damit steigt auch der Lärmpegel an. Zahlreiche Jungen und Mädchen flitzen über die Flure – gleich wollen sie mit ihm und elf Gruppenleitern Kekse backen. 90 Kinder und Jugendliche haben sich dazu angemeldet. Neun Kilo Teig hat der Sozialpädagoge dafür vorbereitet.
Dass sein Angebot so gut angenommen wird, freut ihn. Aber es geht nicht nur darum, dass die Teilnehmer leckere Plätzchen mit nach Hause nehmen. Sondern, dass auch Zeit ist für Gespräche und Begegnung. Seit drei Jahren arbeitet Diephaus als Jugendreferent in Haselünne, fast genauso lange wie Angelina Völker in der St.-Andreas-Gemeinde in Emsbüren. Beide verstehen sich als Interessenvertreter und Lebensbegleiter für Jugendliche. „Sie wissen – da ist jemand, der hat Zeit für uns und hört zu“, sagt Völker.
Jugendreferenten im Gemeindedienst (JiG) – die gibt es laut Benedikt Kisters (Leiter des Diözesanjugendamtes) nicht in allen Bistümern. Gerade in den vergangenen zwei Jahren ist ihre Zahl auf jetzt 18 angewachsen. Sie werden vor allem in größeren Gemeinden und Pfarreiengemeinschaften eingesetzt und sind Teil der pastoralen Teams. Meist haben die Männer und Frauen Sozialpädagogik und Soziale Arbeit studiert. „Es sind keine zusätzlichen Stellen, sondern die Kollegen und Kolleginnen sind in die Stellenpläne eingerechnet“, macht Kisters klar. Dass die Jugendreferenten die pastoralen Teams bereichern, davon ist JiG-Sprecher Simon Fübbeker (Haren) aber überzeugt.
Suche nach Antworten für die Zukunft
Denn Sozialpädagogen können durch ihr Studium und das damit verbundene Fachwissen einen anderen Blick auf die Lebenswelt junger Leute werfen als Seelsorger. Und diese Lebenswelt verändert sich laut Fübbeker rasant. „Wir reagieren auf die Herausforderungen, die der gesellschaftliche Wandel mit sich bringt“, erklärt auch Kisters, warum das Bistum immer mehr Jugendreferenten einsetzt. Er weiß, dass junge Leute auf der Suche nach Antworten für ihre Zukunft sind. Sie brauchen dann Gruppenerfahrungen, verlässliche Beziehungen und Orientierung – vielleicht auch aus dem Glauben heraus.
Warum einige Pfarreiengemeinschaften Jugendreferenten haben und andere nicht, begründet der Leiter des Diözesanjugendamtes mit dem jeweiligen Bedarf. „Auf diese Weise soll eine gute Jugendarbeit vor Ort gewährleistet werden“, sagt er. Oft arbeiten die Jugendreferenten dabei mit anderen Hauptamtlichen zum Beispiel in der Firmkatechese oder beim Zeltlager zusammen.
„Aber es gibt Themenfelder, wo eine besondere sozialpädagogische Begleitung gewinnbringend ist“, erklärt Kisters. Er denkt an offene Treffs, an Kontakte zwischen Schule und Gemeinde oder an die Ausbildung von Gruppenleitern. „Das ist ein personales Angebot durch oft jüngere Kollegen, die eine andere Nähe zu den Jugendlichen haben – echte Beziehungsarbeit. Da wächst mit den Jahren ganz viel“, sagt Kisters. Kirche könnte so zu einem Raum werden, wo Jugendliche (wieder) hingehen. Er könnte sich vorstellen, dass noch mehr Jugendreferenten in weiteren Gemeinden eingesetzt werden.
Angelina Völker und Sven Diephaus haben bisher gute Erfahrungen gemacht. Viele Aufgaben stehen auf ihrem Stundenplan: Firmvorbereitung und Zeltlager, Sternsinger und Messdienerarbeit, Glaubenswochen und Jugendmessen, Aktionen wie der Plätzchennachmittag, Spielturniere oder Kinoabende. Außerdem begleiten sie die Jugendverbände, bilden Helferkreise aus und halten Kontakte zu den Schulen. Eine Mischung aus spirituellen Angeboten und Aktionen mit Gemeinschaftscharakter.
Sofa bei Sprechstunden immer besetzt
Beide haben eigene Büros im Pfarrheim oder Jugendheim. Angelina Völker bietet Sprechstunden an. „Da ist mein Sofa immer besetzt.“ Sven Diephaus freut sich ebenfalls über jeden Gast an seinem Schreibtisch. „Wir haben eigene Bereiche für die Jugendarbeit und das ist auch wichtig.“ Oft entwickelt sich aus diesem „Kurz-mal-zur-Tür-Reinschauen“ ein längeres Gespräch: über Probleme in der Schule, mit Freunden oder zu Hause, über die Frage, was man nach der Oberschule oder dem Abitur machen könnte. Eine Vertrauensbasis zu schaffen, ist den Jugendreferenten wichtig. „Wir sind für einige Momente Lebensbegleiter, können helfen und unterstützen“, sagt Völker. „Und das macht total Spaß.
Petra Diek-Münchow