Das Gewohnte ganz anders

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Nur ein Mensch auf zehn Quadratmetern? Darauf sind die Kirchen nicht vorbereitet. Die Pfarrei St. Anna in Schwerin hat ihre Lösung gefunden: Mit vier Sonntagsmessen in St. Andreas und einer Messe im evangelischen Dom

Gottesdienst in Coronazeiten in St. Andreas Schwerin
Eine von vier Sonntagsmessen in der Schweriner St. Andreas-Kirche auf dem Großen Dreesch. Maximal 35 Personen passen dort unter den gegenwärtigen Bedingungen hinein. Foto: Rainer Cordes

Gemeinde, Eucharistie, der Dienst am Altar sind den Schweriner Katholiken äußerst wichtig, so die jüngsten Erfahrungen in Zeiten der Pandemie. Kirche in der gewohnten Form eines gelebten Gottesdienstes haben sie in den letzten Tagen vermisst. So allein waren sie dabei als Kirche gar nicht. Andere vermissen ihr Fitnesstudio, wieder andere ihre Laufgruppe, das Kino, das Restaurant, das Zelt und andere wieder vieles anderes mehr. 

Am letzten Sonntag begannen wieder in den Schweriner Gemeinden die Gottesdienste. Natürlich mit strengen Regeln. Die Abstandsregel von 1,5 Meter war den Gottesdienstbesuchern nicht mehr ganz neu. Ehepaare und Familien mit Kindern durften mit Abstand zu anderen Nachbarn zusammensitzen. Mund- und Nasenschutz war zu tragen. Auch mussten sich alle Gottesdiensteilnehmer registrieren lassen, um mögliche Infektionsketten nachverfolgen zu können. 


Der gotische Dom ist das größte Gotteshaus in Schwerin. Die evangelische Kirche öffnete die Türen für die katholische Messfeier. Foto: Rainer Cordes

Die Gemeinde war so jung wie lange nicht

Die Raumfläche von maximal einer Person pro zehn Quadratmeter war einzuhalten, unabhängig von den hohen Raumhöhen in den Kirchen. Daraus ergab sich: Gottesdienste in St. Andreas können bis zu 35 Personen fassen. In St. Anna nur 28 Personen und in St. Martin noch weniger. Der Schweriner Dom fasst aber bis zu 200 Personen. 

Obwohl St. Anna als die katholische Mutterkirche in Mecklenburg gilt, fiel aufgrund der Größe die Entscheidung für „eingeschränkte Gottesdienste“ in St. Andreas und im Dom. Auf Nachfrage war Domprediger Pastor Volker Mischok in geschwisterlicher Verbundenheit sofort bereit, die Domtüren zu öffnen, um der katholischen Kirche Herberge zu bieten. Dankbar nahm die katholische Gemeinde dieses Angebot der Schwesterkirche an.

Im Ablauf der Messe im Dom gab es dann einige Veränderungen. Gesang war nicht erlaubt, wohl aber Orgelmusik. Mundkommunion war nicht möglich. Ordner sorgten für einen reibungslosen Ablauf, so beim Zutritt und Verlassen der Kirchen. So soll es nach strengen Regeln der Landesregierung und des Erzbistums auch bis auf Weiteres bleiben. Auf Weihwasser und den Friedensgruß musste ganz verzichtet werden. Auch die Begegnungen nach den Gottesdiensten im Vorraum der Kirchen sind jetzt nicht möglich. Für Begegnungen draußen und Freiluftgottesdienste gilt derzeit eine Begrenzung auf 50 Personen, demnächst auf 150 Personen. Erkrankte Personen dürfen an den Gottesdiensten nicht teilnehmen. Für sie gibt es auf Nachfrage bewährte Besucherdienste in der Gemeinde.

Lesung, Evangelium und die Predigt erinnerten an das Schriftwort „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden!“. Ein Stein, der anstößt. Ein Felsen, der nicht zu Fall kommt, sagte Propst Dr. Georg Bergner in der Predigt. Wie sollen unsere himmlischen Wohnungen aussehen? Die himmlische Gemeinschaft, so sagt es die Bibel, wird keine normale Wohnstätte sein, sondern eine himmlische Stadt, von der Präsens Gottes erfüllt! Schöpfung ist ein Ganzes. Mensch und Natur sind aufeinander angewiesen, auch in China und anderswo! 

Eigentlich kommen mehr ältere Gemeindemitglieder zu den Gottesdiensten. Sie sind die „Ecksteine“ für die Gemeinde. Heute gehören sie zur ausgemachten „Risikogruppe“. Deshalb waren viele ältere Gemeindemitglieder lieber zu Hause geblieben. Die Gemeinde im Dom war dieses Mal so jung wie schon lange nicht mehr! 

Text: Bernd Loscher