Solidarität in der Corona-Krise

"Das ist zukunftsweisend"

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Im Interview mit unserer Zeitung spricht der Kasseler Soziologe Heinz Bude darüber, warum wir in der Corona-Krise eine neue Solidarität erleben – und wie das unsere Gesellschaft und die Welt nachhaltig verändern könnte.

Der Soziologe Heinz Bude, Foto: kna/Harald Oppitz
„Im Augenblick ist die Solidarität die einzige Medizin, die wir haben", sagt der Kasseler Soziologe Heinz Bude. 

Die Corona-Pandemie wird die Gesellschaft nach Worten des Kasseler Soziologen Heinz Bude nachhaltig verändern. Nach der Krise werde es eine Neubestimmung der Sozialen Marktwirtschaft geben und der Staat werde künftig eine stärkere Rolle spielen, sagte er im Interview dieser Zeitung. Eine Mehrheit der Bevölkerung werde auch nach der Krise noch bereit sein, Beschäftigten in der Pflege und der Lebensmittelbranche ein höheres Gehalt zu zahlen. Außerdem sei die Gefahr, dass die EU auseinanderbrechen könnte, „vorerst gebannt“, so Bude. Den politischen Führungen sei klar geworden, dass es Probleme gebe, die nur gemeinsam zu lösen sind.

Der Soziologe ist überzeugt, dass die Gesellschaft durch die Corona-Pandemie solidarischer geworden ist. Zugleich habe sich der Solidaritätsbegriff gewandelt. Lange Zeit sei die vorherrschende Meinung gewesen, dass nur ein Kollektiv wie etwa die Arbeiterklasse oder ein Volk Nutznießer von Solidarität sei, erklärte er. Aktuell gebe es dagegen eine Solidarität, von der der Einzelne profitiere, zum Beispiel die ältere Frau, für die jemand den Einkauf erledigt. „Das ist neu, modern und zukunftsweisend“, so Bude.

"Der Mundschutz ist ein wirksamer Akt der Solidarität"

„Im Augenblick ist die Solidarität die einzige Medizin, die wir haben“, sagt der Soziologe. Jeder müsse darauf vertrauen, dass die Mehrzahl der Menschen die Distanzierungs- und Hygienevorschriften einhält und dass der gemeinsame Glaube an eine Bewältigung der Krise nicht nachlässt. Mit Lockerungen der Einschränkungen des öffentlichen Lebens werde die Solidarität noch wichtiger, betonte Bude.

Eine Mundschutzpflicht wäre seiner Meinung nach dann ein wichtiges Zeichen: „Der Mundschutz ist eine Geste von wechselseitiger Rücksichtnahme und Aufmerksamkeit.“ Die Maske erinnere den Einzelnen daran, dass er andere besser schützen könne, falls er infiziert sei, ohne es selbst zu merken, und auch dass er sich regelmäßig die Hände waschen sollte. „Der Mundschutz ist ein Symbol, aber auch ein einfacher und wirksamer Akt der Solidarität“, so Bude.

(kna/vpb)

Das vollständige Interview mit Heinz Bude können Sie in unserer aktuellen Ausgabe lesen.