Häusliche Gewalt

Das Zuhause ist kein sicherer Ort

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Bleibt zu Hause: Für viele Frauen klingen manche Corona-Empfehlungen wie blanker Hohn. Weil sie in den eigenen vier Wänden gedemütigt, geschlagen und misshandelt werden. Die Caritas und der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) helfen auch in diesen Zeiten.


Mit einer Plexiglasscheibe auf dem Tisch wie hier in der Caritas-Beratungsstelle
in Papenburg ist auch in Coronazeiten ein persönliches Gespräch möglich.
Foto: Caritasverband Emsland

Birgitt Ridder-Stockamp kümmert sich seit knapp zehn Jahren in der Caritas-Beratungsstelle in Papenburg um Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Seit Beginn der Corona-Pandemie haben sie und ihre Kollegin mehr Anrufe und Online-Anfragen registriert. „Der psychische Druck ist für einige Frauen groß, weil für sie ihr Zuhause gerade der unsicherste Ort der Welt ist.“ Denn wegen der Kontaktbeschränkungen, der Schließung von Betrieben oder Kurzarbeit hocken Familien eng aufeinander – und nicht alle haben Haus und Garten. Auch Selbsthilfegruppen konnten sich nicht treffen: „Da sind einfach viele Strukturen weggebrochen.“

Die Sozialarbeiterin denkt zum Beispiel an eine 32-jährige Frau, die die Corona-Krise „total zurückgeworfen und sogar in eine Depression gebracht hat“. Bis vor einem Jahr hatte sie heftige Gewalt zu Hause erleiden müssen – es aber dann geschafft, sich zu lösen und ein neues Leben aufzubauen. Jetzt aber versucht der Ex-Partner vermehrt, über das gemeinsame Kind wieder Zugang zu bekommen – sie zu kontrollieren und Druck auf sie auszuüben. Weil sie sich durch die Beschränkungen ohnehin isoliert fühlt, weil auch sie die ganze Situation ängstigt, fällt es der Emsländerin schwer, „die Trennung emotional aufrechtzuerhalten“ sagt Ridder-Stockamp.

In den kommenden Wochen werden sich noch mehr Frauen melden

Frauen wie diese Klientin versucht die Caritas-Mitarbeiterin immer wieder aufzubauen und Perspektiven aufzuzeigen. Wobei die praktische Arbeit in den vergangenen Wochen ganz anders als sonst aussah. Wegen der Infektionsgefahr fanden viele Kontakte eher über das Telefon oder im Internet statt. Aber nicht immer reichten die Anrufe aus, „manchmal brauchte es trotzdem ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht, wo jemand auch mal unbeobachtet weinen und sich alles von der Seele reden konnte“.Sorgsame Hygieneregeln, Mundmasken und eine Plexiglasscheibe auf dem Tisch machten persönliche Treffen möglich. Das soll auch jetzt so gehandhabt werden, wenn die Beratungsstellen ihre Öffnungszeiten nach und nach wieder mehr ausdehnen. 

Birgitt Ridder-Stockamp rechnet damit, dass sich in den nächsten Wochen noch mehr Frauen bei ihr melden werden. Die Dunkelziffer im Bereich häusliche Gewalt ist hoch, glaubt sie. Viele Betroffene können nach ihrer Einschätzung im Moment nur eingeschränkt mit der Außenwelt kommunizieren. Weil der Partner durch Kurzarbeit oder Homeoffice mehr als sonst zu Hause ist – und damit auch mehr kontrollierten kann: das Telefon, den Computer, den Spaziergang. „Viele Frauen halten jetzt zu Hause aus und machen vielleicht viel mehr mit, als nach außen bekannt wird.“ Die Sozialarbeiterin fürchtet, dass sich „da einiges anstaut. Betroffene Frauen sollen sich melden, egal wann.“ 

Petra Diek-Münchow

 

Zur Sache

Die Beratungsstelle des Caritasverbands Emsland in Papenburg hat derzeit telefonische Sprechstunde montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 12 Uhr sowie dienstags und mittwochs zusätzlich von 14 bis 16.30 Uhr.

Sie befindet sich in der Kirchstraße 16 und ist erreichbar unter Telefon 0 49 61/9 44 10 (Zentrale) bzw. 94 41 41 oder 94 41 12.

Per E-Mail sind die beiden Sozialarbeiterinnen unter gmiddendorf@caritas-os.de sowie bridder-stockamp@caritas-os.de ansprechbar.

Heike Gertken von der Beratungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt (BISS) ist per Telefon unter 01 51/11 87 58 30 und per E-Mail unter heike.gertken@skf-meppen.de zu erreichen. Termine werden nach vorheriger telefonischer Absprache vergeben und finden in der wöchentlichen Sprechstunde in den Räumen der Stadt Papenburg, Kirchstraße 7, statt. Bei Bedarf können auch Hausbesuche angeboten werden – unter Berücksichtigung der derzeit geltenden Hygieneregeln.