Ausstellung zum Westfälischen Frieden

Der Osnabrücker Handschlag

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Die Urkunde zum Friedensschluss
Nachweis

Foto: Thomas Osterfeld

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Die Urkunde zum Friedensschluss. Foto: Thomas Osterfeld

Zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs wurde der Frieden mit den Schweden in Osnabrück verhandelt und 1648 per Handschlag besiegelt. Dokumente zum Osnabrücker Handschlag und Gegenstände, die das Leben der Gesandten beleuchten, sind im Diözesanmuseum unter dem Titel „Dem Frieden ein Gesicht geben“ zu sehen.  

Als klar war, dass die Friedensverhandlungen mit Schweden in Osnabrück stattfinden würden, gehörten die Skandinavier schon seit Jahren zum Stadtbild: Im August 1633 kamen die schwedischen Truppen als Belagerer, im September nahmen sie Osnabrück ein und blieben als Besatzungsmacht. Die lutherisch orientierte Stadtbevölkerung konnte nun wieder in der Marienkirche und in St. Katharinen ihre Gottesdienste feiern, die der katholische Fürstbischof Franz Wilhelm von Wartenberg im Zuge der Gegenreformation zuvor unterbunden hatte. Doch unter der schwedischen Besatzung war der Krieg noch nicht vorbei.

So freuten sich die Stadtoberen, dass Osnabrück neben Münster als Verhandlungsort für einen Friedenskongress ausgewählt wurde. Damit wurden Osnabrück und Münster 1643 neutral, während um sie herum das Kriegsgeschehen weiterging. Im Gegenzug mussten die Städte für die Sicherheit der Kongressteilnehmer sorgen und die Stadttore bewachen lassen, anreisende Gesandte  sollten zu jeder Tages- und Nachtzeit eingelassen werden. In Münster übernahmen diesen Wachdienst Profis, in Osnabrück wurden Bürger dazu herangezogen; einige von ihnen hielten ihre Nachtwache am Stadttor nach der Arbeit und waren entsprechend übermüdet, weshalb die Wartezeit am Stadttor bisweilen lang wurde. 

Solche und andere Anekdoten können Touristen erfahren, die im Osnabrücker Diözesanmuseum die Ausstellung „Dem Frieden ein Gesicht geben“ besuchen und eine Führung buchen. Zu vielen der ausgestellten Gegenstände gibt es kleine Geschichten, die über die Beschreibungen der Objekte hinausgehen. Gezeigt wird zum Stichwort Tischsitten beispielsweise ein Branntweingefäß; es diente unter anderem dazu, eine Lebkuchenspeise, die wie ein „Tiramisu“ auf den Tisch kam, zu servieren. Das Gefäß wurde unter den Gästen am Tisch immer weitergereicht und jeder nahm sich mit dem Löffel ein, zwei Bissen. Auch der Löffel ging herum und wurde von allen benutzt.

Die Schweden hatten echtes Tafelsilber

Dies erfolgte zu einer Zeit, in der Besteck in der heutigen Form nicht üblich war. Die schwedischen Gesandten allerdings besaßen bereits Gabeln und brachten sie auf den Tisch. Ihr Tafelsilber diente aber nicht nur zum Essen, sondern zeigte gleichzeitig den Status seiner Besitzer an: Das Silber hätte auch eingeschmolzen werden können, um die Kriegskasse aufzubessern.
Für die Ausstellung sind viele Gegenstände zusammengetragen worden, die das Leben der Stadtbevölkerung und der Gesandten, die am Friedenskongress teilnahmen, verdeutlichen, zum Beispiel Besteck für einen Aderlass, Gläser und Gläserschraube, Kartenspiele oder „Patenpfennige“. 

Goldene Münze
Die "Patenpfennige" waren aus Gold oder aus Silber und wurden der Familie des Täuflings geschenkt. Foto: Thomas Osterfeld

Diese „Patenpfennige“ waren Münzen aus Gold oder Silber und wurden von Taufpaten der Familie des Kindes geschenkt. In der Zeit der mehrjährigen Friedensverhandlungen hatten sich einige Osnabrücker Familien mit den Familien der Gesandten angefreundet.  

Einige im Diözesanmuseum gezeigte  Gegenstände wurden von Archäologen zur Verfügung gestellt, zum Teil sind sie bei Grabungen im Umfeld der Gesandtenquartiere gefunden worden. Andere Objekte wurden aus Archiven auf die Reise geschickt, darunter eine Federzeichnung, auf der die Sitzordnung festgehalten ist, die am 6. August 1648 bei der Verlesung der Urkunde zum Osnabrücker Handschlag bestand. Die Zeichnung stammt aus dem Bericht von Georg Achatz Heher, dem Gesandten von Sachsen-Gotha, und wurde als Leihgabe vom Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Gotha zur Verfügung gestellt. 

Kernstück der Ausstellung ist allerdings die Urkunde, deren Text per Handschlag besiegelt wurde und die als Osnabrücker Friedensinstrument mit dem lateinischen Titel „Instrumentum Pacis Osnabrugensis“ in die Geschichte einging, von Historikern abgekürzt als „IPO“ bezeichnet, im Gegensatz zum „IPM“, dem Vertragsdokument, das in Münster unterzeichnet wurde. Die Urkunde des „Instrumentum Pacis Osnabrugensis“ wurde vom Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv ausgeliehen und ist erstmals in Osnabrück zu sehen. Die geheimnisvolle Beleuchtung zeigt, dass dieses Dokument vor zu viel Lichteinfall geschützt werden muss. Angestrahlt werden dagegen die Porträts der schwedischen Verhandlungsführer Johan Axelsson Oxenstierna und Johan Adler Salvius. Während Oxenstierna die Position seines Vaters, des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna vertrat, verhandelte Salvus im Interesse der schwedischen Königin Christina.   

Johan Axelsson Oxenstierna hatte sein Quartier in einem Gebäude auf dem Grundstück bezogen, wo heutzutage das Bischofshaus steht, er brachte seine Gemahlin mit. Sein Osnabrücker Domizil wurde zu einem der Zentren für die Friedensverhandlungen. Oxenstierna und seine Frau Anna Margaretha wussten zu repräsentieren. Bei Einladungen ließ Oxenstierna reichlich Alkohol ausschenken. Manche Gäste konnten die teuren Stofftapeten bewundern, die in den Räumen hingen; wenn die Oxenstiernas für eine Weile woanders Quartier bezogen, nahmen sie die Wandbespannungen mit. Auch Beispiele für historische Tapetenstoffe sind in der Ausstellung zu sehen. Andere Gesandte wohnten nicht so schön in ihrer Osnabrücker Zeit. Der Vertreter aus Basel, Johann Rudolf Wettstein, hatte sich bei einer Wollweberfamilie eingemietet und musste mit einem einzigen Zimmer zurecht kommen. Viele Gesandten beklagten sich auch über die schlechte Luft, die in der Stadt herrschte – Hinterlassenschaften des Viehs, das durch die Straßen getrieben wurde, und menschlicher Unrat steckten in den stehenden Gewässern fest und stanken zum Himmel, wie Samuel Arend erläutert.

Arend ist als Vertreter des Forschungsinstituts für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit der Universität Osnabrück am Projekt beteiligt, denn die Ausstellung im Diözesanmuseum wird von Schautafeln an weiteren Orten ergänzt. Die Erstellung und Auswahl der Texte für diese Tafeln im Außenbereich übernahmen Historiker und Historikerinnen der Universität Osnabrück unter Leitung von Siegrid Westphal, Professorin für Geschichte der Frühen Neuzeit.

Das Diözesanmuseum ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Texttafeln mit Informationen sind in Osnabrück in der Marienkirche, Katharinenkirche, in St. Johann und im Dom zu sehen. Die Ausstellung endet am 5. November. Weitere Infos gibt es hier.

 
Der Osnabrücker Handschlag

Nach dreißig Jahren Krieg in Mitteleuropa und fünf Jahren Friedensverhandlungen in Osnabrück und Münster wollten die Gesandten Schwedens, des Kaisers und der Reichsstände am 6. August 1648 endlich den ersehnten Frieden schließen. Um zehn Uhr versammelte man sich im schwedischen Quartier in Osnabrück und verfolgte, wie der kaiserliche Gesandte Isaak Volmar den mühsam ausgehandelten Entwurf des Friedensvertrages Wort für Wort verlas. Über sechs Stunden zog sich seine Lesung, ein wichtiger notarieller Akt, hin, bei dem noch manche Korrektur vermerkt wurde. Nicht zuletzt wurde intensiv darüber diskutiert, wie der Friedensvertrag Gültigkeit erlangen könnte. Denn die Schweden wollten mit Rücksicht auf ihre französischen Verbündeten den Vertrag nicht vor Ort unterzeichnen. Doch dann kam die erlösende Idee: Ein Handschlag sollte es tun. Um vier Uhr nachmittags versprachen sich die Gesandten zum Zeichen, dass an dem Friedensvertrag „weiter nichts geendert werden solt“, den Frieden „in die handt“ (Diarum Volmar) und verschafften ihm damit Rechtsgültigkeit. 
(Quelle: Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit der Universität Osnabrück).

Andrea Kolhoff