Sommerserie: katholische Medienleute

Der Papstversteher

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Ludwig Ring-Eifel auf dem Petersplatz
Nachweis

 Foto: kna/Anita Hirschbeck

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Auf dem Petersplatz fühlt sich Korrespondent Ludwig Ring-Eifel wie zu Hause.

In einer Sommerserie stellen wir katholische Medienleute vor. Heute: Ludwig Ring-Eifel, Leiter des römischen Büros der deutschsprachigen katholischen Nachrichtenagenturen.

Ob er zu den Menschen gehört, die den Vatikan verstehen? Ludwig Ring-Eifel zögert kurz. Dann antwortet er: „Doch, ja, ich würde mich dazuzählen.“ Seit gut einem Jahr leitet der 62-Jährige das römische Büro der deutschsprachigen katholischen Nachrichtenagenturen. Doch Ring-Eifel ist kein Neuling hier: Schon von 1996 bis 2005 war er für die deutsche Katholische Nachrichten-Agentur (kna) in der Ewigen Stadt, bevor er von 2005 bis 2022 deren Chefredakteur war.

Rom hat ihn auch in dieser Zeit nicht losgelassen. Immer wieder kam er her, unterstützte das römische Büro in Urlaubszeiten oder zu Großereignissen. „Wenn man die Atmosphäre hier einmal so aufgesogen hat, ist es eine Art Heimkehr“, sagt er. Das Büro der kna ist nur wenige Minuten vom Petersplatz entfernt. „Es ist notwendig, hier vor Ort zu sein.“

Etwa an dem Morgen, als Papst Franziskus vor einigen Wochen aus dem Krankenhaus entlassen wurde. „Ich kam ins Büro und sah, wie konkurrierende Polizeieinheiten versuchten, den Verkehr zu regeln.“ Ein klares Zeichen: Irgendetwas ist im Gange. Ring-Eifel muss nur aus dem Büro mit dem alten vergitterten Fahrstuhl ins Erdgeschoss fahren, schon ist er im römischen Leben mit seinen Bars und Restaurants. „Als Korrespondent trifft man sich da mit Insidern oder Beobachtern, um Informationen und Gerüchte auszutauschen.“ 

Gerüchte sind ein Teil seiner Arbeit

Papst Franziskus wird nicht müde, Gerüchte und Geschwätz zu kritisieren. Doch genau damit umzugehen, ist ein wesentlicher Teil von Ring-Eifels Arbeit. „Das hat damit zu tun, dass Dinge hier auf anderer Ebene behandelt werden als etwa in Berlin“, sagt er. Als politischer Korrespondent kann man sich an Fraktionssprecher, Ministerien, Parteifunktionäre wenden, die ihre Botschaften öffentlich platzieren wollen. „Im Vatikan ist alles auf den Monarchen ausgerichtet.“ 

Und weil der in seinen Aussagen gerne unklar und in seinen Aktionen unberechenbar bleibt, wird das Geschwätz befeuert. So ließ Franziskus das Schicksal von Erzbischof Georg Gänswein monatelang in der Schwebe. „Man kann über ein solches Thema sehr viele Texte schreiben. Allerdings fing es in diesem speziellen Fall auch langsam an zu nerven“, sagt Ring-Eifel.

Wenn man sich in der kirchlichen Tradition, dem Kirchenrecht und mit Organisation und Auftrag des Heiligen Stuhls auskenne, könne man aber immer wieder die richtigen Schlüsse ziehen und Dinge einordnen. Deswegen zählt sich Ring-Eifel zu den Vatikan-Verstehern. Trotz seiner langen Erfahrung und guten Vernetzung bleiben allerdings auch ihm Türen verschlossen. „Ich würde gerne besser verstehen, wie der innerste Kreis um Papst Franziskus funktioniert“, sagt er. Doch der sogenannte „Hof von Santa Marta“ bleibt für ihn ein undurchsichtiges Geflecht von Personen.

„Die Kirche braucht beide Seiten – Reformer und Konservative.“

Nach dem Verstehen ist Ring-Eifels zweite Aufgabe das Erklären des Vatikans. Das werde heute immer schwieriger, weil man wenig Wissen voraussetzen könne, sagt er. Aber: „Es macht große Freude, mit der Faszination Vatikan zu arbeiten.“ Wenn er etwa die bevorstehende Weltsynode erklären soll, versucht er zu vermitteln, dass es hier um eine Art Verfassungsreform der Weltkirche geht: „Das ist dann vielleicht auch etwas, was über die Kirche hinausstrahlt: Wie geht heute Konsensfindung?“

Ein solcher Satz macht klar, dass Ring-Eifel nicht nur teilnahmsloser Beobachter ist. Für die Grünen saß er einst im Stadtrat seiner Heimatstadt Trier. Bei seinen Berichten und Analysen heute spürt man, dass er manche kirchliche Position in Deutschland kritisch sieht. „Ich bin kein Mensch der Extreme“, sagt er.„Die Kirche braucht beide Seiten – Reformer und Konservative.“ 

Ring-Eifel sieht sich auch als eine Art Botschafter zwischen Deutschland und dem Vatikan. In Deutschland will er römische Positionen erklären, in Rom das deutsche Denken. Schließlich herrsche inzwischen eine „dramatische Sprachlosigkeit. Die Gräben sind tiefer, als ich es jemals zuvor beobachtet habe.“

Ulrich Waschki