Ordnungs- und Willkommensdienste in Gemeinden

Der Stammplatz ist nicht garantiert

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Wegen Corona unterliegt der Gottesdienstbesuch Schutzbestimmungen. Für die Umsetzung der Regeln sorgen Ordnungs- oder Willkommensdienste. Beispiele aus Wietmarschen und Bad Laer – und ein Blick in die Geschichte.


Luise Revermann und Ludger Weß sind vor der Kirche in Wietmarschen mit Desinfektionsmittel und Namensliste ausgestattet. Foto: Sebastian Hamel

Einfach unangemeldet die Kirche betreten und nach dem Kreuzzeichen einen beliebigen freien Platz in den Bankreihen ansteuern – vor der Corona-Pandemie der ganz normale Beginn eines Gottesdienstbesuchs. Heute unterliegt der Kirchgang den Schutzbestimmungen gegen die Ausbreitung des Virus: Nachdem man im Frühjahr einige Wochen lang gar keine Gottesdienste feiern durfte, müssen nunmehr die Besucher namentlich erfasst werden; gleichwohl gilt es, die gebotenen Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten.

Damit dies auch umgesetzt wird und um den Gläubigen behilflich zu sein, setzen Gemeinden im ganzen Bistum sogenannte Ordnungs- oder Willkommensdienste ein, bestehend aus haupt- oder ehrenamtlichen Helfern – häufig Mitglieder aus Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat, aber auch aus weiteren Kreisen und Vereinigungen. Von Gemeinde zu Gemeinde werden hierzu unterschiedliche Lösungen gefunden.

In einer aktuellen „Checkliste für öffentliche Gottesdienste in Corona-Zeiten“, die das Bistum Osnabrück im Juli herausgegeben hat, sind die geltenden Regeln zusammengefasst. Darin heißt es ausdrücklich: „Zur Wahrung der Einhaltung insbesondere der Abstandsregelungen sind (weiterhin) Ordnungsdienste hilfreich.“ Ihnen werden verschiedene Aufgaben zugeschrieben: So sollen sie etwa darauf achten, dass vor dem Gottesdienstraum keine Ansammlungen entstehen und dass – auch während der Feier – nicht mehr Personen die Kirche betreten als zulässig. 

Weiterhin kontrollieren sie, ob die vorgeschriebenen Kontaktdaten abgegeben wurden, oder notieren diese gegebenenfalls. Weiterhin sollen sie im Blick behalten, dass sich im Kirchraum – auch beim Kommuniongang – alle an die Abstands- und Hygieneregeln der jeweils gültigen Landesverordnungen halten. Sie können zudem Plätze anweisen und sollen am Ende auch auf ein geordnetes Verlassen der Kirche achten.

Die Gemeinde nicht im Stich lassen

In der Gemeinde St. Johannes Apostel in Wietmarschen etwa hat sich eine Gruppe von rund 20 Frauen und Männern bereiterklärt, die Dienste zu übernehmen. Zu den Helfern zählen Luise Revermann und Ludger Weß. Beide sind froh, dass bislang keine unschönen Situationen eingetreten sind. Zuvor habe man sich schon Gedanken gemacht, berichtet Ludger Weß: Wie reagieren die Leute wohl? Sind sie verständnisvoll oder diskutieren sie? Auch der mögliche Fall, jemanden an der Tür abweisen zu müssen, bereitete Unbehagen: „Die Kirche ist doch eigentlich offen für jedermann.“

Luise Revermann hat inzwischen die Erfahrung gemacht, dass die Gottesdienstbesucher sehr aufmerksam sind: „Einige fragen schon von selbst: Wo ist das Desinfektionsmittel?“ Auch sei es schon vorgekommen, dass die Gläubigen sich gegenseitig auf die Regeln hinweisen. „Hier darfst du nicht sitzen, bitte eine Bank zurück“, habe etwa ein Gespräch gelautet. Dass die Willkommensdienste auch manch positiven Nebeneffekt mit sich bringen, weiß Ludger Weß zu berichten: „Man lernt die Menschen kennen“, sagt er: „Dann möchten sie zum Beispiel gerade ihren Namen sagen und ich kann entgegnen: Ist schon abgehakt.“


Die jungen Helfer in Bad Laer gehören zur Katholischen Landjugendbewegung.
Foto: Lukas Heinrich Pöhlking

Einige Gemeinden können auch auf die Unterstützung durch junge Leute bauen: In Bad Laer zum Beispiel hat die Katholische Landjugendbewegung (KLJB) den Ordnungsdienst im Kirchraum übernommen. Pfarrer Maik Stenzel hatte angefragt, ob die Mitglieder Zeit und Interesse hätten – und die Resonanz fiel positiv aus: „Wir waren uns direkt einig, dass wir die Gemeinde nicht im Stich lassen“, sagt Lukas Heinrich Pöhlking, zweiter Vorsitzender der KLJB Bad Laer. Meist zwei bis drei Helfer pro Messe sorgen dafür, dass die Besucher ihre Plätze finden, die ihnen vorab während der Anmeldung im Pfarrbüro per Computer zugeteilt wurden. „Manchmal sind die Leute etwas irritiert, weil sie eigentlich zu ihrem ,Stammplatz‘ wollen“, meint Pöhlking. Grundsätzlich funktioniere der Dienst aber reibungslos.

Im Vorfeld waren die KLJB-Mitglieder durch Pfarrer und Kirchenvorstand auf ihre Aufgaben vorbereitet worden. Dabei wurde auch die Entscheidung getroffen, dass die Jugendlichen nur innerhalb der Kirche zum Einsatz kommen, während der Kirchenvorstand die Begrüßung an der Tür übernimmt. „Wir sehen uns nämlich nicht in der Position, möglicherweise Menschen abzuweisen“, so Pöhlking. 

Willkommensdienste gab es schon früh

Ein Ordnungs- oder Willkommensdienst für Gottesdienste ist allerdings keine Corona-Erfindung: Schon in der frühen Kirche, wenige Jahrhunderte nach Christus, gab es den sogenannten „Ostarier“, der als Türhüter fungierte und die Gläubigen willkommen hieß, aber auch Küsterdienste übernahm. Und auch beim Blick auf andere Länder finden sich vergleichbare Modelle: Pastor Thomas Stühlmeyer aus der Pfarrei St. Johann in Osnabrück erinnert sich an seinen USA-Aufenthalt im Jahr 2008, als er fünf Wochen lang in einer Pfarrei in Chicago lebte. Sogenannte „Greeters“ hätten dort die Menschen an der Eingangstür in Empfang genommen und – damals noch ohne Abstandsregeln – mit Handschlag oder auch Umarmungen begrüßt. 

Innerhalb der Kirche wiederum seien die Helfer eines weiteren Dienstes, die „Usher“, dafür zuständig gewesen, die Gläubigen an die Plätze zu begleiten, kranken und älteren Menschen zu helfen oder die Kollekte einzusammeln. Besonders ist ihm eine junge Frau mit einer leichten geistigen Behinderung im Gedächtnis geblieben, die den „Greeters“-Job mit großer Leidenschaft ausführte: „Sie strahlte solch eine Herzlichkeit aus, dass man direkt gut drauf war“, sagt Pastor Stühlmeyer. Ein „Licht im Eingangsbereich“ – sicherlich auch abseits von Corona eine wohltuende Bereicherung. 

Sebastian Hamel