Streit um geplante Schulschließungen ist nun auch in der Politik angekommen.
Der Streit schwelt weiter
Spätestens nachdem das Erzbistum Hamburg seine Teilnahme an der Sitzung des Schulausschusses der Hamburger Bürgerschaft kurzfristig abgesagt hat, ist der Streit um geplante Schulschließungen auch in der Politik angekommen.
Es sei in mehreren Gesprächen nicht gelungen, „die Bedingungen für eine Teilnahme“ zu klären, sagte Bistumssprecher Manfred Nielen als Grund für die Absage. „Wir bedauern das. Zugleich betonen wir unsere Bereitschaft, dem Ausschuss Rede und Antwort zu stehen.“ Erzbischof Stefan Heße werde seinerseits den Schulausschuss ins Bischofshaus einladen. Zu einem anderen Zeitpunkt werde eine Einladung an die Initiative zur Gründung einer Schulgenossenschaft gehen.
Das Erzbistum hatte zudem „Befremden“ über Äußerungen aus den Fraktionen von SPD und Grünen geäußert, in denen die Kirche „ermahnt“ worden sei, „ernsthaft“ Gespräche mit der Genossenschaftsinitiative nach „vernünftigen“ Lösungen zu suchen. Dazu habe man eine Erklärung erbeten, um „den Eindruck der politischen Vorfestlegung und der Verletzung des Selbstbestimmungsrechts der Kirche auszuräumen“. Auch das sei nicht erfolgt. In der Ausschusssitzung am 15. Februar sollte es um die vom Erzbistum angekündigte Schließung von acht katholischen Schulen in Hamburg gehen. Die rot-grünen Regierungsfraktionen bekundeten Bedauern über die Absage.
Die in Gründung befindliche Schulgenossenschaft hat im Schulausschuss ihr Konzept vorgestellt, mit dem sie die von Schließung bedrohten Schulen weiterführen möchte. „Wir trauen uns zu, die Schulen im laufenden Betrieb fortzuführen“, sagte die Professorin für Betriebswirtschaftslehre, Claudia Leimkühler, die zu den Initiatoren zählt. Leimkühler war von 2002 bis 2008 Finanzdirektorin des Erzbistums Hamburg. Ihren Worten zufolge will die Initiative die Kapazitäten der 21 Schulen besser ausnutzen und dadurch mehr Schulgeld und mehr staatliche Finanzhilfe einnehmen. 2016 seien die Schulen von 9 139 Schülern besucht worden, obwohl bis zu 9 500 Schüler beschult werden könnten. Zugleich kalkuliert die Genossenschaft eine Miete von Schulgebäuden etwa durch Investoren ein. In die Kalkulation ist nach Angaben Leimkühlers aber der Investitionsstau an den Schulgebäuden noch nicht eingerechnet: „Den können wir noch nicht abschätzen.“ Der ebenfalls zu den Mitgliedern der Genossenschaft zählende Präsident des Hamburger Finanzgerichts, Christoph Schoenfeld, kündigte an, die Genossenschaft wolle zudem nicht alle Pensionslasten der katholischen Schulen übernehmen. „Wir können nicht das ganze Bistum sanieren.“
Einen Tag vor der Ausschusssitzung waren Vertreter der Initiativen zur Rettung der katholischen Schulen vom Apostolischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, empfangen worden. Das rund einstündige Treffen in Berlin sei kurzfristig zustande gekommen, teilte der Sprecher der Gesamtelternvertretung der katholischen Schulen in Hamburg, Henrik Lesaar, mit. Der Papstbotschafter habe großes Interesse an den aktuellen Ansätzen zur Rettung der Schulen gezeigt, erklärte Lesaar.
War das Bistum schon bei Gründung verschuldet?
Finanzielle Unterstützung für das wirtschaftlich angeschlagene Erzbistum haben am vergangenen Montag vier Hamburger Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte gefordert. Die Gründung des Erzbistums im Jahr 1995 sei unter Außerachtlassung grundlegender Sorgfaltspflichten erfolgt, schreiben Holger Landahl und Dr. Klaus Herder, Markus Griese und Markus Kehrbaum in einem offenen Brief an den Konferenz-Vorsitzenden Kardinal Reinhard Marx.
Daher trügen andere deutsche Diözesen eine Mitverantwortung für die aktuelle Krise, insbesondere Hamburgs Vorgänger-Diözesen, das Bistum Osnabrück und das Bistum Hildesheim. Es sei davon auszugehen, dass das Erzbistum bereits bei seiner Gründung 1995 unterfinanziert oder bereits überschuldet gewesen war, so die Verfasser, die sich selbst als engagierte und gläubige Katholiken bezeichnen. (kna)