Anstoß 26/21
Der Weggefährte
Wieder einmal abgehetzt platzte ich in die Besprechung. Mist, dieser peinliche Moment der Unpünktlichkeit. Ohnehin schwitzend verstärkte sich die Röte im Gesicht. Mit einer knapp gemurmelten Entschuldigung stolperte ich zum Platz.
Da nahm ich ein aufmunterndes Lächeln wahr. Der volle Bart und die lustig zwinkernden Augen strahlten eine Gemütsruhe aus. Meine erste Begegnung mit Frido. „Ist alles nicht so schlimm.“ Der hemdsärmelige, korpulente Mann Gottes, ein Jesuit, diskutierte kernig, blieb gelassen heiter, wirkte bodenständig. Wie jemand, mit dem man gern in der Kneipe über Gott und die Welt redet. Frido Pflüger war ein exzellenter Zuhörer. In seiner Nähe schien es leichter, mit schweren Themen klar zu kommen. Er liebte die Geselligkeit und brachte unterschiedliche Menschen zusammen an den gedeckten Tisch. Jede Unterhaltung ein kleines Fest. Wir lernten uns 2012 kennen, als er die Leitung des deutschen Jesuitenflüchtlingsdienstes übernahm. Bald verband uns die Leidenschaft, neue Projekte für und mit Geflüchteten zu gründen und sie im Gottvertrauen umzusetzen. Geld würde schon kommen, irgendwie. Wir haben eine Sprachschule für schutzbedürftige geflüchtete Frauen aufgebaut. Es gründete sich die „AG Flucht im Erzbistum Berlin“. Schule war sein Leben. In einem der größten Flüchtlingslagern Afrikas wie auch in Deutschland (zum Beispiel St. Benno-Gymnasium Dresden) war Frido lange Jahre als Schulleiter tätig. Um Kindern, Jugendlichen eine ganzheitliche Bildung zu ermöglichen. Auch Berufsförderung, Friedenserziehung und Herzensbildung! Das schaffe Zukunft, für uns alle!
Vom Wort Gottes hatte Frido Pflüger das Gleichnis vom barmherzigen Samariter gepackt. Ich verstand seine politische Motivation, dass für diesen Einen im Elend konkrete Hilfe den Unterschied macht. Fridos Stimme wurde in Kirche und Senat gehört. Seine Expertise war in der Berliner Flüchtlingsfrage gefragt. Ein Teil seines großen bayerischen Herzens schlug immer für Afrika. Fast 70-jährig kehrte Frido 2018 nach Uganda zurück, in eines der ärmsten Länder der Welt. Uganda steht zu seiner Politik der offenen Türen. „Wir können nicht sagen: ,Sorry, geh und stirb!‘, wie es derzeit im Mittelmeer mit den ertrinkenden Migranten passiert. Das ist nicht akzeptabel“, stellte der Staatsminister für Geflüchtete 2017 klar.