Aktionswoche: Laien predigen in der Eucharistiefeier
Dialogpredigt mit dem Bischof
An diesem Sonntag beginnt eine Aktionswoche, in der an vielen Orten Laien in der Eucharistiefeier predigen. Den Auftakt machen Inge Zumsande und Bischof Franz-Josef Bode im Dom. Die Pastoralreferentin über die Idee, über Aufgeregtheit und was eine weibliche Perpektive verändern kann.
„Gottes Wort verkünden“ – unter diesem Leitwort steht die Predigtwoche vom 11. bis 18. September. 2020 hatte sie zum ersten Mal stattgefunden, damals hieß sie „Frauen verkünden das Wort“. Schon 2021 waren dann auch ehren- und hauptamtlich tätige Männer dazu eingeladen, in der Eucharistiefeier ein Glaubenszeugnis zu geben, obwohl offiziell die Laienpredigt an dieser Stelle nicht vorgesehen ist. Aber so solle „die sicht- und hörbare Präsenz von Frauen und Männern mit ihren Charismen in Liturgie und Verkündigung“ noch weiter gestärkt werden, heißt es zur Begründung der Verantwortlichen. Die Pastoralreferentin Inge Zumsande wird am 11. September in der Abendmesse im Dom zusammen mit Bischof Franz-Josef Bode eine Dialogpredigt halten. Sie hat dem Kirchenboten im Vorfeld ein Interview gegeben.
Was ist die Besonderheit einer Dialogpredigt?
Dabei sind zwei Leute beteiligt, die jeweils ihre eigene Perspektive auf den biblischen Text erzählen bzw. darüber ins Gespräch kommen. Der Gewinn einer Dialogpredigt besteht darin, dass man dadurch als Zuhörer mindestens einen doppelten Blickwinkel bekommt und es vielleicht auch lebendiger ist, als wenn nur eine Person alleine spricht. Eine Dialogpredigt hat mehr den Charakter eines Gesprächs.
Haben Sie mit dem Bischof schon zusammengesessen und überlegt, wie Sie vorgehen?
Das muss natürlich gemeinsam vorbereitet werden, damit man die Fülle der Möglichkeiten ausnutzen kann. Allerdings gibt der Terminkalender eines Bischofs da nicht so viel Freiraum her – und meiner auch nicht (lacht). Wir haben uns einmal getroffen und die Basis geklärt, jetzt sind wir per E-Mail im Kontakt, um unsere Aussagen aufeinander abzustimmen. Es soll ja alles gut zusammenpassen. Dabei ist es reizvoll, unsere unterschiedlichen Hintergründe einzubringen: hier die Perspektive eines gestandenen Bischofs, da die Sicht einer Pastoralreferentin mit vollem Familienleben im Hintergrund. Wir hoffen darauf, dass wir den Text den Leuten entsprechend unterschiedlich nahebringen können.
Um welche Texte wird es gehen?
Der zentrale Text, mit dem wir uns beschäftigen, dreht sich um das Gleichnis vom barmherzigen Vater. Daneben gibt es an dem Sonntag natürlich weitere Lesungstexte.
Wie gehen Sie an den Inhalt heran?
Ich meditiere den Text selbst erst einmal und sehe, wo ich andocke. Wir haben uns entschieden, die beiden Söhne und ihre Vaterbeziehung besonders zu betrachten. Der Bischof wird es mehr in einen größeren Kontext einordnen und den Bogen zur Exodus-Lesung spannen, ich werde mehr auf die Dramatik der Beziehungen schauen und darauf, was es für eine Familie bedeuten kann, wenn sich ein Kind so verhält wie der Sohn, der sich sein Erbe auszahlen lässt. Mehr will ich aber jetzt nicht verraten.
Werden Sie einfach nacheinander reden oder stellen Sie sich gegenseitig Fragen?
Es wird kein Interview, obwohl das sicherlich auch mal spannend wäre. Es wird vier unterschiedliche Teile geben, die aufeinander aufbauen.
Predigen Sie an anderer Stelle auch öfter?
Ich habe tatsächlich noch nicht oft in Eucharistiefeiern gepredigt – es ist ja schlichtweg nicht erlaubt. Ich bin aber jetzt auch schon lange aus der Gemeindearbeit heraus, wo sich in den letzten Jahren ja viele Formen der Wortverkündigung weiterentwickelt haben. Grundsätzlich gilt: Ich spreche gerne über meinen Glauben und über Bibeltexte. Und dann fehlt es mir auch sehr, dass regelmäßig eine weibliche Perspektive in Eucharistiefeiern gegeben wird. Es besteht einfach zu selten die Möglichkeit, dass Frauen das tun. Ich habe freiwillig einen Predigtkurs besucht, Pflicht war das nicht. Und in meiner Ausbildung wurde auch kein Wert darauf gelegt, dass wir das lernen. Heutzutage sieht das anders aus, da hat sich was verschoben, hat ein Umdenken eingesetzt. Das Wort zu verkündigen, ist aus meiner Sicht eine wichtige Aufgabe für Laienmitarbeiter – auch in der Eucharistiefeier.
Was ist an einer Predigt eine weibliche Perspektive?
In dem Text ist nur vom Vater und den beiden Söhnen die Rede. Ich frage mich schon, was eigentlich mit der Mutter ist. Ich werde das in der Predigt nicht besonders groß machen, aber als Frau denke ich das natürlich mit. Priester haben aus ihrer Lebensweise heraus einen eigenen Fokus auf biblische Texte. Der ist oft sehr inspirierend, aber wenn ich als Mutter oder Vater gerade auf diesen Text gucke, kann ich eine ganz andere Dramatik darin lesen als jemand, der zölibatär lebt. An anderen Stellen fehlt mir oft die Weiblichkeit. Dann kommen Frauen nur am Rande vor, werden in altertümlichen Bildern dargestellt oder erst gar nicht mitbedacht. Frauen fällt es oft auch leichter, über Gefühle zu sprechen – auch das fehlt mir oft in Predigten. Das finde ich schade und macht mich traurig.
Wie aufgeregt sind Sie vor dem Termin?
Das hält sich tatsächlich in Grenzen. Eine Predigt ist eine gut vorbereitbare Situation. Natürlich bin ich etwas aufgeregt, wie immer bei neuen Sachen. Das ist auch in Ordnung. Aber hier muss ich ja nicht spontan reagieren. Ich freue mich vielmehr darauf, dass ich das Wort verkündigen darf. Das ist mir viel wichtiger.
Wie schätzen Sie die Predigtaktion ein?
Ich finde, das ist eine gute Initiative, eine gute Aktion. An vielen Orten stehen gleichzeitig Frauen und Männer am Ambo, stellen ihre Sicht auf das Evangelium vor und bilden auf diese Weise eine Vielfalt ab. Davon ein Teil zu sein, macht mir Freude. Ich finde es erstrebenswert, dass es diese Aktion eines Tages gar nicht mehr gibt, sondern dass die Predigt durch Laien selbstverständlich ist.
Sie sind hauptberuflich für die Kirche tätig, an vielen Orten werden auch Ehrenamtliche predigen. Über seinen Glauben reden – das sollte doch jedem gelingen, oder?
Es gibt den schönen Satz aus dem ersten Petrusbrief: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ Das ist ein Auftrag für alle. Gleichzeitig muss, kann und will nicht jede Christin und jeder Christ predigen – es braucht dazu auch ein Charisma und Ausbildung. Aber es könnten so viel mehr Menschen tun, als es aktuell dürfen. Es wäre so bereichernd, wenn eine vielfältige Sicht auf biblische Texte aus unterschiedlichen Perspektiven möglich wäre – und nicht nur als Ausnahme. Wenn wir viele Menschen erreichen wollen, müssen wir sie auch in einer Vielfalt ansprechen.
Hätten Sie vor zehn Jahren gedacht, dass es diese Aktion 2022 schon zum dritten Mal geben würde?
Vor zehn Jahren hat mich diese Frage weniger beschäftigt. Geärgert hat mich die Männerdominanz unserer Kirche zwar immer, aber initiativ in der Frauenfrage waren zu der Zeit andere. Wir könnten tatsächlich schon weiter sein. Warum muss die Kirche erst in solche Nöte wie heute geraten, damit sich was tut? Andererseits ist die Predigtaktion auch nur ein kleiner Schritt. Die Änderungen, die es braucht, damit wir glaubwürdiger werden, sind einfach größer.
Sie haben gesagt, eines Tages müsste die Aktion überflüssig sein. Was ist dafür nötig?
Der Synodale Weg muss liefern. Kleine Schritte reichen nicht mehr, ein Wandel bis nach oben ist nötig, damit die Diskriminierung von Frauen in der Kirche ein Ende hat. Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist schließlich ein Menschenrecht. Die theologischen Argumente, mit denen ein Ausschluss von Frauen aus den Ämtern in der Kirche begründet werden, überzeugen einfach nicht mehr. Und somit ist diese Dialogpredigt im Dom nur ein Schritt auf einem langen Weg in eine gute Zukunft.
Interview: Matthias Petersen
Die Messe im Dom beginnt am Sonntag, 11. September, 19 Uhr.