Palmsonntagsfeiern in Jerusalem
Die bunte Vielfalt der Kirche
Christen aus aller Welt und verschiedener Konfessionen haben an den Palmsonntagsfeiern in Jerusalem teilgenommen.
Vom Ölberg aus - eigentlich einer der besten Aussichtspunkte - ließ sich die Jerusalemer Altstadt an diesem Palmsonntag eher erahnen. Teils heftiger Wind brachte reichlichen Wüstensand mit sich, der die Aussichten trübte. Der Stimmung der Tausenden, die sich der traditionellen Palmsonntagsprozession von Betfage bis zur Annakirche in der Jerusalemer Altstadt angeschlossen hatten, tat das ungewöhnliche Wetter jedoch keinen Abbruch. Tanzend, singend und Fahnen schwingend gaben sie ihrem Glauben zum Auftakt der Karwoche Ausdruck.
Ob polnische Katholiken mit traditionellen Trachten, arabische Pfadfinder in bunten Uniformen, lateinamerikanische Jugendgruppen, die heiße Rhythmen intonierten, oder Mitglieder der philippinischen Migrantenpfarrei: Die katholische Kirche ist bunt - und die Feierlichkeiten in Jerusalem lieferten einen Beleg dafür. "Man muss nicht immer nach Rom fahren, um die internationale Kirche zu erleben", fasste einer der deutschen Besucher, Pfarrer Hubert Schütte aus Fürstenau, zusammen.
Die katholische Palmprozession ist der Höhepunkt der Pilgerreise, findet auch Fürstenaus protestantische Bürgermeisterin Manuela Nestroy. Zusammen mit einer Pilgergruppe sind Schütte und Nestroy nach Jerusalem gekommen, um unter dem Motto "Palmsonntag in Jerusalem" das Lutherjahr weiterzuführen. "Gemeinsam auf diesen alten Pfaden zu wandeln", so Nestroy, "ist sehr bewegend, unabhängig von der Konfession".
Insgesamt 30.000 Teilnehmer erwartete die reichlich am Zugweg präsente Polizei. Gut besucht sei die Prozession und mit mehr internationalen Pilger als in früheren Jahren, lautete das Fazit der einheimischen Teilnehmer. Am Ende schwangen alle zum Rhythmus des aus den Lautsprechern dröhnenden arabischen Sakro-Pop die Palmwedel.
Jubel brach aus, als Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, der Leiter des Lateinischen Patriarchats, die Gläubigen im Hof der Annakirche auf Arabisch begrüßte. Mehr als 50 Busse mit Christen aus dem Westjordanland hatten den Weg nach Jerusalem gefunden, angesichts der eingeschränkten Bewegungsfreiheit für Palästinenser keine Selbstverständlichkeit. Den Frieden in der Stadt Jerusalem besang eine der Pfarreigruppen auf ihrem Weg über den Ölberg. Die mitgeführte palästinensische Fahne wurde von der israelischen Polizei beschlagnahmt. Weitere Zwischenfälle am Wegrand gab es keine.
"Mit unserer Pfarrei an Palmsonntag nach Jerusalem zu kommen, ist extrem wichtig", so Johnny Khalil, Pfarrer des Christendorfes Taybeh im Herzen der Westbank. Zum einen, so der gebürtige Jerusalemer, müssten die Christen als die "lebendigen Steine des Heiligen Landes" im Kontakt bleiben mit ihren heiligen Stätten. Zum anderen seie es wichtig, der ganzen Welt zu zeigen: "Wir sind noch immer hier. Und auch wenn wir wenige in der Zahl sind, sind wir aktiv!"
"Uns jungen Palästinensern fehlt es an Frieden", beklagte eine junge palästinensische Christin bei der abschließenden Feier in einem berührenden Plädoyer für eine bessere Welt das Schicksal ihrer Altersgenossen. Liebe und Frieden sende die palästinensische Jugend an die Welt, so wie auch "Bethlehem ein Geschenk an die ganze Welt" gewesen sei.
Erzbischof Pizzaballa rief die Menschen im Heiligen Land zu Mut, Einheit, Solidarität und dem Glauben an Frieden auf. "Die Erfahrung von heute ist die Erfahrung, die unsere Kirche jeden Tag lebt in diesem, unserem gesegneten und zerrissenen Land: Wir haben heute eine Liebe für Jesus erlebt, die zu Freude, Harmonie, Leidenschaft und Stolz auf unsere gemeinsame christliche Zugehörigkeit wird." In der Prozession auf den Spuren Jesu nach Jerusalem kam diese Einheit in bunter Vielfalt zum Ausdruck.
kna