Die Ermöglicherin

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Petra Harms vom Don Bosco-Haus in Mölln ist mit der Verdienstmedaille der Bundesrepublik ausgezeichnet worden. Ministerpräsident Günther überreichte den vom Bundespräsidenten verliehenen Orden am Dienstag in Kiel.

Ministerpräsident Daniel Günther überreicht die Verdienstmedaille der Bundesrepublik an Petra Harms vom Don Bosco-Haus in Mölln
Ministerpräsident Daniel Günther überreicht den Orden an Petra Harms.  Foto: Frank Peter/Landtag SH

Wer versucht, mit Petra Harms kurzfristig einen Termin auszumachen, der scheitert oft daran, dass andere schneller waren, so auch Ende vergangener Woche: Der Freitag ist längst mit Terminen vollgestopft. Der Samstag steht von morgens bis abends ganz im Zeichen einer Veranstaltung zum Bundesteilhabegesetz. Am Sonntag ist der Erzbischof auf Besuch in der Pfarrei und dass sie am Montagmorgen schon Termine hat, versteht sich ja wohl von selbst. 

Das Besondere ist, dass Petra Harms trotzdem versucht, noch etwas möglich zu machen. Stets ist die 58-Jährige den Menschen zugewandt; sie ist voller Energie und Tatendrang und immer mit mindestens einer Spur Fröhlichkeit unterwegs. Dinge zu ermöglichen, das ist wohl ihre Berufung. 

Seit 15 Jahren ist die gebürtige Thuinerin Vorsitzende des Trägervereins des Don Bosco-Hauses in Mölln, in dem 163 schwerstbehinderte Menschen ihr Zuhause haben. Außerdem ist sie geschäftsführende Gesellschafterin der benachbarten Pflegeeinrichtung Birgittenhof, die in Kürze mit dem Don Bosco-Haus fusioniert werden soll.

Im Don Bosco-Haus, das in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert, setzt sie sich „unermüdlich dafür ein, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen trotz schwerster Einschränkungen ein humanes und an Teilhabe ausgerichtetes Leben zu ermöglichen.“ So steht es in der Begründung zur hohen Auszeichnung, die Petra Harms nun zuteil wurde: Bundespräsident Frank-­Walter Steinmeier hat ihr die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Ministerpräsident Daniel Günther überreichte sie ihr am Dienstagabend in Kiel.

Harms sei es gelungen, das ehemals vor der Insolvenz stehende Don Bosco-Haus auf eine finanziell solide Grundlage zu stellen und 240 Menschen für die Mitgliedschaft im Trägerverein zu gewinnen. Darüber hinaus mache sie sich zugunsten der Bewohner für Leistungen stark, die nicht durch den normalen Pflegesatz abgedeckt werden. „Es ist insbesondere ihr Verdienst, dass im Don Bosco-Haus Liebe, Zuversicht, Verantwortung und Respekt gegenüber Menschen mit Behinderung gelebte Realität ist“, heißt es in der Laudatio.

Zu Petra Harms’ Wesen gehört auch, dass sie sich solchen Lorbeer nicht allein ans Revers heften lässt. In einem langen Brief an die 280 Mitarbeiter des Don Bosco-Hauses schreibt sie davon, dass die Ehrung allen gebühre, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Gemeinschaft für das Wesen des Don Bosco-Hauses und auch des Birgittenhofs stünden. Dies gelte insbesondere auch für ihren Mann, Diakon Harry Harms, den Leiter des Don Bosco-Hauses. „Ohne den außerordentlich hohen Einsatz meines Mannes wäre die Modernisierung und der Ausbau des Don Bosco-Hauses so nicht möglich gewesen. Und deswegen bin ich einfach total stolz und finde es auch absolut großartig, diesen Orden für uns alle in Empfang zu nehmen“, schrieb Petra Harms.

Sagt ihnen, dass sie keine Angst haben müssen!

Es ist das Schicksal ihres eigenen Bruders, das sie antreibt. Ansgar kam mit Trisomie 21 zur Welt. „Er war immer bei uns. Ans­gar hat uns alle sehr geprägt, als Familie, die engen Freunde“, so erzählte Petra Harms vor einigen Jahren. Die Eltern rieten den Kindern, offensiv für ihren Bruder einzustehen, wenn die Leute gafften: „Geht auf sie zu, fragt, ob sie Ansgar kennenlernen wollen. Sagt ihnen, dass sie keine Angst haben müssen!“

Das Überwinden von Barrieren, die Menschen von der gesellschaftlichen Teilhabe ausschließen, das ist Petra Harms’ tägliche Herausforderung. Sie begegnet dieser Aufgabe mit einem Lächeln und tiefer religiöser Überzeugung. In ihrem Brief an die Mitarbeiter heißt es: „Unsere Paten Giovanni Don Bosco und die heilige Birgitta sind uns auch heute noch ein leuchtendes Vorbild in ihren vor langer Zeit gelebten Haltungen, sich für alle Menschen zu öffnen und sie anzunehmen wie Brüder und Schwestern.“

Text: Marco Heinen