Hohe Energiekosten

Die Lage ist angespannt

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Hohe Energiekosten, steigende Mieten, teure Lebensmittel: Immer mehr Menschen haben finanzielle Probleme. Das spüren auch die Beratungsstellen der Caritas im Bistum Osnabrück – wie im Emsland und in Ostfriesland.


Schon wieder eine Rechnung: Die hohen Kosten für Energie und Lebenshaltung stellen zunehmend mehr Menschen vor Probleme. Foto: imago images/Shotshop

„Die Gesamtlage ist gerade sehr angespannt“, sagt Stefanie Holle.  Mit dieser Einschätzung ist sich die Geschäftsführerin der Caritas in Ostfriesland einig mit ihren Caritas-Kolleginnen Maria Schürmann von der Allgemeinen Sozialen Beratung in Sögel und Mareike Wübbel vom Freiwilligenengagement und Sozialpastoral in Osnabrück. Fast überall sitzen Klienten in den Caritas-Büros, die nicht mehr wissen, wie sie ihre Rechnungen zahlen sollen, die Angst vor der Zukunft und um ihre Existenz haben. 

Und das gilt zunehmend auch für Menschen, die bisher finanziell noch über die Runden kamen. „Aber jetzt nicht mehr“, sagt Schürmann. „Jetzt sind auch Teile des Mittelstandes betroffen.“ Weil Gas und Strom mehr kosten, weil viele Lebensmittel deutlich teurer sind, weil es eben nicht in allen Branchen genug Stellen für Arbeitssuchende gibt. Laut Stefanie Holle haben sich zum Beispiel in Ostfriesland die Zahlen in der Allgemeinen Sozialen Beratung in den vergangenen vier Jahren verdoppelt und auch die Kundenströme in den sozialen Kaufhäusern sind drastisch gestiegen. „Dorthin kommen jetzt viele, die früher nicht darauf angewiesen waren. Jetzt aber schon.“ Die Caritas-Geschäftsführerin geht davon aus, dass die Nachfrage nach Hilfe im Frühjahr eher noch zunehmen wird. „Die hohe Zahl der Klienten wird uns bleiben.“

Und wie kann die Caritas dann helfen? Nach Worten von Maria Schürmann kann der Verband in besonderen Härtefällen auch schnell mit Geld oder Lebensmittelgutscheinen reagieren (siehe auch „Zur Sache“). Aber mehr noch geht es um Hilfe zur Selbsthilfe: zum Beispiel um Beistand bei Anträgen und Formularen oder um Tipps zur Senkung fixer Kosten. Aber natürlich wissen die Caritas-Beraterinnen auch, dass solche Vorschläge nicht immer einfach umzusetzen sind. „Wenn sowieso wenig Geld da ist, ist es schwierig, noch mehr einzusparen.“ Zugleich hören sie, dass manche der Klientinnen und Klienten auch froh sind, dass sie ihre Sorgen einfach mal abladen und darüber reden können. 

Blick für den gesamten Sozialraum schärfen

Was die drei Caritas-Frauen nach drei Jahren Corona-Krise zusätzlich beobachten, sind „dramatische Entwicklungen“ bei psychischen Erkrankungen. „Depressionen, Ängste, Einsamkeit – das nimmt alles zu“, sagt Holle, begleitet vom Nicken ihrer Kolleginnen. „Das kommt jetzt geballt“, findet Maria Schürmann. „Die Leute haben nicht mehr nur ein Problem, sondern bringen ein ganzes Paket mit.“ So vieles hat sich durch die Pandemie, den Ukraine-Krieg und seine Konsequenzen verändert: „Vieles, was sicher und gewohnt war, ist nicht mehr so. Das macht was mit unserer Psyche. Man kann auf bestimmte Dinge nicht mehr so bauen wie früher.“

Wie können Kirchen in dieser Situation gezielt reagieren? Laut Schürmann, Holle und Wübbel machen das viele Gemeinden und kirchliche Verbände schon. Mit Hilfsaktionen für Bedürftige und Geflüchtete, mit Kollekten, mit Treffpunkten, mit Kursen zum günstigen Kochen. Mareike Wübbel berichtet vom Arbeitskreis Sozialpastoral in der Stadt Osnabrück, in der Vertreter der Caritas und der Kirchengemeinden Augen und Ohren für diese Themen haben. Solche Runden gibt es auch in anderen Regionen.

Dass gerade die Teams in den Kirchengemeinden einbezogen werden, findet Stefanie Holle richtig und wichtig. „Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort kommen in die Häuser und sehen die Nöte der Menschen.“ Sie regt an, den Blick für den gesamten Sozialraum, nicht nur bei den Katholiken in Dorf und Stadt, noch mehr zu schärfen. Und noch offensiver auf die Hilfsangebote hinzuweisen. Wie zum Beispiel bei Fahrten und Freizeiten. „Die Kosten dafür kann sich nicht jede Familie aus dem Ärmel schütteln. Aber man muss Möglichkeiten schaffen, dass Leute sich unkompliziert melden können, wenn sie es nicht zahlen können. Jede Kirchengemeinde hat genügend Geld, damit alle Kinder und Jugendlichen aus der Gemeinde mitfahren könnten.“ 

Auch auf einem anderen Feld könnten Kirchengemeinden vielleicht noch aktiver werden. „Es gibt eine große Sehnsucht nach Begegnung und Gemeinschaft“, findet Schürmann. „Da ist viel verloren gegangen in Corona.“ Sie sieht große Chancen für Kirchengemeinden, in diesem Sinne Veranstaltungen und Treffen anzubieten: kleine Konzerte in der Kirche, eine literarische Lesung mit einem Glas Wein, eine Ausstellung, ein Vortrag. „Wo man zusammenkommt, sich sieht und miteinander spricht – was aber nicht so teuer ist. Die Leute haben nicht mehr so viel Geld.“

Auch Stefanie Holle macht sich dafür stark, dass Gemeinden ihre Ressourcen unkompliziert zur Verfügung stellen. „Es gibt immer mehr Gruppen, die gar nicht wissen, wo sie sich treffen sollen. Warum dann nicht im Pfarrheim? Was kann die Kirche besseres tun, als Menschen ein Zuhause zu bieten?“

Petra Diek-Münchow

 

Zur Sache

Menschen in Bremen, die von den massiven Preissteigerungen durch die Energiekrise besonders betroffen sind, können sich in den Beratungsstellen der Caritas Bremen melden. Ziel ist eine schnelle und unkomplizierte Hilfe.

Die Sozialberaterinnen und -berater der Caritas Bremen prüfen, ob Ansprüche auf Zahlungen durch Härtefallfonds oder Sozialleistungen bestehen und unterstützen bei der Antragstellung. Liegt kein Anspruch vor, stehen Gelder aus Kirchensteuermitteln für eine finanzielle Einzelfallhilfe für Familien oder Einzelpersonen zur Verfügung.

„Die Verantwortlichen des Bistums Osnabrück rechnen durch die Auszahlung der Energiepreispauschale mit Kirchensteuermehreinnahmen in Höhe von 1,2 Millionen Euro“, so der Bremer Caritasdirektor Martin Böckmann. „Ziel ist, dass das Geld die Menschen erreicht, die darauf angewiesen sind. Wir rechnen in Bremen durch die bereits vor der Energiekrise besonders hohe Armutsquote mit einer besonderen Nachfrage.“

Diese Hilfe können auch die Beratungsstellen in den Regionen Osnabrück, Grafschaft Bentheim, Emsland, Ostfriesland und Diepholz/Nienburg leisten. Die individuelle Prüfung eines Falls ist unerlässlich, auch wenn das die Beratungsdienste stark fordert. Schnelle Hilfe leistet die Caritas Bremen auch durch die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen, finanziert durch Spenden an den Caritas-Stiftungsfonds AHoi.

Die Kontaktadressen zu den jeweiligen Beratungsstellen